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Weitere Hersteller aus aller Welt


Die ATR-Endmontagelinie ist in Toulouse unmittelbar neben Airbus angesiedelt.

Weitere Hersteller aus aller Welt Zweifellos sind es vor allem jene wenige bekannte Namen, die wir auf den vorangegangenen Seiten vorgestellt haben, die im Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit als Hersteller von Verkehrsflugzeugen in Erscheinung treten. Dennoch haben sie den Markt keinesfalls für sich allein, auch wenn das Feld der Anbieter in den vergangenen Jahrzehnten deutlich kleiner geworden ist. Was die Stückzahlen und damit auch die Bedeutung angeht, wäre unter den „Sonstigen“ zuallerst zweifellos ATR zu nennen. Das Joint Venture von Leonardo und Airbus Group, 1981 von den beiden Vorgängerunternehmen Aeritalia und Aerospatiale gegründet, stellt ausschließlich Regionalflugzeuge mit Turboprop-Antrieb her – und das äußerst erfolgreich. Mehr als 1.400 ATR 42 und 72 konnten bislang verkauft werden, und nachdem es noch vor wenigen Jahren so aussah, als sollten Turboprop-Flugzeuge allenfalls noch gebraucht an den Mann zu bringen sein, hat sich die Lage angesichts steigender Kerosinpreise inzwischen wieder grundlegend geändert.

Mit der 600er-Serie hat das Herstellerkonsortium die ATR-Turboprops auch technologisch ins 21. Jahrhundert gehievt, so dass die Auslastung der ATR-Produktionseinrichtungen für die nächsten Jahre gesichert scheint.

Konsolidierung in Russland

Davon können die meisten Fertigungswerke auf dem Gebiet der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) nur träumen. Zu Zeiten des Kalten Krieges, als sich den staatlichen Fluggesellschaften der sozialistischen Länder der Kauf westlichen Fluggeräts schon aus Prinzip verbot, konnten sich die traditionsreichen sowjetischen Hersteller wie Antonow, Iljuschin, Jakowlew oder Tupolew über mangelnde Nachfrage nicht beklagen. Zwar waren die meisten der von ihnen hergestellten Flugzeuge nach westlichen Maßstäben wahre Spritfresser und in der Regel alles andere als komfortabel, doch mangels Konkurrenz spielte das keine Rolle. Nach dem Zusammenbruch der UdSSR jedoch waren die unzähligen regionalen und nationalen Aeroflot-Nachfolgegesellschaften auf einmal gezwungen, mit spitzem Bleistift zu rechnen, weil sie Flugzeuge und Treibstoff nun zu Weltmarktpreisen einkaufen mussten. Dadurch wurden die heimischen Produkte fast schlagartig uninteressant, zumal Airbus, Boeing und westliche Leasinggesellschaften die Situation natürlich nutzten und günstig gebrauchte Flugzeuge offerierten. Den Iljuschins, Tupolews & Co., denen ebenso schlagartig die Einnahmen fehlten, machte bei der Umstellung auf die neue politische und wirtschaftliche Situation zusätzlich zu schaffen, dass ihre Konstruktionsbüros in Kiew (Antonow) oder Moskau (alle übrigen) saßen, während die Endmontagewerke aus politischen und militärischen Gründen kreuz und quer über die Sowjetunion verteilt worden waren – und damit auf einmal womöglich jenseits der Landesgrenzen lagen.

Während Airbus und Boeing zusammen jährlich 1.000 und mehr neue Jets ausliefern, bringen es die Hersteller aus der nicht mehr existierenden UdSSR gemeinsam vielleicht auf ein paar Dutzend Exemplare. Schon aus wirtschaftlichen Überlegungen hat daher das Nebeneinander von rund einem halben Dutzend (zivilen und militärischen) Entwurfsbüros allein in Russland und mindestens noch einmal ebenso vielen Fertigungswerken keine Zukunft. Im Februar 2006 erließ der russische Präsident Putin daher ein Dekret zur Gründung der OAK-Holding (United Aircraft Corporation, Vereinigte Flugzeughersteller), in der die Konstruktionsbüros Iljuschin, Irkut, Jakowlew, Mikojan-Gurewitsch (MiG), Suchoj und Tupolew sowie mehrere Fertigungswerke zusammengefasst wurden, wobei die Mehrheit der Anteile in staatlichem Besitz bleiben soll.

Die unter Federführung von Suchoj entwickelte und gebaute neue Regionaljet-Familie Superjet 100, die auch außerhalb ihres Heimatlandes auf Interesse stößt, ist demnach ebenso innerhalb des OAK-Konzerns angesiedelt wie das MC-21-Programm eines Standardrumpf-Mittelstreckenflugzeugs in Konkurrenz zu beziehungsweise als Ablösung von A320 und 737. Auch wenn so mancher bedauern mag, dass auf diese Weise viele traditionelle Herstellernamen verschwinden werden – eine Entwicklung, die Westeuropa und Nordamerika bereits hinter sich haben –, so dürfte der Zusammenschluss der zersplitterten Industrie die einzige Möglichkeit darstellen, das über die Jahrzehnte gesammelte Know-how im Flugzeugbau langfristig zu erhalten.

