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Kapitel 13
ОглавлениеKultur- und Kongresszentrum KKL, Luzern, Schweiz
März 2019
Das Konzert im KKL strebte seinem Höhepunkt entgegen. Joe Friedman, der Dirigent des Luzerner Symphonieorchesters, wirbelte seinen Dirigentenstab zu Beethovens Neunte durch die Luft, Poroschenko startete zu einem Crescendo, welches in einem fulminanten Forteforttissimo gipfelte, während der Chor der Nationen die von Friedrich Schiller gedichteten Zeilen der Ode an die Freude an die Decke des Konzertsaales schmetterte:
Freude schöner Götterfunken,
Tochter aus Elysium,
wir betreten feuertrunken,
himmlische den Heiligtum!
Auch wenn Bussmann klassischer Musik grundsätzlich wenig abgewinnen konnte, überkam ihn bei diesem gigantischen Erlebnis dennoch eine Gänsehaut. Bereits bei der klangvollen Darbietung von Ramin Djawadis Intro zur HBO-Serie Game of Thrones war ihm ein Schauer über den Rücken gelaufen. Allerdings war da nicht Poroschenko im Mittelpunkt des Geschehens gestanden, sondern der Solo-Fagottist, dessen geschwungene Interpretation des Themas durch den Saal schwebte.
So bekam Bussmann auch nicht mit, wie sich tief in seinem Innern bei seinem Instinkt eine gewisse Gefahrenwitterung breitmachte.
„Yannick? Was ist denn los?“ Silvan Heimgartner, Trainer der zweiten Mannschaft des HC Kriens, nahm seinen Schützling beiseite. Er hielt grosse Stücke auf Yannick, mit dessen 19 Jahren war er mit einer überragenden Spielübersicht gesegnet und gemäss Silvan wäre es nur eine Frage der Zeit, bis Yannick ins Kader der ersten Mannschaft aufgenommen würde.
Ein Schritt, der Silvan immer verwehrt geblieben war, trotz des gigantischen Trainingsaufwandes, den er immer betrieben hatte. Deshalb war es sein innigster Wunsch, dass es einem seiner Schützlinge vergönnt war, eine grosse Karriere anzustreben. Eine Karriere, welche nicht nur in den Wänden der Krauerhalle eingekesselt war, nein – die ihn in die grossen Schweizer Hallen führte, wie diejenigen der Kadetten Schaffhausen, von Pfadi Winterthur oder in die Zürcher Saalsporthalle, der Heimat von GC Amicitia. Auch die Champions League sollte er erobern können. Zur Zeit hatte Yannick die besten Karten – doch nun liess seine Leistung bei diesem Training zu wünschen übrig.
Als Yannick keine Antwort geben wollte, packte Silvan diesen an den Schultern und schüttelte ihn durch.
„Yannick, rede mir mir! Es ist nicht schlimm, einen Wurf danebenzusetzen!“
Als Yannick immer noch keine Antwort geben wollte, Silvan aber Tränen in dessen Augen bemerkte, umarmte er ihn. Jetzt brachen bei Yannick alle Dämme.
„Mein Papa wurde erschossen!“
Wenig später sass Yannick im Fond von Silvans Mitsubishi Colt, der von seinem Besitzer aus der Tiefgarage des Hofmatt-Krauerhalle-Komplexes gelenkt wurde.
„Ich fahre dich nach Hause!“, hatte Silvan bestimmt gesagt und alle Proteste Yannicks im Keim erstickt.
Frenetischer Applaus erklang, als Poroschenko zum letzten Mal sein Cello strich und den Saal akustisch zum Beben brachte. Die Zuschauerinnen und Zuschauer huldigten den Ausnahmekünstler, aber auch das Symphonieorchester mit Standing Ovations.
Überwältigt von den Reaktionen des Publikums verbeugte sich der Cellist mehrere Male und verteilte Kussmünder in Richtung der Zuschauerränge. Bussmann lächelte. Es war ein grossartiges Konzert gewesen.
Doch dann ertönten dumpfe Knalle, ein Teil des Vorhangs stürzte ein. Menschen schrien, Poroschenko duckte sich im Orchestergraben, gerade noch rechtzeitig, sonst wäre er von der herunterfallenden Vorhangsaufhängung erschlagen worden. Diese krachte mit voller Wucht auf den Bühnenboden, zerbrach und wirbelte Staub auf.
Rauch stieg an mehreren Orten auf, es drohte Panik auszubrechen.