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Vorwort

Reich sein! Ein Traum! Nie mehr arbeiten müssen, nie mehr nachdenken müssen, ob man sich das, was man haben will, auch leisten kann. All die Last des Lebens von den Schultern gleiten lassen.

Reicher sein! Immer noch reicher sein! Ein Alptraum! Rund um die Uhr arbeiten, immer nachdenken, wie man das, was man haben will, auch bekommen kann. Niemals loslassen können.

Am reichsten sein! Der reichste Mensch der Welt sein! Eine Katastrophe! Denn von nun an kann es nur noch bergab gehen ...

Einfach nur reiche Menschen sind langweilig. Sie haben ihr Vermögen in der Regel damit gemacht, den Leuten das zu bieten, was sie haben wollen. Deshalb lassen sich die Erfolgsgeschichten unserer heutigen Mittelständler genauso austauschen wie die hansischer Kaufleute vor 600 oder römischer Großgrundbesitzer vor 2000 Jahren.

Die reichsten Menschen aber sind spannend – wobei es sich bisher immer um Männer gehandelt hat. Denn sie hatten oder haben ihr Vermögen nicht gemacht, indem sie sich mitten in den Mainstream hineinbegaben, sondern indem sie unbemerkt von ihren Zeitgenossen eine neue Chance, eine neue Technologie, einen neuen Markt erkannten und erschlossen. Wer braucht Herrn Krupps superharten Stahl, wo doch sogar Kanonen seit eh und je aus Bronze gegossen werden? Wie will Mr. Ford mit einem Auto Profit machen, das so billig ist, dass es sich sogar ein Fabrikarbeiter leisten kann? Und wie kann Mr. Murdoch auch nur eine Sekunde daran denken, in London eine Zeitungsdruckerei ohne Gewerkschaften einzurichten?

Sie haben es trotzdem versucht und hatten, aus teilweise ganz unterschiedlichen Gründen, Erfolg. Und sie veränderten damit die Welt, in der sie lebten. Jeder, der sich durch eigene Leistung zu den reichsten Menschen seiner Zeit emporschwang, konnte gar nicht anders, als dabei die Welt zu verändern. Denn er musste etwas besitzen, was außer ihm keiner besaß – und das genau zum richtigen Zeitpunkt. Ein Schriftsteller darf sich damit trösten, dass erst die Nachwelt seine Qualitäten zu würdigen weiß; ein Philosoph muss es wahrscheinlich. Sogar ein erfolgloser Erfinder kann auf die Genialität eines Leonardo da Vinci verweisen, der den Helikopter schon Jahrhunderte vor der Erfindung des dafür nötigen Motors erfand. Wer reich werden will, hat diese Chance nicht: Er muss es zu Lebzeiten schaffen. Ökonomischer Erfolg kann seiner Zeit nicht um Jahrzehnte voraus sein – er muss genau ihren Nerv treffen.

Es drängt sich deshalb geradezu auf, eine ökonomische Weltgeschichte aus der Perspektive der jeweils größten Vermögen einer Epoche zu schreiben – als »Wirtschaftsgeschichte von oben«. Man kann die Entwicklung des ökonomischen und gesellschaftlichen Fortschritts wohl kaum besser erzählen als durch die Geschichten der reichsten Männer aller Zeiten.

Umso erstaunlicher ist es, dass bislang noch niemand diesen Versuch gemacht hat. Aber irgendwann ist immer das erste Mal.

Detlef Gürtler

Marbella, im Juni 2004

Die Dagoberts

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