Читать книгу Die achtsame Schule - Praxisbuch - Daniel Rechtschaffen - Страница 9
ОглавлениеDie Achtsamkeitskompetenzen
Körperkompetenz
Viele von uns haben so viele Aufgaben und Verpflichtungen, dass wir unser Gehirn ständig mit durchgetretenem Gaspedal auf höchster Drehzahl fahren. Wenn wir zu einer der seltenen Pausen in unserem Leben gelangen, vor einer roten Ampel oder in der Badewanne, dann wissen wir nicht mehr, wie man in den Leerlauf zurückschaltet. Schließlich hantieren wir verzweifelt an der Gangschaltung herum und unser Gehirn rotiert, obwohl wir endlich ein wenig Zeit hätten, um einen wertvollen Moment des Friedens zu genießen.
Bei einem Leben im dritten, vierten oder fünften Gang, wissen wir manchmal gar nicht mehr, wie sich der Leerlauf anfühlt. Wenn wir uns ins Bett legen, um zu schlafen, läuft unser Geist immer noch auf 100. Um zur Ruhe zu kommen, stellen wir zuerst einmal fest, auf welchem Stress-Level wir uns gerade befinden. Dazu erforschen wir die wichtigsten Stresszonen im Körper, wie die Schultern, das Kiefergelenk, den Magen und die Brust. Die Empfindungen, die wir wahrnehmen, müssen wir auch nicht loswerden, wir bemerken einfach Enge und Anspannung in diesem Bereich, begegnen ihr mit liebevolle Zuwendung und bringen ein Gefühl der Entspannung dorthin. „Versuch dich zu entspannen“ hilft nicht – Entspannung passiert, wenn wir aufhören, es zu versuchen.
Übung: Entspannung für Anfänger
Legen Sie sich bequem hin, schließen Sie die Augen und verschaffen Sie sich einen ersten Überblick darüber, was gerade in Ihrem Körper vorgeht, vergleichbar mit einer inneren Wetterkarte. Spüren Sie die Aufregung, die Ruhe, das Glücksgefühl, die Traurigkeit, den Schmerz. Was immer Sie bemerken, nehmen Sie wahr, ohne es verändern zu wollen.
Wandern Sie nun mit Ihrer Aufmerksamkeit durch den Körper, nehmen Sie Anspannung und Entspannung in Ihrem Atem wahr. Beginnend bei Kopf und Gesicht, gibt es da irgendeine Anspannung der Muskeln? Wenn Sie Anspannung bemerken, spannen Sie den Muskel beim Einatmen ein wenig mehr an und lassen ihn dann beim Ausatmen mit einem großen Seufzer los.
Dann gehen Sie zur Nacken- und Schultermuskulatur weiter. Schauen Sie beim Einatmen, ob Sie in diesem Bereich Spannung wahrnehmen und spannen Sie ein wenig mehr an. Beim Ausatmen lassen Sie den Muskel los, lassen ihn lang und weich werden und in das Bett oder die Couch, auf der Sie liegen, schmelzen.
Gehen Sie mit diesem achtsamen Ein -und entspannenden Ausatmen durch den Körper und nehmen Sie sich für jeden Bereich etwa eine Minute Zeit. Gehen Sie mit Ihrer Aufmerksamkeit zu den Armen und Händen, dann zum Herzen, dem Bauch, dem oberen und unteren Rücken und schließlich zu den Beinen und Füßen. Wandern Sie durch den Körper und stellen Sie fest, wo Sie Spannung bemerken, verstärken Sie die Spannung beim Einatmen und lassen Sie sie mit einem langen entspannendem Ausatmen los.
Sobald Sie den Körper von Kopf bis Fuß durchgegangen sind, atmen Sie einige Minuten lang einfach in den ganzen Körper wie in einen großen Luftballon, bemerken beim Einatmen, wenn Spannung da ist und lassen allen Stress beim Ausatmen in den Boden abfließen.
