Читать книгу Tabu Trennung - Daniel Schneider - Страница 12
VIELE KLEINE PROBLEME WERDEN ZU EINEM BERG
ОглавлениеManu war sich der Ursachen durchaus bewusst, die diesem Gespräch und der darin verkündeten Entscheidung seiner Frau den Weg ebneten. »Nach und nach gingen mir diese Schlüsse auf«, erinnert er sich. Es folgen einige Punkte, die aus Manus Erinnerung heraus dafür verantwortlich sind, dass das Interesse aneinander verloren ging und die Beziehung in eine Krise schlitterte. Drei davon sind für die Öffentlichkeit bestimmt. Andere erwähne ich bewusst nicht, weil sie zu privat sind.
»Ich habe so eine Art Rechtfertigungsgen. Das ist meine Art, Entschuldigung zu sagen, aber das kommt nie besonders gut, gerade wenn es um Konflikte geht, die gerade heiß ausdiskutiert werden. Das hat meine Exfrau immer sehr mitgenommen und sie konnte damit nicht gut umgehen, was ich sehr gut verstehen kann.«
Oder:
»Als unsere Tochter geboren wurde, hatte meine Exfrau gerade ihre Ausbildung beendet und logischerweise nicht gearbeitet. Ich war der Alleinverdiener und habe, in meinen Augen ebenfalls nachvollziehbar, sauviel gearbeitet. In ihrer Erinnerung ist aber Folgendes geblieben: ›Manu war nie da und ich musste mich immer alleine um das Kind kümmern.‹ Und diese Erinnerung kam immer wieder zum Vorschein. Sie hat eine gute Erinnerungsgabe. Auch an die negativen Sachen.«
Apropos Arbeit:
»Ich brauche jemanden, der das, was ich tue, gut findet und der hinter mir steht. Gerade in meinem Job als Musiker. Meine ehemalige Frau hat im Nachhinein gesagt: ›Manu, irgendwann habe ich das Interesse an deiner Arbeit verloren.‹ Das hatte ich gemerkt und mich als Reaktion noch mehr in meine Arbeit vergraben. Das Ganze hatte natürlich auch damit etwas zu tun, dass ich grundsätzlich viel arbeite. Weil ich es muss und weil ich es gerne tue. Ob sich das dann bedingt hat, weiß ich nicht.«
Wir unterbrechen unser Gespräch kurz, weil unser Mittagessen serviert wird. Das gibt mir die dramaturgische Möglichkeit, einen kurzen redaktionellen Einschub zu platzieren, in dem ich deutlich darauf hinweise, dass Manu in diesem Gespräch allein seine Sichtweise darstellt. Seine ehemalige Frau sieht einige Dinge in einem anderen Licht. Sie weiß, dass Manu in diesem Buch über die Trennung spricht, ist auch einverstanden damit, möchte aber selbst nicht namentlich vorkommen. Das ist für mich selbstverständlich und das zeigt, wie konstruktiv und respektvoll beide auch im Nachhinein miteinander umgehen.
Während Manu und ich bei unserem Gespräch die ersten Bissen des leckeren Essens zu uns nehmen nutze ich die Zeit für eine kleine gedankliche Zusammenfassung. Ohne die Schwere der Schwierigkeiten abwerten zu wollen, denke ich: Das sind in der Entstehung zwar keine Kleinigkeiten, aber doch überschaubare Differenzen, die über die Jahre wahrscheinlich eine unheimliche Macht bekommen haben. Und das führt zu einer Entfremdung. Da müssen aber doch noch andere Faktoren eine Rolle gespielt haben.
»Als wir uns kennengelernt und uns verliebt haben, da habe ich schon gedacht: Gott hat Humor!«, sagt Manu relativ unvermittelt und es passt genau zu meinen Gedanken. »Denn wir sind total unterschiedlich. Aber gerade das hat uns angezogen und in der ersten Zeit total befeuert. Ich habe mich durch meine Exfrau total verändert. In meiner politischen Meinung, in meiner ganzen Denkweise hat sie mich beeinflusst und besser gemacht. Früher habe ich Menschen relativ schnell und relativ hart verurteilt. Das ist immer noch eine Schwäche von mir, aber ich habe mich deutlich in eine andere Richtung bewegt. Darüber freue ich mich. Auch jetzt noch. Das hat Spaß gemacht und war wichtig für mich.«