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Antonios Firma

»Guten Tag, Herr Luna«, grüßte der Mann von der Security, der gerade Dienst an der Einfahrt zum Firmengelände von >Digitrent< hatte. Das große Tor öffnete sich automatisch.

»Ihnen auch einen guten Tag«, antwortete Antonio, »das sind mein Sohn Luki und seine Freundin Paula.« Er zeigte hinter sich.

»Hallo, ihr beiden«, grüßte der Mann die Kinder freundlich, »steigt bitte aus.«

Die Kinder taten das, gingen zu ihm und gaben ihm die Hand.

»Ich heiße Herbert Einstein und bin einer der Sicherheitsleute bei >Digitrent<. Ich muss für euch zwei Besucherausweise ausstellen.«

»Einstein?«, wiederholte Luki, den Namen beim Sprechen in die Länge ziehend.

Herr Einstein lächelte. »Ja, aber Herbert, nicht Albert.

Und jetzt nennt ihr mir bitte eure vollen Namen.«

»Lukas Luna und Paula Silberstein«, sagte Paula.

»Danke, und jetzt brauche ich noch von jedem das Geburtsdatum.«

»Ich bin am 21. März 2008 geboren und sie am 5. Mai im gleichen Jahr«, informierte Luki.

Herr Einstein schrieb die Daten auf einen Zettel und sagte:

»Ich bin gleich wieder zurück.« Er ging in das kleine Häuschen, das neben dem Tor stand.

Paula sah Luki an. »Du hast dir mein Geburtsdatum gemerkt?«

»Klaro«, sagte er und grinste. »Wie soll ich dir sonst zu deinem Elften ein tolles Geschenk machen?«

Paula sagte nichts mehr, sondern betrachtete ihn nur mit ihren grünblauen Gebirgssee-Augen.

Nach kurzer Zeit kam Herbert mit zwei Besucherausweisen zurück, die sie sich an ihre T-Shirts steckten.

»Vielen Dank, Herr Einstein!«, sagte Paula.

»Gern geschehen, viel Spaß bei uns. Und für euch bin ich der Herbert.«

»Vielen Dank, Herbert!«, sagte Luki und winkte.

Die Kinder stiegen wieder ein und Antonio fuhr durch das Tor. Nach ungefähr dreihundert Metern parkte er vor einem dreistöckigen Gebäude. Sie verließen das Auto und schauten sich um.

»Willkommen bei >Digitrent<«, sagte er, »willkommen in der Welt der Elektro-Mobilität! Das hier ist das Bürogebäude. Mein Büro«, er zeigte nach oben, »ist dort, auf der linken Seite. Rechts daneben ist die Halle mit den Geräten und der Technik. Und der Rest«, er machte eine kreisförmige Bewegung mit der Hand, »ist unser Testgelände. Alles, was innerhalb des Zaunes liegt. Vielleicht gibt es ja einmal eine Möglichkeit für euch, bei einem unserer Tests zuzuschauen, das ist meistens recht spannend. Aber jetzt schaut euch einfach mal um. Wenn ihr in die Halle geht, meldet euch bei Herrn Mayerbach. Er ist der technische Leiter. Wir sehen uns später.«

Nach diesen Worten verschwand er im Bürogebäude.

»Dein Papa ist echt cool«, meinte Paula.

»Ja, ich weiß, ich könnte mir keinen besseren vorstellen. Komm, lass uns in die Halle gehen!«

»Gute Idee, auf zu den Maschinen!«

Die Kinder betraten das Gebäude und waren erstaunt, wie riesig die Halle von innen wirkte. Gleich rechts, ein paar Meter von der Tür entfernt, befand sich ein Büro mit Glaswänden, durch die man ins Innere blicken konnte. Ein Mann saß an einem Schreibtisch und telefonierte. Als er die Kinder entdeckte, legte er auf und kam aus seinem Büro heraus. Mit einem freundlichen Lächeln ging er auf sie zu, ergriff Lukis Hand und schüttelte sie.

»Hallo«, sagte er, »du musst Luki sein, der Sohn vom Chef. Dein Papa hat gerade angerufen und mir gesagt, dass ihr bei mir vorbeikommt.«

Luki freute sich über die freundliche Begrüßung.