Und im Alltag
Wenn Sie bereit sind aufzustehen, nehmen Sie sich vor, die Spannung und Entspannung im Körper auch weiterhin wahrzunehmen. Wie reagiert ihr Körper, wenn Sie Ihr Handy aufdrehen oder in Ihr Auto steigen? Spannen Sie vielleicht die Schultern und den Brustbereich an? Erinnern wir uns daran, dass unser Atem immer bei uns ist und dass wir unser Stressniveau einfach wahrnehmen und unseren Körper dann mit dem Atem entspannen können.
Geistige Kompetenz
Als ich ein Achtsamkeitstraining für Lehrende an der pazifischen Küste Kaliforniens leitete, stellte mir die Direktorin einer Grundschule eine vorausschauende Frage. „Meinen Atem einfach nur zu spüren ist wirklich langweilig, kann ich mir nicht einfach vorstellen, ich bin am Strand und beobachte Delfine und Wale, die sich in den Wellen tummeln?“ Auch ich liebe es, Wale und Delfine zu beobachten, also konnte ich ihre Frage gut nachvollziehen. Ich antwortete: „Es klingt, als ob sie wirklich gerne am Meer sind.“ Sie sah mich an, als ob ich sie ertappt hätte. „Eigentlich ist es wirklich frustrierend. Alle sind dabei Wale auszumachen, aber ich bin so beschäftigt damit, mir über meine Familie zu Hause Sorgen zu machen, dass ich sie ständig verpasse!“
Wenn wir uns leicht ablenken lassen, ist es schwierig für uns im gegenwärtigen Augenblick zu bleiben, selbst wenn es sich um die kostbaren Dinge unseres Lebens handelt, wie unsere Familie, ein wunderschöner Sonnenuntergang oder ein köstliches Essen. Unsere Fähigkeit, uns zu konzentrieren, ist wie ein Muskel, den man trainieren kann. Das einfache Sitzen in Stille mit dem Fokus auf den Atem und so wenig Ablenkung wie irgend möglich ist eine großartige Möglichkeit diesen Fokus-Muskel zu trainieren. Wenn wir unsere Konzentrationsfähigkeit stärken, lernen wir scheinbar langweilige Erfahrungen, wie das Ein -und Ausströmen des Atems aus unserem Körper wertzuschätzen. Wenn wir diese Fähigkeit verbessern, sind wir eher in der Lage, die spielenden Wale und Delfine, das Lachen unserer Kinder und all die scheinbar alltäglichen Geheimnisse unseres Lebens zu genießen. Nach dem Training schrieb mir die Direktorin Folgendes: „Sobald ich gelernt hatte, das Sitzen in Stille und das Spüren des Atems zu schätzen, konnte ich all die Gedanken loslassen und den Spaziergang am Meer wirklich genießen. Und wenn ich dann nach Hause kam, merkte ich, dass ich voll und ganz bei meiner Familie anwesend sein konnte.“
Übung: Den Aufmerksamkeitsmuskel kräftigen
Setzen Sie sich bequem aber aufrecht hin und nehmen Sie die richtige Haltung für unsere Übung von Fokus und Entspannung ein. Beginnen Sie mit einigen langen Atemzügen, strecken Sie die Wirbelsäule beim Einatmen in die Länge und lassen Sie Muskeln und Knochen bei jedem Ausatmen nach unten zur Erde hin entspannen. Lassen Sie Ihren Atem jetzt ganz natürlich fließen und konzentrieren Sie sich auf die körperliche Erfahrung der vier Punkte des Atems:
• Bringen Sie Ihre Aufmerksamkeit zum Gefühl des gesamten Einatmens.
• Nehmen Sie wahr, wie es sich vor dem Ausatmen anfühlt, wenn die Lungen ganz gefüllt sind.
• Bringen Sie Ihre Aufmerksamkeit zu der körperlichen Erfahrungen des gesamten Ausatmens.
