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Kapitel 8

Tag 2

Koblenz-Karthause, 08:00 Uhr

In Ermangelung anderer Ermittlungsansätze hatte Auer sich entschlossen, das Team zu begleiten, das die Villa des Opfers durchsuchen sollte.

Coco freute sich darüber, denn sie arbeitete am liebsten mit Ulf Auer zusammen. Duben, Harry und Fisch waren in Ordnung, aber sie waren einfach Kollegen, mit denen man zusammenarbeitete und vielleicht auch mal nach getaner Arbeit ein Bier trinken ging. Na ja, zumindest Duben war vielleicht sogar so was wie ein Freund. Aber mit Ulf Auer war das eine andere Sache. Sie mochte ihn, bewunderte ihn seit ihrer Zusammenarbeit vor nun etwas mehr als einem Jahr und wollte von ihm lernen.

Er war ihr Vorbild und ihr Mentor. Sie hing an seinen Lippen, kopierte seine Handlungen und wünschte sich nichts mehr, als einmal ein so guter Ermittler wie er zu werden.

Die MK hatte sich etwas früher als gewöhnlich, also schon um 7 Uhr 30, in den Diensträumen getroffen, die Aufteilung festgelegt, und schon kurz darauf hatten sich Coco, Auer und Duben auf den Weg in den Stadtteil Karthause gemacht. Da die Schlüssel zur Villa bei der Leiche gefunden worden waren, gab es keinen Grund, einen Schlüsseldienst zu verständigen.

Fisch und Harry sollten sich um die Ermittlungen zu den Terminen des Opfers kümmern, die noch aus einem mit Passwort gesicherten und bei der Werbeagentur sichergestellten Rechner extrahiert werden mussten. Des Weiteren stellte sich die Frage, wo sich der Pkw von Raimund Kellermann befand, denn das würde Aufschluss über seinen letzten Aufenthaltsort geben. Laut übereinstimmenden Angaben der Beschäftigten war Kellermann in der Agentur zuletzt gesehen worden, bevor er sich auf den Weg ins Fitnessstudio gemacht hatte. Auch dort musste überprüft werden, wann er das Studio verlassen hatte ... wenn denn jemand dazu eine Aussage machen konnte.

Auer hatte sich entschlossen, zuerst eine grobe Durchsicht des Hauses durch sie drei vorzunehmen, bevor er die Spurensicherung beauftragte, durch dieses Haus zu gehen. Als eigentlicher Tatort des Mordes stand die Schießanlage „Lasertag“ schon fest, es war lediglich noch die Frage, von wo das spätere Opfer entführt worden war. Sollte sein Fahrzeug im Innenstadtbereich gefunden werden, schied die Villa als Entführungsort eigentlich aus. Das bedeutete, dass der Einsatz der Spurensicherung in einer so großen Villa maßlos übertrieben gewesen wäre.

Es sei denn, sie fänden in der Villa Spuren, die auf einen Kampf, einen Streit oder eine gewaltsame Entführung hindeuteten.

Coco empfand es als richtig, die Ressourcen der Spurensicherung zu schonen, denn diese Truppe hatte wahrlich genug Arbeit.

„Wir teilen uns für den Anfang auf, und jeder übernimmt ein anderes Stockwerk. Coco, sei du bitte so gut und sieh dich im Kellergeschoss um, Gerd, du nimmst das Obergeschoss, und ich sehe mich hier im Erdgeschoss um.“

Duben sah ihn misstrauisch an. „Willst du Treppen vermeiden?“

Auer lachte trocken auf. „Nein, du Schlaumeier, ich möchte so schnell wie möglich am Fundort irgendwelcher Hinweise sein, und das geht am besten aus der Mitte. Und wenn einer von euch was findet, Coco im Keller oder du oben, dann muss ich die Treppen ja eh laufen, oder?“

Duben sah ihn verdutzt an, und Coco musste herzlich lachen über diesen pragmatischen Ansatz, der allerdings einer gewissen Logik nicht entbehrte. Sie fragte sich nur, ob Ulf sich das gerade erst ausgedacht hatte oder es wirklich von Anfang an sein Plan gewesen war.

Dieser Mann ist manchmal einfach undurchschaubar.

Kopfschüttelnd zog sie die Handschuhe über und begab sich in den Keller. Die frei stehende Villa hatte eine Grundfläche von etwa hundertzwanzig Quadratmetern, was eine Gesamtwohnfläche von circa dreihundertsechzig Quadratmetern bedeutete, und dabei war das Dachgeschoss mit vermutlich einigen Abstellmöglichkeiten unter dem Walmdach nicht mitgezählt.

Als Erstes versuchte sie, sich einen Überblick über die einzelnen Räume des Kellers zu verschaffen, bevor sie sich entscheiden wollte, mit welchem Raum sie beginnen würde. Direkt nach dem Treppenabgang befand sich linker Hand der Zugang zu einer Garage, die bis auf einen Stapel Winterreifen an einer Seite des Raumes leer war. Das nächste Zimmer beinhaltete eine kleine Sauna, eine Dusche, zwei Saunaliegen und eine Sonnenbank.