»Ja, ich bin Luki und das ist meine Freundin Paula.«

»Und ich bin Jens Mayerbach und freue mich, euch kennenzulernen!« Herr Mayerbach schüttelte nun auch Paula kräftig die Hand.

»Ich freu mich auch«, sagte diese.

Jens Mayerbach war ein Mann um die vierzig, etwas dicklich, aber auch recht groß. Er hatte ein freundliches Gesicht und wirkte sehr sympathisch.

»Nun, Kinder, ein bisschen Zeit habe ich«, meinte er. »Was interessiert euch denn? Ich kann euch ein wenig herumführen.«

»Das wäre toll. Was wird denn in dieser Halle gemacht?«, fragte Paula.

»Ihr wisst sicher, dass >Digitrent< sich mit elektrischen Antrieben beschäftigt«, begann Jens Mayerbach mit seinen Erklärungen, »und zwar für Fahrzeuge aller Art. Das ist einer unserer Hauptbereiche. Wobei die Antriebe selbst eigentlich schon total ausgefeilt sind, da läuft ziemlich alles super. Mit Elektromotoren kann man heutzutage eigentlich alles antreiben. Das Problem liegt nach wie vor hauptsächlich bei der Stromquelle. Seit Jahren arbeiten wir an einer Verbesserung der Akkus. Sie müssen leistungsfähiger sein, kleiner und leichter, und vor allem auch billiger. Die Reichweite eines E-Autos ist im Vergleich zu seinen Brüdern mit Benzin- oder Dieselmotoren noch immer zu gering, durchschnittlich dreihundert Kilometer sind einfach zu wenig. Die Speicherung von genug elektrischer Energie ist also noch immer das Hauptproblem.«

Während Herr Mayerbach erklärte, waren sie weiter durch die Halle gegangen. Sie kamen in einen Bereich, in dem hunderte von Akkus in verschiedenen Größen lagerten, die so ähnlich wie Autobatterien aussahen. Auf der einen Seite war dieser Bereich eingerichtet wie ein Labor. An den Tischen saßen Angestellte in weißen Mänteln vor ihren Computern oder vor irgendwelchen Apparaturen. Sie wirkten alle sehr beschäftigt.

»Seht ihr«, Herr Mayerbach deutete auf die Leute, »hier sind alle mit dem Forschen, Entwickeln und Ausprobieren beschäftigt. Aber irgendwann wird der große Durchbruch kommen. Darauf warten alle.«

Sie erreichten eine Glaswand. Eine automatische Tür öffnete ihnen den Weg auf die andere Seite.

»Hier sind wir nun im anderen Teil unserer Halle, der ist für euch sicher noch interessanter. Der zweite große Bereich unserer Firma ist die Robotertechnik und alles, was dazu gehört, von den Sensoren bis hin zu den selbstfahrenden Autos.«

Fasziniert begutachteten die Kinder die vielen hier umherstehenden Dinge. Sie sahen kleine und große Roboter, die sich hin- und herbewegten und verschiedene Aufgaben erfüllten. Sie sahen einen kleinen Gabelstapler, der ein Regal mit Waren auffüllte, ohne dass ein Fahrer auf ihm saß. Ähnliche Dinge machten ein Kran und ein Bagger, natürlich auch führerlos.

»Schau mal dort!«, sagte Paula und zupfte Luki am Ärmel. Sie zeigte auf eine Fläche von ungefähr vier mal vier Meter, die hergerichtet war wie ein Verkehrsgarten. Es war eine Art Miniaturstadt mit Straßen, Gassen und Plätzen. Es gab Autos, Lkws, einspurige Fahrzeuge, Straßenbahnen, Züge und Busse. Viele bewegten sich auf den Straßen. Da waren Ampeln, die schalteten, Eisenbahnschranken, die sich öffneten und schlossen, und sogar kleine Polizisten, die den Verkehr regelten.

Die Kinder waren begeistert.

»Cool«, meinte Luki.

