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Flip (Philip) Slier

Flip (Philip) Slier kam am 4. Dezember 1923 im obersten Stock des Hauses in der Vrolik Straat 128 zur Welt. Beim Einmarsch der Deutschen war er siebzehn Jahre alt und Schriftsetzerlehrling beim Algemeen Handelsblad, einer Tageszeitung, bei der auch sein Vater arbeitete. Er war circa 1,72 Meter groß, wog etwa 72 Kilo, hatte schwarzes Haar und graue Augen. Er war ein freundlicher, geselliger junger Mann, den sein Freund Karel van der Schaaf als brutaal, d.h. verwegen beschrieb. Er spielte Flöte und Mandoline, sang gern und besaß viel Humor. Truus Sant, seine erste Freundin, sagte über ihn: »Flip war ganz verrückt nach mir, und Harry Elzas war eifersüchtig; seine Eltern haben uns eine Menge Schwierigkeiten bereitet, weil ich nicht jüdisch war. Ich habe getrommelt, und er hat in der Band des AJC (Arbeiders Jeugd Centrale – Arbeiterjugendzentrum) die Flöte gespielt.« Flip war ein begeisterter Fotograf. Viele der Aufnahmen von seiner Familie und seinen Freunden stammen von ihm. Das AJC war eine niederländische sozialistische Organisation, in der es für die Zwölf- bis Sechzehnjährigen eine Unterabteilung namens »Die roten Falken« gab. In den »Roten Garden« waren die älteren Jugendlichen zusammengeschlossen. Sie trafen sich wöchentlich, tranken nicht und rauchten auch nicht; sie interessierten sich für Kunst, Literatur und Musik und hatten Spaß an Aktivitäten im Freien. Am Wochenende wurde gewandert und gezeltet oder man erholte sich auf dem Land. Im Jahr 2007 erinnerte sich Truus bei einem gemeinsamen Mittagessen mit der Autorin: »Eines Tages ging ich allein im Park spazieren, da traf ich Chris Brand vom AJC. Er begleitete mich ein Stück. Da begegnete uns Flips Vater, und der erzählte Flip, ich ginge jetzt mit einem anderen Jungen. Das war das Ende von Flip und mir. Ich habe Flip auch hinterher noch getroffen, aber wir waren nicht mehr zusammen. Flip hat mir ein Gedicht geschrieben.« Und sie sagte es auf: »Zwischen Trommel und Flöte ist’s nun aus, /weg ist sie, meine süße Maus. / Den Abend über war sie so still, / ich bin nun wohl nicht mehr der, den sie will. / Jetzt hat sie ’nen andern, / der geht mit ihr aus.«

Am 23. April 1942, einem Donnerstag, erhielt Flip ein Schreiben wie das untenstehende vom Judenrat, in dem ihm befohlen wurde, am Samstag, den 25. April den Zug nach Hardenberg zu nehmen (150 km östlich von Amsterdam). Von dort aus lief er die drei restlichen Kilometer zum Lager Molengoot zu Fuß.

Letzte Warnung

Sie wurden vom städtischen Arbeitsamt für die Arbeit in einem der unter der Leitung der niederländischen Arbeitsbeschaffungsbehörde stehenden Lager in der Provinz Drente vorgesehen. Sie haben deshalb am Samstagmorgen mit dem Zug anzureisen.

Wir raten Ihnen ein letztes Mal dringend an, diesem unwiderruflichen Befehl Folge zu leisten. Sollten Sie dem Befehl nicht nachkommen, haben Sie mit den allerhärtesten Strafmaßnahmen zu rechnen. Noch einmal, sorgen Sie in Ihrem eigenen Interesse unbedingt dafür, zur angegebenen Zeit dort zu sein. Wir wiederholen nochmals, dass es sich um einen normalen Arbeitsdienst in einem normalen niederländischen Arbeitslager unter normaler niederländischer Aufsicht handelt.

Die Vorsitzenden des Judenrates

A. Asscher

Prof. Dr. C. [D.] Cohen

Der letzte Sommer des Philip Slier: Briefe aus dem Lager Molengoot 1942

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