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„So Leute, wir sind da!“, sprach Pfarrer Jacques.

„Ja! Holen wir unsere Sachen heraus!“, jubilierte Pfarrer Sebastienne und hüpfte aus dem Camper.

Die beiden Pfarrer der Kirchgemeinde Kreis Fünf in Zürich waren mit sechs Mitgliedern der Seniorengruppe, drei Frauen und drei Männern, am Genfersee auf dem Campingplatz angelangt, auf dem sie einen ganzen Monat lang -Mitte Juli bis Mitte August- Nostalgie-Ferien machen wollten.

Die ehemalige Seniorengruppe von Pfarrer Jacques hatte sich inzwischen gelichtet, einige waren verstorben, andere ausgetreten, noch weitere weggezogen. Diese sechs Alten hier waren also ganz neu. Der schwule Pfarrer Sebastienne mit seinem Hang zum Transvestismus leitete eigentlich die Frauensinggruppe besagter Kirchgemeinde, doch für einen Monat fungierte er als Begleitperson von Jacques. Als sie nun alle acht auf dem Parkplatz neben dem abgeschlossenen Camper standen, Rucksäcke und Taschen, zwei grosse und zwei kleine Zelte sowie Liegematten und Schlafsäcke in den Armen, konnte es losgehen. Sie wanderten ins Büro, um sich anzumelden und dann weiter zu ihrem reservierten Stellplatz bis fast an den See heran.

„Schön ist es hier!“, rief Kudi Wägeli, ein kleiner Dicker mit jugendlicher Schirmmütze auf dem Kopf, der sofort, nachdem er seine Sachen auf die Wiese gelegt hatte, sein Polohemd und seine Hose auszog, um die letzten Sonnenstrahlen durchs Ozonloch auf seiner braun gebrannten haarigen Brust zu spüren. Ruthli Sänger setzte sich erschöpft auf den Grasboden und befreite ihre schmerzenden Füsse von den lilafarbenen Wildleder-Pumps und den weissen Kniestrümpfen. Der Rock war dunkelviolett, der vertrug sicher auch grasgrün.

„Als Erstes müssen wir die vier Zelte aufstellen“, mahnte Pfarrer Jacques.

„Das wissen wir doch!“, lachte Patrizia Müller, „wir waren schon oft zelten.“

„Oh ja!“, rief Sepp Zutzwyler, „in den Siebzigern, als die Welt noch in Ordnung war.“

„Na alles war auch nicht in Ordnung“, meldete Patrizia ihren Einspruch an.

„Meine schon“, beharrte Sepp. „Meine Welt war in Ordnung.“

„Du warst ja auch in San Francisco. Ich nicht!“, brüllte Patrizia.

„Die Zelte, meine Damen und Herren, die Zelte“, rang Pfarrer Sebastienne die Hände und zog dann an seinen beiden Halsketten - an der einen baumelte ein silbernes Kreuz und an der anderen das bemalte Holzbildnis des weiblichen, bunt eingekleideten Skeletts der mexikanischen Schutzheiligen auch der Homosexuellen, Santa Muerte, ebenfalls Lady Sebastienne genannt.

„Klar, klar, Sebastienne, nur keine Sorge. Hilf mir mal auf“, sagte Ruthli in beschwichtigendem Tonfall und streckte ihm ihre Hand entgegen.

Der Stellplatz war halbschattig unter lichten Bäumen mit Aussicht aufs Wasser, was sie dazu bewog, die Zelte in einer Reihe mit Öffnung zum See hin aufzustellen anstatt im Kreis, wie sie es eigentlich vorgehabt hatten - die beiden Pfarrer aussen in je einem der kleinen Zelte, die beiden Dreierzelte -eins für die Damen, das andere für die Herren- in der Mitte. Die Liegematten wurden ausgerollt auf den Zeltboden gelegt und die Schlafsäcke darüber ausgebreitet, die Necessaires griffbereit platziert und allerlei anderer Krimskrams ausgelegt.

„Mein Magen knurrt“, meldete Günter Prill an.

„Au ja!“, rief Bernadette Hämmerli, „gehn wir ins Restaurant hinüber.“

Nachdem sie bei allen vier Zelten das Insektenschutznetz mit dem Reissverschluss zugezogen und das dunkle Verdeck, nach hinten geschlagen, an der Zeltwand angeklettet hatten, spazierten sie an anderen Zeltenden und an im Camper Schlafenden vorbei bis nach hinten auf die Terrasse des Restaurants, wo alle Eglifilets und einen waadtländischen Weissen dazu bestellten.

Der vergrabene Lebensbaum

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