Herr Mayerbach lächelte. »Ja, das ist mein liebstes Spielzeug hier. Da hab ich beim Aufbauen selbst mitgeholfen. Hab mich dabei gefühlt wie in meiner Kindheit.«

»Dass das alles so reibungslos abläuft, und so vieles gleichzeitig«, staunte Paula.

»Ja, das muss es ja«, meinte Jens Mayerbach, »aber das allein wäre ja nichts Besonderes. Solche Dinge gibt es ja schon lange, denkt nur an die Modelleisenbahnen. Aber unser Verkehrsgarten, wir nennen es übrigens Automatisiertes Verkehrsgelände<, ist natürlich um einen Riesenschritt weiter. Ich werde euch zeigen, was ich damit meine. Greift mal in das Geschehen ein!«

»Was sollen wir?«, fragte Paula.

»Wie meinen Sie das?«, wollte Luki wissen.

»Nun, so, wie ich es sage. Greift ein! Nehmt zum Beispiel eine der Figuren und stellt sie irgendwo auf die Straße, ein Kind vielleicht. Passiert ja in der Wirklichkeit auch immer wieder, dass ein Kind, ohne zu schauen, auf die Straße rennt.«

»Okay.« Luki ergriff eine Kinderfigur. Er überlegte kurz und stellte sie dann auf eine nicht sehr stark befahrene Nebenstraße. Ein paar Sekunden später kam ein Auto zu der Stelle, auf der jetzt die Kinderfigur stand. Es hielt sofort an, die Fahrzeuge dahinter ebenfalls, und binnen kurzer Zeit entstand ein großer Stau.

»Seht ihr«, erklärte Herr Mayerbach, »es geht nicht nur darum, dass sich alle Teilnehmer in unserem Verkehrsgarten bewegen und ihr Programm abfahren, sondern sie müssen alle auf unvorhersehbare Ereignisse reagieren können, darauf kommt es an. Eben so wie im wirklichen Leben. Und dafür sind zunächst einmal tausende von Sensoren nötig.«

»Was sind Sensoren?«, fragte Paula.

»Ein Sensor ist ein elektronisches Bauteil, das wie ein Auge oder Ohr oder ein anderes Sinnesorgan arbeitet. Genau so, wie wir reagieren, wenn wir eine herannahende Gefahr sehen, hören oder spüren, erkennt der Sensor diese Gefahr und startet dann eine Abfolge von Aktivitäten. Greift nochmals in das Geschehen ein. Legt das Kind diesmal aber so knapp vor ein kommendes Auto, dass es keine Chance mehr hat, rechtzeitig zum Stillstand zu kommen!«

»Mach du das jetzt!«, sagte Luki zu Paula.

Sie packte eine Kinderfigur und schaute sich im Verkehrsgarten um. Dann ging sie zu einer Straße, auf der viele Fahrzeuge unterwegs waren, und warf die Figur blitzschnell knapp vor einen herankommenden Wagen. Dieser wurde sofort langsamer und versuchte auszuweichen, kollidierte aber, da die Zeit zu kurz war, dennoch mit dem Kind. Alles war wie vorher, es entstand ein Stau, doch während dieser sich noch bildete, hörte man auf einmal Sirenen heulen. Aus einem Gebäude kam ein Rettungsbus, aus einem anderen ein Polizeiauto gefahren. Die Fahrzeuge, die sich auf der Strecke zwischen dem Unfallort und den Einsatzfahrzeugen befanden, machten alle Platz für diese. Die Rettung blieb neben dem am Boden liegenden Kind stehen, kleine Roboter luden das Kind auf eine Trage und schoben diese in den Bus. Die Roboter, die inzwischen aus dem Polizeiauto gestiegen waren, sicherten die Unfallstelle ab. Nachdem das Kind eingeladen war, stiegen die Rettungsleute wie im wirklichen Leben wieder in ihren Bus und fuhren mit Blaulicht zu einem anderen Teil der aufgebauten Stadt, wo ein Krankenhaus zu sehen war.

Die Kinder schauten sprachlos zu.

»Wow«, sagte Luki schließlich.

»Unglaublich«, meinte Paula und schüttelte den Kopf.

