Читать книгу Vergabe öffentlicher Aufträge - Dieter B. Schütte - Страница 16

8.Beurteilungsspielraum und Ermessen

Оглавление

Dem Auftraggeber stehen in allen Phasen des Verfahrens eine Vielzahl von Entscheidungsspielräumen zu. Nach herrschender Meinung wird zwischen Beurteilungsspielräumen bei der Bewertung von Tatbestandsvoraussetzungen und Ermessensspielräumen bei der Auswahl der Rechtsfolgen unterschieden.26 Die Ausfüllung eines Beurteilungsspielraumes ist gerichtlich nur daraufhin nachprüfbar, ob sich der Auftraggeber an die gesetzlich vorgegebenen oder selbst bekannt gemachten Entscheidungskriterien gehalten hat, ob er von einer zutreffenden und vollständigen Ermittlung der für die Beurteilung maßgeblichen Tatsachen ausgegangen ist und ob er den ihm eingeräumten Entscheidungsspielraum in vertretbarer, sachbezogener und nicht willkürlicher Weise genutzt hat. Hierzu zählen beispielsweise die Feststellung des Vorliegens eines Ausschlussgrundes oder eines Grundes für die Aufhebung einer Ausschreibung, aber auch die Feststellungen für die Vergabe von Punkten im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsbewertung der Angebote. Bei einem Ermessensspielraum unterliegt die Entscheidung des Auftraggebers der gerichtlichen Nachprüfung nur insoweit, dass der Auftraggeber deutlich macht, dass er sich bewusst ist, eine Ermessensentscheidung treffen zu müssen, dass er sich mit seiner Entscheidung in den Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens bewegt und dass er seine Entscheidung auf sachbezogene, nicht diskriminierende und nicht willkürliche Erwägungen stützen kann. Die Nachprüfungsinstanz kann, von Ausnahmen einer sog. Ermessensreduzierung auf Null abgesehen, ihr Ermessen nicht an die Stelle des Ermessens des Auftraggebers setzen.27 Das betrifft Fragen wie die Aufteilung eines Auftrags in Lose bzw. die Auswahl und Gewichtung von Zuschlagskriterien28 und die Länge der Zuschlags- und Bindefristen bei der Vorbereitung der Ausschreibung oder den Ausschluss von Angeboten beim Vorliegen von fakultativen Ausschlussgründen, die Eignung der Bieter, die Wahl des wirtschaftlichsten Angebots, die Wertung zugelassener Nebenangebote29. Teilweise ist der Ermessensspielraum stark beschränkt, z. B. bei der Wahl der Verfahrensart. Die Besonderheit des Vergabeverfahrens besteht in der Pflicht des Auftraggebers zur Veröffentlichung seiner Entscheidungsmaßstäbe zum Beginn des Verfahrens, so dass alle Teilnehmer am Vergabeverfahren (und auch eine Nachprüfungsinstanz) in gleicher Weise darüber informiert sind, welche Kriterien für die Beurteilung und die Auswahlentscheidungen maßgeblich sind. Die Auslegung der bekannt gemachten Entscheidungsmaßstäbe erfolgt nach den allgemeinen rechtlichen Regeln für die Auslegung von Willenserklärungen (§§ 133 und 157 BGB), also nach dem objektiven Empfängerhorizont. Das stellt hohe Anforderungen an die Formulierung der Entscheidungskriterien in der jeweiligen Bekanntmachung (Auftragsbekanntmachung oder Vergabeunterlagen).

Vergabe öffentlicher Aufträge

Подняться наверх