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2.Europäisches Recht

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Das europäische Recht bildet den Ausgangspunkt und den Rahmen des nationalen Vergaberechts. Gleich, ob es sich um EU-weit auszuschreibende Beschaffungen oder um nationale Verfahren handelt – stets sind die Rechtsgrundsätze des Gemeinschaftsrechts (Transparenzgebot, fairer Wettbewerb) sowie die Vorschriften des AEUV zu beachten. Daher sollen zunächst die europäischen Grundlagen des Vergaberechts dargestellt werden.

a. Der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union. Der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ist neben dem Vertrag über die Europäische Union (EUV) einer der Gründungsverträge der Europäischen Union (EU). Er ist mit Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon am 1.12.2009 an die Stelle des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag) getreten. Die europäischen Gründungsverträge werden als Primärrecht bezeichnet, da sie die Grundlage für den Erlass weiterer Rechtsnormen (Sekundärrecht) darstellen. Für das Vergaberecht sind neben dem Diskriminierungsverbot (Art. 18 AEUV) in erster Linie die Grundfreiheiten:

• der freie Warenverkehr (Art. 28 ff. AEUV), der das Verbot von Zöllen und Abgaben gleicher Wirkung sowie das Verbot mengenmäßiger Ein- und Ausfuhrbeschränkungen enthält,

• der freie Personenverkehr, insbesondere die Freizügigkeit der Arbeitnehmer (Art. 45 AEUV) und die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV),

• der freie Dienstleistungsverkehr (Art. 56 AEUV) und

• der freie Kapitalverkehr (Art. 63 ff. AEUV).

von Bedeutung. Wesentliches Merkmal aller Grundfreiheiten ist deren unmittelbare Anwendbarkeit, d. h. jeder Unionsbürger kann sich auch ohne eine Umsetzung ins nationale Recht auf sie berufen.

b. Die EU-Vergaberichtlinien. Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft gelten gem. Art. 288 Abs. 3 AEUV in den Mitgliedstaaten nicht unmittelbar; erforderlich ist vielmehr eine Umsetzung in nationales Recht. Dabei verbleibt den Mitgliedstaaten jedoch hinsichtlich der Form und der Mittel ein gewisser Spielraum, um nationale Besonderheiten zu berücksichtigen. Lediglich das Ziel der Richtlinien ist für alle Mitgliedstaaten verbindlich.33

Bis 2004 gab es drei Richtlinien für die Vergabe von Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträgen („klassische Vergaberichtlinien“)34, die sog. Sektorenrichtlinie sowie zwei Rechtsmittelrichtlinien. Mit Inkrafttreten des Legislativpakets am 31.3.2004 wurden die bisherigen Vergaberichtlinien überarbeitet und in der Vergabekoordinierungsrichtlinie35 zusammengefasst. Die Sektorenkoordinierungsrichtlinie36 ist ebenfalls überarbeitet worden. Diese führten u. a. die Nutzung elektronischer Medien, den wettbewerblichen Dialog sowie die Möglichkeit der Berücksichtigung ökologischer und sozialer Kriterien in das Vergaberecht ein.

Hiermit blieb die Entwicklung jedoch keineswegs stehen. Das EU-Parlament hat am 15.1.2014 neue Richtlinien für die öffentliche Auftragsvergabe verabschiedet – zum einen Neufassungen der Vergaberichtlinie (RL 2014/24/EU)37 für klassische Auftragsvergaben und der Richtlinie für Sektorenvergaben (RL 2014/25/EU)38, zum anderen eine neu geschaffene Konzessionsrichtlinie (RL 2014/23/EU).39

Die Vergaberichtlinie enthält Bestimmungen für Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge. Die Schwellenwerte werden von der Kommission alle zwei Jahre überprüft und gem. Art. 6 der Vergaberichtlinie neu festgelegt.

Sie ist – wie die Sektorenrichtlinie – in ihrer Struktur am logischen Ablauf des Vergabeverfahrens orientiert.

Die neue Vergaberichtlinie führt neben bislang der Rechtsprechung überlassenen Themen, wie der In-house-Vergabe und der interkommunalen Zusammenarbeit, u. a. die vergaberechtliche Beurteilung von Vertragsänderungen und einen Vorrang der elektronischen Kommunikationsmittel ins Vergaberecht ein.

Die materiellen Vergaberichtlinien wurden durch zwei Rechtsmittelrichtlinien flankiert: die (eigentliche) Rechtsmittelrichtlinie (RMR)40, die sich auf die Anwendung und Durchführung von Nachprüfungsverfahren im Rahmen öffentlicher Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträge bezieht, sowie die Sektorenrechtsmittelrichtlinie (SRMR)41für den Bereich der Sektoren. Beide Rechtsmittelrichtlinien sind durch die Richtlinie 2007/66/EG42 erneuert worden. So wurden die Vergabestellen verpflichtet, vor Abschluss eines öffentlichen Auftrags eine gewisse Anzahl von Tagen verstreichen zu lassen. Wurde diese sog. Stillhaltefrist nicht eingehalten, schreibt die Richtlinie den nationalen Gerichten unter bestimmten Voraussetzungen vor, einen unterzeichneten Vertrag für unwirksam zu erklären. Ein weiteres Ziel der Richtlinie war die Bekämpfung der freihändigen Vergabe öffentlicher Aufträge („De-facto-Vergabe).

Vergabe öffentlicher Aufträge

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