»Ja, um das geht es«, bekräftigte Herr Mayerbach, »Automatisierung total. Motoren anstelle von Armen, Beinen und Gelenken. Sensoren anstelle von Sinnesorganen. Und immer mehr auch künstliche Intelligenz anstatt unserer menschlichen Gehirne. Willkommen im digitalen Zeitalter!«

Sie schwiegen eine Weile.

»Ja, faszinierend ist das schon«, sagte Luki langsam, »und auch spannend. Aber ob das gut ist für die Menschen? Irgendwann übernehmen die Maschinen komplett die Kontrolle.«

»Das ist doch auch jetzt schon so«, wandte Paula ein. »Ich kenne einige, bei denen das Handy ihr Leben kontrolliert, zumindest einen Großteil ihrer Zeit.«

»Ja, ich auch«, meinte Luki, »Sofia zum Beispiel.« Er grinste, wurde dann aber wieder ernst. »Wenn es wirklich so weit kommt, dass die meisten Arbeiten von Maschinen erledigt werden können, dann wird es viel weniger Jobs geben. Was werden die vielen Menschen tun, die dann keinen mehr haben?«

»Es werden die Superschlauen sein, die viel Arbeit haben«, meinte Paula nachdenklich. »Sie werden die Maschinen erfinden, sie programmieren, sie weiterentwickeln und sie vielleicht reparieren. Und sie werden Millionäre werden. Aber die übrigen ...«

»Da hast du wohl recht«, sagte Herr Mayerbach, »aber das ist doch auch jetzt schon so, dass die meisten mit dem Fortschritt bei technischen Dingen nicht mehr mithalten können. Jeder hat so ein Ding«, er klopfte mit dem Finger auf sein Handy, »zumindest fast jeder. Man benutzt es, die Jüngeren mehr, die Älteren weniger. Aber wer weiß schon, wie es funktioniert? Was sich wirklich abspielt in diesem kleinen, flachen Wunderding? Nur ganz wenige, wie du richtig sagst, Paula, die Superschlauen.« Er machte eine Pause. »Aber ihr braucht keine Angst zu haben, so schnell wird die totale Automatisierung nicht kommen.«

»Warum nicht?«, fragte Luki. »Euer vollautomatischer Verkehrsgarten zeigt doch, dass es möglich ist.«

»Ja«, erklärte Herr Mayerbach, »technisch machbar ist fast alles schon. Bleiben wir beim Verkehr. Wir haben draußen ein Versuchsgelände, auf dem selbstfahrende Autos und andere Dinge getestet werden. So was wie das hier im Großformat. Ihr müsst mal kommen, wenn solch ein Test durchgeführt wird. Ist hochinteressant. Rein technisch wäre es möglich, dass in ein paar Jahren jedes Fahrzeug ohne Lenker herumkurvt.«

»Wo ist dann das Problem?«, fragte Paula.

»Das Ganze hat ja auch noch eine politische Seite. Es müssen Gesetze gemacht werden, damit das alles erlaubt ist. Das dauert sicher noch Jahre.«

In diesem Moment begann Lukis Handy, das >Halleluja< zu spielen. Er drückte die grüne Taste.

»Hi Luki«, hörte er die Stimme seines Vaters, »ich bin hier fertig. Wir können zum Tierarzt zurückfahren.«

»Wir sind in der Halle«, antwortete er, »wir kommen gleich zum Auto hinaus.« Er legte auf. »Das war Papa«, sagte er zu den anderen, »wir müssen wieder los. Danke vielmals, Herr Mayerbach, wir kommen sicher wieder.«

»Vielen, vielen Dank!« Paula schüttelte dem Bereichsleiter die Hand. »Sagen Sie mal, wäre es nicht möglich, einmal mit der ganzen Schulklasse zu Ihnen zu kommen? Das wäre sicher voll interessant.«

»Ja, so was könnten wir schon machen. Meldet euch einfach, wenn die Schule wieder begonnen hat. Aber bis dahin ist ja noch lang Zeit. Ihr könnt noch viele Wochen eure Ferien genießen.« Er lächelte. »Übrigens, ich habe eine Tochter in eurem Alter. Sie beginnt im Herbst mit dem Gymnasium. Vielleicht seid ihr ja dann in einer Klasse. Sie heißt Corinna.«

»Ja, das wäre nett«, sagte Luki, »danke nochmals. Komm jetzt, Paula, wir müssen!«

Die beiden Kinder liefen zurück zum Parkplatz, wo Antonio schon wartete.