• Nehmen Sie wahr, wie es sich anfühlt, bevor Sie wieder einatmen, wenn die Lunge leer ist.
Unser Atem bewegt sich organisch durch diese vier Punkte und wir können unsere fokussierte Aufmerksamkeit auf die Empfindungen und das Erleben jedes einzelnen Atemzuges richten. Wenn unser Aufmerksamkeitsmuskel kräftiger wird, merken wir, wie komplex diese Atembewegung ist. Dann konzentrieren wir uns nicht mehr auf die einzelnen Punkte des Atems sondern bleiben einfach bei unserem Atmen und beobachten es wie Wellen am Strand, die kommen und gehen.
Von Zeit zu Zeit wird Ihre Aufmerksamkeit abschweifen. Messen Sie dem keine Bedeutung zu, denn jeder Geist wandert. Unsere Aufgabe ist es, ein größeres Verständnis für die Funktionsweise und die Bewegungen unseres Geistes zu entwickeln. Wenn wir mit unserer Aufmerksamkeit vom Atem abgelenkt werden, dann nehmen wir einfach wahr, wohin es uns getrieben hat. Das mag ein Gedanke, eine starke Empfindung oder ein Gefühl sein, und dann kehren wir sanft zu unserem Atem zurück. Indem wir unseren Fokus immer wieder gewissenhaft zu unserem Atem zurückbringen, stärken wir unsere Aufmerksamkeit und gewinnen gleichzeitig Einblicke in die Funktionsweise unseres Geistes.
Und im Alltag
Das Ende der Übung ist nicht das Ende unserer Achtsamkeitspraxis. Während wir durch den Tag gehen bieten sich ständig neue Gelegenheiten, in denen wir wahrnehmen können, wie unsere Aufmerksamkeit von der anstehenden Aufgabe abgelenkt wird und wir sie wieder und wieder sanft dorthin zurücklenken können. Erinnern wir uns daran, die intensive Auseinandersetzung mit unseren Schülerinnen und Schülern, unser Essen und jeden Atemzug bewusst zu genießen.
Emotionale Kompetenz
Wenn ich mit Kindergartenkindern die Praxis der Herzensöffnung mache, beginne ich mit den Worten: „Wir wollen uns selbst einmal fest umarmen.“ Kein Problem für einen Fünfjährigen. Sie wickeln ihre Arme um sich und sagen allerlei liebe Dinge, wie „Möge jeder Tag mein Geburtstag sein!“ Etwas schwieriger ist es für die Kleinen schon, wenn ich sie bitte, ihre Kindergartenkolleginnen anzusehen und ihnen liebevolle Botschaften zu senden. Je jünger wir sind, desto eher sind wir scheinbar in der Lage, Selbstliebe zu empfinden, doch liebevolle Güte für andere zu entwickeln kann eine Weile dauern.
Bei Erwachsenen scheint es umgekehrt zu sein. Besonders Lehrende empfinden Kindern gegenüber echte Fürsorge und Mitgefühl. Wahrscheinlich war das einer der Beweggründe, diesen Beruf zu ergreifen. Viel schwieriger ist es, uns selbst diese liebevolle Güte entgegenzubringen. Vielen von uns fällt es nicht leicht, die Arme um uns selbst zu legen und uns liebe Dinge zu wünschen.
Wenn wir so viel Mitgefühl und Fürsorge an andere aussenden, doch vergessen, uns um uns selbst zu kümmern, dann brennen wir aus. Wir entwickeln eine sogenannte Mitgefühlserschöpfung und werden irgendwann kraftlos oder sogar verbittert. „Warum kümmere ich mich ständig um alle anderen und niemand kümmert sich um mich?“ Hier wollen wir also die Tore des Mitgefühls gegenüber unseren Kindern öffnen, denn wie das geht, wissen wir bereits, und diesen liebevollen Blick dann auf uns selbst richten. Wir lernen, wie wir unsere eigenen Speicher auffüllen, damit wir vor liebevoller Zuwendung für andere überquellen, ohne dabei unsere eigenen Ressourcen zu erschöpfen.
