Читать книгу Die Religionen des alten Orients - Daniel Snell - Страница 6
Vorwort
ОглавлениеFangen wir mit ein paar Vorurteilen an. Natürlich haben wir alle vorgefasste Meinungen darüber, was Religion ist oder zumindest sein sollte und wie aus ihr das geworden ist, was sie heute darstellt. Dabei tauchen wir tief in die Vergangenheit ein, um festzustellen, ob wir nachvollziehen können, was geschehen ist. Und wir geben offen zu, dass das in unserem aufgeklärten Zeitalter so gut wie unmöglich erscheint.
Ich schreibe dieses Buch nicht, um eine bestimmte Theorie über Religion zu beweisen oder zu widerlegen. Ich habe diesbezüglich ein paar Ideen, und die möchte ich am Ende des Buches auch darlegen. Aber ich habe gleichzeitig eine hoffnungslos romantische Konzeption davon, was die Aufgabe eines Historikers ist: aufzuschreiben, was wir wissen, üblicherweise in chronologischer Reihenfolge, um dann festzustellen, ob wir die Kraft, die Ereignissen, Zeremonien oder Wörtern innewohnt, irgendwie ermessen können. Das, was ich aufschreibe, bedient sich hauptsächlich moderner Forschungsergebnisse über religiöses Leben. Dabei geht es mir nicht darum, die Ansichten anderer zu bestätigen oder gutzuheißen; vielmehr verwende ich sie, um die Kontinuitäten und die Brüche im menschlichen Streben zu veranschaulichen.
Wir werden niemals in der Lage sein, das zu erleben, was andere durchlebt oder gehört haben, aber wenn wir nicht versuchen, uns ihren Erfahrungen anzunähern, dann sind unsere Forschungsbemühungen so irrelevant wie Kataloge oder geistlose technische Details. Damals lebten Menschen, und all das, was sie erlebt haben, werden wir niemals vollständig erfassen. Aber wir können versuchen, ein Gefühl dafür zu entwickeln. Und das sollten wir auch tun.