»Da seid ihr ja«, sagte er, »na, wie war’s?«

»Super!«, sagten die beiden zugleich.

»Es war echt hochinteressant«, meinte Luki.

»Herr Mayerbach ist toll«, ergänzte Paula, »wir haben gar nicht bemerkt, wie schnell die Zeit vergangen ist.«

Antonio blickte auf die Uhr. »Ja, ist schon über eine Stunde her, seit wir beim Tierarzt losgefahren sind. Jetzt müssten sie eigentlich bald fertig sein. Oder habt ihr schon was gehört?«

Paula schüttelte den Kopf.

»Na, dann los!«

Sie stiegen ins Auto und Antonio wendete. Herr Einstein sah sie kommen und öffnete das Tor. Paula kurbelte die Scheibe herunter und winkte.

»Tschüss Herbert«, rief sie, »bis zum nächsten Mal!« Herr Einstein winkte zurück.

Ein paar Minuten später betraten sie wieder das Wartezimmer der Tierarztpraxis. Max saß auf einem Sessel und las in einer Zeitschrift, Sebastian stand am Fenster und schaute hinaus.

»Hi«, sagte Luki, »wisst ihr schon was?«

Sebastian drehte sich um. »Nicht wirklich, aber die Assistentin war vor Kurzem hier und sagte mir, ich solle mir keine Sorgen machen, Bosco kommt durch.«

»Gott sei Dank!« Paula ging zu ihm und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Ich hab dir ja gesagt, dass alles gut wird.«

Sebastian nickte dankbar. Dann zeigte er mit dem Finger auf Paulas Shirt. »Coole Karte!«

Paula sah an sich herunter. »Oh, der Besucherausweis! Hätten wir eigentlich zurückgeben müssen. Na egal, dann eben beim nächsten Mal.«

Luki setzte sich auf den Stuhl neben Max. Der legte die Zeitschrift weg und sagte zu ihm: »Was für eine Aufregung! So was brauch ich nicht jeden Tag.«

»Nein«, entgegnete Luki, »nichts für jeden Tag. Aber Sebastian hat sich wieder beruhigt.«

»Ja, er weiß, dass sein Hund nicht sterben wird.«

»Ich muss wohl auch ein bisschen runterkommen. Werde noch ein bisschen Gitarre spielen am Abend«, sagte Luki, mehr zu sich selbst.

Max hatte es dennoch gehört. »Hey, du spielst Gitarre?«

»Ja, schon seit vier Jahren. Manchmal singe ich auch.«

»Ist ja cool! Ich spiele Schlagzeug. Wir haben eine Kindermusikgruppe in Siebenwald, vielleicht magst du mal zu einer Probe kommen und dir das anhören?«

»Wäre nicht schlecht. Wenn es für euren Bandleader okay ist?«

»Aber sicher. David ist cool.«

»David heißt er? Noch jung oder schon älter?«

»David? Er ist schon älter. Er ist ...«, Max musste lachen, »... ein in die Jahre gekommener, grauhaariger Schlagersänger. Aber er ist super. Und ein guter Musiker. Er kann uns gut motivieren. Es macht Spaß, bei SSS dabei zu sein.«

»SSS?«

»Siebenwalder Super-Sound. Klingt doch gut, oder?«

»Coole Abkürzung. Und was spielt ihr so?«

»Eigentlich einen ziemlichen Mischmasch. Lieder von vielen Musikrichtungen. Angefangen hat es mit rhythmischen Gottesdiensten. Inzwischen spielen wir aber auch Volksmusik, Schlager, Popsongs und sogar rockige Nummern.«

»Sehr vielseitig.« Luki nickte anerkennend. »Klingt gut. Ich werde sicher mal vorbeikommen.«

»Ja, tu das, würde mich freuen. Übrigens sind alle, die heute bei der Suche geholfen haben, auch dabei.«

Die Tür zum Behandlungsraum öffnete sich und Dr. Edler trat heraus, gefolgt von seiner Assistentin. Alle versammelten sich um ihn.