Übung: Mitgefühl mit uns selbst
Nehmen Sie das natürliche Heben und Senken des Atems in Ihrer Brust wahr. Sie müssen Ihren Atem auf keine spezielle Weise lenken – nehmen Sie einfach wahr, wie er sich in den Lungen ausbreitet und wieder zusammenzieht, wie immer diese organische Bewegung auch aussehen mag. Bleiben Sie mit Ihrer Aufmerksamkeit in der Gegend Ihres Herzens und spüren Sie bei jedem Einatmen die Empfindungen und Gefühle in der Brust, bei jedem Ausatmen lassen Sie es dort ganz weich werden und entspannen sich.
Denken Sie jetzt an ein Kind, das Sie gernhaben. So eine Vorstellung zaubert ganz leicht ein Lächeln auf unser Gesicht und wir spüren ein Gefühl der liebevollen Zugewandtheit. Stellen Sie sich vor, das Kind tut etwas, was es wirklich gerne tut und schauen Sie, wie sich Ihr Herz anfühlt, wenn Sie dieses Kind so glücklich sehen. Nehmen Sie wahr, wie es sich anfühlt, wenn wir jemanden anderen wirklich mögen.
Richten Sie nun diesen mitfühlenden Blick auf sich selbst. Nehmen Sie bei jedem Einatmen wahr, wie Ihr Herz sich fühlt. Vielleicht ist es glücklich, vielleicht traurig; was immer Sie auch wahrnehmen, atmen Sie einfach mit Bewusstheit ein. Richten Sie nun beim Ausatmen denselben mitfühlenden Blick auf Ihr Herz. Wenn das Herz glücklich ist, lassen wir es die Süße dieses Glücksgefühls kosten. Wenn unser Herz traurig ist, bringen wir ihm Mitgefühl für unseren Schmerz entgegen. Nehmen Sie bei jedem Einatmen wahr, was in Ihrem Herzen passiert, und bringen Sie sich selbst bei jedem Ausatmen liebevolle Zuwendung und Mitgefühl entgegen.
Und im Alltag
Bleiben Sie auch während des Tages liebevoll bei Ihrem Herzen. Wenn etwas Wunderbares passiert, dann freuen Sie sich an den Gefühlen, die hochsteigen. Wenn etwas passiert, das Sie frustriert, dann sorgen Sie für Ihr Herz, wie Sie sich um ein weinendes Kind kümmern. Ohne zu sehr an den süßen Gefühlen festzuhalten und ohne die unangenehmen Gefühle wegschieben zu wollen, üben wir, unser Herz auch auf den unausweichlichen Wellen unseres Tages offen zu halten.
Soziale Kompetenz
Wir beginnen unsere Achtsamkeitspraxis mit einem Blick nach innen, lernen uns zu entspannen, gut für uns selbst zu sorgen, und erfahren mehr über das Wesen unseres Geistes. Wenn wir uns auf diese Weise geerdet und unsere Empathie geschult haben, sind wir in der Lage, die Botschaft der Achtsamkeit an Schüler, Kolleginnen und Familienmitglieder weiterzugeben. Dazu brauchen wir die Präsenz, die wir entwickelt haben und die Bereitschaft, uns auf die Menschen und Geschehnisse um uns herum einzustimmen.
Eine der größten Geschenke der Achtsamkeit ist, dass sie uns helfen kann, unsere Gedankenmuster zu beobachten und zu erkennen, welche von ihnen möglicherweise auf Annahmen oder unbewussten Vorurteilen basieren. Oft gehen wir mit Werturteilen über andere durchs Leben, die wir von unserer Familie und unserer Gesellschaft übernommen haben. Um in der Lage zu sein, einen Schritt zurückzutreten und seinen Geist dahingehend zu prüfen, was Wahrheit und was ein toxisches Überbleibsel und daher besser loszulassen ist, muss man eine wirklich gute Beobachterin sein.