Kein leichtes Unterfangen

Wie schwer es ist, derartige Fertigkeiten aus dem Nichts aufzubauen, hat sich immer wieder gezeigt. Viele haben es versucht und sind doch zumeist gescheitert – oftmals trotz jahrelanger staatlicher Unterstützung. Die Luftfahrt ist nun einmal eine absolute Hochtechnologie-Branche mit extrem komplexen Entwicklungs-, Zulassungsund Produktionsverfahren. Entsprechend zeit- und geldaufwendig ist es, die erforderlichen Fertigkeiten zu erwerben, zumal die etablierten Konkurrenten natürlich alles daran setzen, die Einstiegsschwelle durch den Einsatz immer neuer Technologien möglichst hoch und die Herausforderer auf diese Weise klein zu halten.

So ist beispielsweise Indonesien mit dem Versuch gescheitert, in Eigenregie einen Regionaljet zu entwickeln, obwohl das Land durch die Lizenzfertigung von MBB-Helikoptern und die Zusammenarbeit mit der spanischen CASA durchaus reichlich Erfahrungen sammeln konnte. Und selbst japanische Unternehmen, die in vielen anderen Branchen bewiesen haben, dass sie nach einer mehr oder weniger langen Lernphase die Wettbewerber das Fürchten lehren können, spielen im Flugzeugbau – bislang – nur als Zulieferer und Programmpartner eine Rolle. Für die sogenannte Systemfähigkeit, also die Fertigkeit, ein komplettes Flugzeugprogramm auf die Beine zu stellen, hat es zumindest im zivilen Geschäft noch nicht gereicht – mit einer Ausnahme: Von der 64-sitzigen YS-11, einem Regionalflugzeug mit Turbopropantrieb, wurden in den 1960er- und 1970er-Jahren rund 180 Exemplare gebaut. Danach beschränkten sich die „Heavies“ (Fuji, Kawasaki und Mitsubishi Heavy Industries) wieder auf ihre Rolle als Lieferant einzelner Baugruppen vor allem für Boeing, aber auch für Bombardier. Das sollte sich mit dem von Mitsubishi entwickelten 70- bis 90-sitzigen Regionaljet MRJ (mittlerweile in „SpaceJet“ umgetauft) ändern, doch bei Drucklegung dieses Buches ließ die eigentlich für 2017 vorgesehene Indienststellung noch immer auf sich warten.

Lizenzfertigung ohne Lizenz

Etwas anders sieht die Situation in China aus. Ab den 1950er-Jahren entstanden dort unzählige staatliche Unternehmen, die schließlich unter dem Dach der China Aviation Industry Corporation (bzw. Aviation Industries of China – AVIC) zusammengefasst wurden und über die Jahrzehnte durchaus Erfahrungen im Flugzeugbau sammeln konnten. Dies geschah zumeist im Rahmen von Lizenzfertigungen ziviler und vor allem militärischer Produkte normalerweise sowjetischen Ursprungs, wobei – wie im Fall der Boeing-707-Kopie Y-10 – notfalls auch ohne entsprechende Erlaubnis nachgebaut wurde. Kooperationen mit westlichen Herstellern verliefen dagegen in der Vergangenheit oftmals enttäuschend. Das mit großen Erwartungen gestartete „Trunkliner“-Programm zur Lizenzfertigung von McDonnell Douglas MD-80 und MD-90 lieferte – vorsichtig ausgedrückt – Flugzeuge, die niemand haben wollte, und das gemeinsam mit Airbus betriebene AE31X-Projekt wurde wieder begraben, bevor es richtig begonnen hatte.

Als Zulieferer für Airbus und Boeing sind chinesische Firmen dagegen mittlerweile begehrte Partner, und die Einrichtung von Endmontagelinien für Embraer ERJ 145 und A320 verdeutlicht, dass das Vertrauen in die Fähigkeiten der dortigen Unternehmen gewachsen ist. Nachdem in jüngster Zeit einige militärische und zivile Programme, beispielsweise die Weiterentwicklung der Antonow AN-24 zur Y-7 und schließlich zur MA60 oder das Zubringerflugzeug Y-12, erfolgreich in Eigenregie realisiert wurden, ist man in China zuversichtlich, nun auch in größerem Maßstab auf dem Zivilmarkt reüssieren zu können. Zwar kommt der Plan, mit der ARJ21 eine eigene Regionaljetfamilie auf den Markt zu bringen, trotz des 2008 erfolgten Jungfernfluges und der – nach vielen Verzögerungen – Ende 2014 erteilten Zulassung nicht so recht voran. Dennoch arbeitet man in China mit dem Standardrumpfflugzeug C919 und – gemeinsam mit Russland – dem Großraum-Langstreckenjet CR929 unverdrossen bereits an den nächsten ambitionierten Vorhaben.


Zu den in der Volksrepublik China gefertigten Verkehrsflugzeugen gehört die Y-7, eine Weiterentwicklung der Antonow AN-24.

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