»Nun«, begann er, »zunächst einmal die gute Nachricht: Dem Hund geht es, den Umständen entsprechend, gut.«

Ein lauter Seufzer der Erleichterung kam von Sebastian. »Danke«, sagte er, »danke, danke!«

Der Doktor nahm seine Brille ab und putzte sie umständlich.

»Aber es war knapp«, sprach er weiter, »sehr knapp. Bosco hat sich bei einem Sprung über den Stacheldraht den Bauch aufgerissen, die Wunde ist recht lang und auch tief. An sich nicht so gefährlich, aber er hat viel Blut verloren und war dadurch schnell zu schwach, um noch weiterzulaufen. Durch das Liegen war der Riss zwar eher geschlossen, trotzdem ist immer weiter Blut herausgesickert, und ein großer Blutverlust ist lebensgefährlich.« Er machte wieder eine Pause. »Und jetzt will ich euch eines sagen«, fuhr er fort, »ihr alle, ihr wart großartig! Ihr könnt stolz auf euch sein, denn ihr habt genau das Richtige getan, schnell und doch mit Übersicht gehandelt, und habt Bosco damit sicher das Leben gerettet. Viel länger hätte er nicht mehr durchgehalten, und ohne eure Hilfe wäre er auf dem Hügel verblutet. Als Tierarzt kann ich sagen, dass ich stolz auf euch bin. Wirklich eine tolle Leistung!«

Die vier Kinder hatten dem Doktor zugehört und sagten nichts. Sie standen nebeneinander, und wie auf Kommando legten sie sich gegenseitig die Arme auf die Schultern.

»Und auch Ihnen ein Danke«, sagte Dr. Edler, »Herr...«

»Luna«, sagte Lukis Vater, »Antonio Luna. Wir sind vor ein paar Tagen nach Siebenwald gezogen. Ich arbeite bei >Digitrent<, hier in Klerstadt.«

»Dann herzlich willkommen, Herr Luna«, sprach der Arzt, »Leute, die anpacken können, werden hier immer gebraucht.«

»Mein Papa ist der Chef hier bei >Digitrent<«, fügte Luki stolz hinzu. »Aber anpacken kann er trotzdem.«

»Na dann«, lächelte der Doktor.

Antonio winkte ab. »Non e cosi importante«, sagte er zu Luki.

»Was hat er gesagt?«, flüsterte Paula in Lukis Ohr.

»Dass das nicht so wichtig ist«, flüsterte er zurück.

»Ach ja, dass ich es nicht vergesse«, sprach Dr. Edler, »der Hund ist zwar über den Berg, wir wollen ihn aber zur Sicherheit über Nacht hier behalten.« Er wandte sich zu Sebastian. »Du kannst ganz beruhigt sein, ich wohne gleich nebenan und werde in der Nacht immer wieder nach ihm schauen. Ihr könnt ihn dann morgen abholen und nach Hause mitnehmen.«

Dankbar drückte Sebastian Dr. Edlers Hand.

»Wir schauen gut auf ihn«, sagte auch die Assistentin.

»Na, dann wollen wir mal«, sprach Antonio, »alle in den Wagen, Take-off nach Siebenwald in wenigen Minuten!«

Sie verabschiedeten sich vom Tierarzt und seiner Assistentin und stiegen in den Wagen. Antonio startete und fuhr langsam und gemütlich nach Siebenwald zurück. Alle hatten den Kopf voll von den vielen Erlebnissen des Tages, und so sprach eine ganze Weile niemand ein Wort.

»Vergesst nicht, uns Bescheid zu sagen, wie es Bosco in den nächsten Tagen geht«, sagte Luki, als sein Vater vor dem Haus der beiden Brüder hielt.

»Klar, machen wir, Ehrensache«, versprachen Max und Sebastian beim Aussteigen.

»Du hast mir noch gar nichts von SSS erzählt«, sagte Luki etwas später zu Paula.