Wenn wir unsere Annahmen durchschauen, sehen wir die Menschen, wie sie tatsächlich sind. Wir sehen, wie sie glänzen, und wir sehen, wie sie kämpfen. Dieses Verständnis ist der Schlüssel zu unserem Mitgefühl. Wenn es uns gelingt, die anderen so zu sehen, wie sie wirklich sind, schenken wir ihnen das Gefühl, gesehen zu werden. Und ist es nicht das, was wir alle wollen – gesehen und akzeptiert werden, so wie wir sind?
Übung: Wir öffnen uns für das Mitgefühl
Entspannen Sie Ihren Körper und kehren Sie zum vierteiligen Atmen zurück. Lassen Sie mit jedem Atemzug Stille und Fokus entstehen. Denken Sie nun an eine Erfahrung mit einem Schüler, die Sie in letzter Zeit frustriert hat. Lassen Sie den Vorfall vor Ihrem inneren Auge wie ein Video abspielen. Welche Gedanken steigen in Ihnen hoch, wenn Sie sich diese Begebenheit vorstellen? Gehen Ihnen irgendwelche Werturteile durch den Kopf?
Währende Sie sich weiterhin diese Schülerin vorstellen, richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf Ihre Gefühle und Empfindungen. Ist Ihr Kiefer angespannt? Ihr Herz schwer? Beobachten Sie, was die Szene in Ihrem Körper auslöst. Nehmen Sie einige Atemzüge, beim Einatmen nehmen Sie wahr, wo Sie Anspannung oder Unwohlsein spüren, beim Ausatmen lassen Sie sie los und entspannen sich. Machen Sie das einige Male, bis sich ein Gefühle der Stille einstellt.
Stellen Sie sich nun den Schüler erneut vor, doch halten Sie Ihr Herz ihm gegenüber offen. Sagen Sie zu sie selbst, während Sie sich die Schülerin vorstellen:
• Genau wie bei mir, passiert im Inneren dieser Schülerin gerade so viel.
• Genau wie ich, will dieser Schüler glücklich sein.
• Genau wie ich, kämpft diese Schülerin.
• Genau wie ich, möchte dieser Schüler sich ausgeglichen fühlen.
Man kann alle möglichen mitfühlenden Sätze sagen, um sich bewusst zu machen, wie viel im Inneren der Schülerin gerade vor sich geht. Bleiben Sie mit Interesse bei Ihrem Herzen und schauen Sie, wie es sich anfühlt, so empathisch zu sein, selbst wenn wir frustriert sind.
Und im Alltag
Diese Übung eignet sich für jede Situation, in der wir uns durch Schüler, Kolleginnen oder Familienmitglieder frustriert fühlen. Spüren Sie, wenn Sie von Menschen getriggert werden und halten Sie einen Augenblick lang inne. Beobachten Sie Ihre Gedanken, fühlen Sie Ihre Gefühle und schauen Sie, ob Sie Ihren Mitgefühlsmuskel aktivieren können. Wenn wir auf diese Weise üben, lernen wir unvoreingenommener, gelassener und liebevoller zu reagieren.
Globale Kompetenz
Nehmen wir uns einen Augenblick Zeit, um unseren achtsamen Blick zu weiten, und schauen wir, wo wir eigentlich sind. Ganz gleich, ob wir in einer weitläufigen Metropole oder auf einem ländlichen Hof leben, wir stehen in einer vollkommen abhängigen Beziehung zu unserer Umwelt. Die Lebensmittel, die wir essen, die Luft, die wir atmen, die Vögel, die wir hören, die Jahreszeiten, die wir durchleben, das alles hat grundlegende Auswirkungen darauf, wie wir leben und wer wir sind.