Coco musste grinsen. Wenn das so weiterging, war sie mit ihrem Teil der Durchsuchung relativ schnell fertig. Ihr Grinsen verstärkte sich, als sie im nächsten Raum zwei große Regale mit Lebensmitteln und Dingen des täglichen Bedarfs wie Toilettenpapier, Küchenrollen, Reinigungsutensilien und ähnliche Dinge fand. Sie hakte den Raum als Vorratskammer ab.

Das Grinsen verging ihr, als sie den nächsten, von einem kleinen Flur abgehenden Raum betrat. Bei diesem Zimmer handelte es sich ganz offensichtlich um ein Büro, das nicht nur einen großen Schreibtisch, Computer und Monitor, sondern auch an drei Wänden Regale mit umfangreichen Aktenordnern aufwies. Seufzend schloss sie die Tür wieder und setzte ihre oberflächliche Inspektionstour fort.

Nachdem sie aber lediglich noch einen Heizungskeller, eine Waschküche und eine kleine Rumpelkammer vorfand, begab sie sich wieder zurück in das Büro und begann die mühevolle Arbeit, den Schreibtisch und die Akten zu sichten.

Ganz in das Aktenstudium vertieft, hatte sie nicht bemerkt, dass jemand das Kellerbüro betrat, und ließ erschrocken den Ordner fallen, als hinter ihr eine Stimme ertönte.

„Ich dachte, du wolltest mich rufen, wenn es etwas Interessantes zu sehen gäbe?“

Coco atmete pustend aus. „Boah, hast du mich erschreckt. Mensch, Ulf, wie kannst du dich so anschleichen?“

Sie hatte sich umgedreht und funkelte Auer böse an. Der machte ein schuldbewusstes Gesicht, aber sie konnte erkennen, dass es ihm nicht wirklich leidtat. Er schien zu überlegen, was er ihr sagen sollte. Coco winkte ab und lächelte wieder.

„Okay, selbst schuld. Vielleicht hätte ich tatsächlich sofort Bescheid sagen sollen, als ich das Büro entdeckt habe. Aber vielleicht klopfst du das nächste Mal an, bevor du einen Raum betrittst, in dem sich eine schreckhafte Kollegin aufhält.“

Jetzt war es an Auer, zu lächeln. „Das ist eher unwahrscheinlich, aber egal, sorry, dass ich dich erschreckt habe. Und, hast du was Interessantes gefunden?“

„Das würde mich aber auch interessieren“, erklang die Stimme von Gerd Duben von der Tür.

Diesmal zuckte Auer erschrocken zusammen, und Coco musste laut lachen.

„Wir sind wohl alle ein wenig schreckhaft heute, was? Leute ... das ist doch kein Geisterhaus hier. Da wir nun alle hier sind, gehe ich davon aus, dass ihr beide in den oberen Stockwerken nichts gefunden habt. Wenn wir hier überhaupt etwas finden, dann sind es höchstens Unterlagen, die uns etwas über das Leben des Opfers sagen. An den Computer kam ich nicht ran, der ist mit einem Passwort geschützt. Da muss Fisch mal schauen, ob er das knacken kann. Aber ich habe unter all den Akten bisher lediglich eine gefunden, die uns zumindest einen Schritt weiterhilft.“

Sie sah, dass sie nun die volle Aufmerksamkeit von Duben und Auer hatte.

„Es handelt sich um einen Abrechnungsordner für seine Krankenkasse, und aus den Rechnungen ist ...“, sie musste sich zurückhalten, um nicht laut „Tataa“ zu rufen, „... der Name des Arztes ersichtlich, bei dem er in psychotherapeutischer Behandlung war.“

„Und das ist ...?“, fragte Duben ungeduldig.

„Ein gewisser“, sie blickte noch einmal in die Akte, die sie inzwischen wieder vom Boden aufgehoben hatte, „Doktor Heribert Rossbacher, ein Koblenzer Psychotherapeut.“

„Aha, na, dann haben wir ja jemanden, bei dem wir mal nachhaken können, woran unser Opfer gelitten hat und ob er vielleicht seinem Therapeuten etwas über andere Probleme erzählt hat.“

Coco hatte den letzten Teil von Dubens Aussage nicht mehr gehört, denn ihre Aufmerksamkeit war voll auf Auer gerichtet. Ihr war die dramatische Veränderung nicht entgangen, die mit ihm vor sich gegangen war, seit sie den Namen des Psychotherapeuten genannt hatte.

Sämtliche Farbe war aus seinem Gesicht gewichen, sein Mund stand offen, und er starrte ins Leere. Er war so geschockt, wie sie es noch nie bei ihm gesehen hatte.

Zwang zu töten

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