»Stimmt«, entgegnete sie und kratzte sich am Kopf, »aber es gab so viel Action, da hab ich gar nicht daran gedacht. Woher weißt du von der Band?«

»Max hat mir davon erzählt.«

»Ah ja. Max ist unser Schlagzeuger. Dann gibt es noch zwei Keyboards, eine Gitarre, eine Bläsergruppe und ein paar, die singen, so wie Leonie und ich.«

»Was für Bläser?«

»Eine Trompete, eine Klarinette und zwei Querflöten.«

»Echt cool. Wäre sicher lustig, da mitzumachen.«

»Ja, das wäre super. Da könnten wir gemeinsam dabei sein. David, das ist der Leiter der Gruppe, ist im Moment im Ausland. Aber sobald er wieder da ist, werden wir ihn besuchen. Er ist ein cooler Typ.«

»Braucht ihr überhaupt noch eine Gitarre? Da gibt’s doch schon wen, oder?«

»Ja, Jana spielt Gitarre. Aber bei manchen Liedern spielt David mit einer zweiten dazu, überhaupt, wenn es ein Solo gibt in einem Stück. Bist du gut?«

»Sicher. Ich bin supergut.« Luki klopfte sich auf die Brust. Dann lachte er. »Blödsinn, war nur Spaß. Aber es geht so. Und mir macht es Freude.«

Paula lachte auch. »Na, vielleicht wirst du ja mal ein zweiter Mark Knopfler. Da wirst du wahrscheinlich noch viel üben müssen.«

»Das kannst du wohl laut sagen. Aber da sehe ich nicht sehr viele Chancen. Mark Knopfler kann solosingen und solospielen, und das gleichzeitig. Das musst du erst einmal bringen. Woher kennst du ihn überhaupt?«

»Mein Papa hat eine riesengroße Sammlung von alten Schallplatten, hauptsächlich Rockmusik. Und da ist er auch dabei. Gute Musik, hör ich gern.«

Luki schaute Paula an. »Wird sicher Spaß machen, mit dir Musik zu hören. Und natürlich auch, mit dir gemeinsam zu musizieren. Hoffentlich kann ich dabei sein bei eurer Band.«

»Ach, das wird schon klappen.«

»Wir sind da!«, sagte Antonio und fuhr den Wagen in die Garage.

»Kommst du noch mit rein?«, fragte Luki.

»Heute nicht mehr«, antwortete Paula, »Mia ist ja noch da und ich hab ihr versprochen, dass wir wieder einen Schwestern-Abend machen.«

»Na, dann bis morgen!« Luki ging hinauf in die Küche.

»Da kommt ja unser Held!«, rief seine Mutter und klopfte ihm auf die Schulter.

»Ja, ja, mein kleiner Bruder, der Superhero«, neckte ihn Sofia, die am Tisch saß und aß, »kaum ein paar Tage da, und schon wird er zum Hunde-Retter. Bravissimo!«

Luki grinste. »Da kannst du natürlich nicht mithalten.«

Gabi schaute Luki an. »Du siehst ein bisschen müde aus. Was ist das überhaupt für ein T-Shirt, das du da anhast?«

»Meines habe ich für den Hund gebraucht, als Verband, weißt du. Das da hat mir die Assistentin vom Tierarzt gegeben. Ich weiß nicht, ob meines noch zu gebrauchen ist.«

»Ach, das ist ja egal, war doch für einen guten Zweck. Ist sonst alles okay?«

»Ja, mir geht’s gut, Mama. Aber du hast recht, ich bin müde. War ein bisschen heftig heute, das alles.«

»Ich weiß. Dein Vater hat mich angerufen und mir das Wichtigste erzählt. Ihr wart toll, ihr alle.«

»Es war ein gutes Teamwork, sonst hätten wir es nicht geschafft. Und Bosco hätte nicht überlebt. Das wäre für Sebastian ganz schlimm gewesen.«

»Schade, dass ich nicht dabei war«, sagte Sofia.

»Das nächste Mal vielleicht. Ich geh rauf.«

Oben in seinem Zimmer holte Luki die Gitarre aus dem Koffer und spielte ein paar Lieder. Dann fielen ihm die Augen zu.

Luki Luna

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