So wie wir bereits unseren Atem und unsere Gefühle erkundet haben, können wir das auch mit unserer Welt tun. Fragen wir uns zu Beginn:
• In Welche Richtung schaue ich gerade?
• Woher kommt mein Wasser?
• Woher kommt die Elektrizität, die ich benutze, und woraus wird sie gewonnen?
• Wohin wird mein Müll gebracht?
• Wer lebte vor 500 Jahren auf diesem Land?
• Welche kulturellen, demographischen Gruppen leben hier und wie sind diese Kulturen hierher gekommen?
Warum sollte uns das interessieren? Nun, es hilft uns, die Dinge wertzuschätzen, die uns tagtäglich am Leben erhalten. Wir lernen, dankbar zu sein für die Bäume, die uns mit Sauerstoff versorgen, und den Regen, der unseren Durst stillt und der Erde Leben einhaucht. Durch solche Fragen werden wir auf die ökologischen und sozialen Aspekte der Erde, auf der wir leben, aufmerksam. Wenn wir unsere Welt achtsamer wahrnehmen, entwickeln wir Ehrfurcht für die Systeme der Natur und ein Verständnis für die Verbundenheit aller Dinge, uns eingeschlossen. Wir lernen auch, Gesundheit und Balance in unser Umfeld zu bringen, was wiederum unseren Körper und unsere Gemeinschaften gesünder und ausgeglichener macht.
Übung: Offenes Bewusstsein
Setzen Sie sich entspannt hin und richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf Ihren Atem. Sie sind eine Art achtsamer Meteorologe und spüren dem Atem nach, wie einem Wind, der durch die Nase eintritt, Ihre Brust und Ihren Bauch erfüllt, bevor er durch Ihre Nasenlöcher wieder ausströmt. Spüren Sie die Veränderungen auf Ihrer inneren Wetterkarte bei jedem Ein- und Ausatmen.
Nachdem Sie einigen Minuten lang Ihre innere Wetterkarte wahrgenommen haben, richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf die Außenwelt und hören auf die Geräusche um Sie herum. Eine Vielzahl von Geräuschen erreicht unser Ohr, ohne dass wir irgendetwas dazu tun müssen. Wir können uns einfach zurücklehnen und den Geräuschen zuhören, die auftauchen und wieder verschwinden. Nehmen Sie auch das Feld der Stille wahr, aus dem diese Geräusche entstehen, und in das sie wieder und wieder eintauchen.
Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit nach einigen Minuten wieder nach innen, nehmen Sie das Ein- und Ausströmen des Atems wahr und spüren Sie Ihre innere Welt. Nach einigen Minuten wechseln Sie wieder zur Außenwelt und hören auf die Geräusche, in denen wir schwimmen, wie die Fische im Meer. Richten Sie dann Ihre Aufmerksamkeit gleichzeitig auf Ihre innere und äußere Welt, nehmen Sie den Atem, Ihre Gefühle, Empfindungen, Geräusche und Gerüche wahr und öffnen Sie Ihr Bewusstsein für alles auf einmal. Lassen Sie Ihr Bewusstsein mühelos von einem Phänomen zum anderen gleiten und öffnen Sie Ihren Blick weit, so dass alle Sinne darin Platz haben.
Und im Alltag
Wenn wir dem Wind, den Vögeln, den Autos, den plappernden Kindern und der Sinfonie des speziellen Ortes, den wir bewohnen, einfach zuhören, können wir dieses offene Bewusstsein auch im Alltag üben. Wir praktizieren Achtsamkeit nicht, damit wir vom Chaos der Außenwelt unberührt bleiben, sondern damit wir ihr und allem, was sie mit sich bringt, mit offenem Herzen und offenem Geist begegnen und intelligent und bedachtsam darauf reagieren können. Je mehr Interesse wir für unsere Umwelt aufbringen, desto mehr lernen wir und desto sorgfältiger werden wir mit ihr umgehen.