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Der katholische Intellektuelle nach Auschwitz

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Wie versuchte Bernhart auf dem Hintergrund seiner Erfahrungen und dem seiner theologischen Erkenntnisse die in Nationalsozialismus und Krieg angehäufte Schuld der Menschen, vor allem der Deutschen, zu erklären? Bereits 1944 konzipierte er dazu drei Reden: „Geschichtstheologischer Vortrag“, „Geheimnis der Bosheit“ und „Die Frohbotschaft vom Kreuz“. Bernhart spricht dort von der Unvergleichlichkeit der Entwicklung, von Finsternissen von einer solchen Intensität, wie es sie seit Menschengedenken noch nicht gegeben habe. Zusammengefasst und verdichtet sind diese Überlegungen in dem 1950 erschienenen Bändchen „Chaos und Dämonie“, das die unterschiedlichen Themenfelder Bernharts wie in einem Brennglas bündelt, die Wucht der Fragen der Zeitgeschichte aufnimmt und im Dialog mit zeitgenössischen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen interpretiert. In diesem Kontext wählt Bernhart nicht mehr den Begriff der Tragik zur Umschreibung des gott-menschlichen Miteinanders, des Mit- und Nebeneinanders von Ewigkeit und Zeit. Er ist vom Ansatzpunkt her noch stärker schöpfungsorientiert und wählt wohl nicht zuletzt aus dieser Perspektive die Begriffe „Chaos“ und „Dämonie“ zur Beschreibung der Schöpfungswirklichkeit.

Die einleitenden umfänglichen Reflexionen weisen zudem darauf hin, dass er, dessen Sprache von der Kondensierung der Gedanken in zahlreiche Substantivierungen geprägt war, stärker auf die prädikative Ebene wechselt. Die neue Priorität zeigt sich schon in der Übersetzung der „Theologischen Summe“ des Thomas von Aquin (1934 ff.). Auch hier wurde die einengende und festgefahrene Terminologie der Substantive semantisch aufgesprengt und damit letztlich ein Beitrag zur Öffnung scholastischer Selbstverständlichkeiten geleistet.

Der Blick auf die Geschichte des Christentums, insbesondere auf die Erfahrungen der Schrecken des 20. Jahrhunderts bewegt ihn zu einer sehr kritischen Position: Aus tiefer Betroffenheit stellt Bernhart das Unvergleichliche der Schrecken des Dritten Reiches heraus. Sein Denkansatz lässt ihn aber mit einer nur moralischen Kritik von Kirche und Christen, dem bei vielen zeitgenössischen Theologen so geläufigen Argument eines Abfalls vom Christentum oder einer praktischen Lauheit nicht zufrieden sein. Dass es zu diesem Versagen kommen konnte, hängt – und darin wird die Traditionslinie seines Denkens deutlich – mit der Grundstruktur der Schöpfung zusammen, die eine antagonistische, eine dämonische ist – im ständigen Kampf zwischen der Tendenz zum Nichts und derjenigen zum Vollkommensein. Nach Christus hat dieser Antagonismus nicht an Spannung verloren, sondern neue Extrema gewonnen – insofern steht Bernhart hier durchaus in einer Nähe zu apokalyptischem Denken. Die dadurch verschärfte Theodizee-Frage verweist den Menschen auf die Ambivalenz seiner Freiheit, die in einem geheimnisvollen Zusammenwirken mit Gottes Willen steht. Der Mensch ist nicht nur eine Episode in der Geschichte, sondern der Tragende und Getragene einer höheren Geschichte. Nicht die Erkenntnisebene abstrahiert und überhebt den Menschen über den Fluss der Dinge und Geschehnisse, sondern das Gewissen, das nur theologisch begründbar ist. Dieser Mensch mit seinem Gewissen aber ist wie die Natur ein dämonischer, mit „Zwiemöglichkeit“ geladen, wobei „dämonisch“ nicht per se etwas Böses meint, sondern gemäß dem griechischen Ursprung etwas Ungeschiedenes und Unentschiedenes, das also jenseits von Gut und Böse liegt. Es ist potenziell fähig zu beidem. Damit stehen menschliches Handeln und Geschichte immer in der Krisis.

Bernhart erkennt – sensibel und weitblickend im Vergleich zu theologischen Zeitgenossen – die Erfahrungen des Dritten Reiches als Zäsur, bei der das Sosein des Menschen auf dem Spiel steht. Seine Antwort geht in eine Richtung, die gegenwärtige Alteritätsphilosophien einzubringen suchen.

Eigensinn und Bindung

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