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KAPITEL ACHT

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20:26 Uhr Eastern Standard Time

Südlich von Canal Street

Chinatown, New York City


„Okay“, bellte Kyle Meiner. „Es geht gleich los. Also hört zu!“

Kyle hockte im hinteren Teil eines großen schwarzen Bullis, während er über die Schlaglöcher und Risse der Straßen raste. Er sah seine Männer an – acht große Jungs auf einem Haufen. Jeder von ihnen war muskelbepackt und man sah ihnen ihre regelmäßigen Fitnessstudio-Besuche an. Hier gab es niemanden, der nicht mindestens 100 Kilo stemmen oder 140 Kilo Squats durchführen konnte. Allesamt nahmen garantiert zumindest Kreatin, manche von ihnen vermutlich auch Steroide, menschliche Wachstumshormone, oder sogar Exotischeres – mit ihnen war nicht zu spaßen. Keiner von ihnen hatte Haare auf dem Kopf, die länger als ein paar Millimeter waren, einige waren total glattgeschoren.

Kyles Körper bildete keine Ausnahme, ganz im Gegenteil – er war der Größte von ihnen. Seine Arme waren wie Würgeschlangen, seine Beine wie Baumstümpfe. Venen zogen sich über seinen Bizeps, seinen Hals, seine Stirn, seine Brust, einfach überall. Kyle liebte seine Venen.

Sie bedeuteten, dass sein Blut vernünftig gepumpt wurde. Venen bedeuteten Kraft.

Hinter ihnen fuhren fünf weitere Bullis in einem Konvoi, was bedeutete, dass sich mindestens 40 – 50 steinharte Aktivisten auf den Straßen befanden. Enge, langärmlige T-Shirts klebten an muskulösen Brüsten und Oberkörpern – jedes einzelne schwarz mit den Worten GATHERING STORM in weiß bedruckt. Die Buchstaben erinnerten an menschliche Knochen und Spritzer, die nach Blut aussahen, befanden sich unter ihnen.

Harte Augen starrten zu Kyle zurück. Diese Männer stellten ihre Speerspitze dar.

„Ich will da draußen keine Waffen von euch sehen“, sagte Kyle. „Keine Messer, keine Schlagstöcke, Gott bewahre, wenn ich jemanden mit einer Pistole sehe. Schlagringe. Wenn ihr irgendwas dabeihabt, lasst es im Wagen. Verstanden?“

Ein paar der Männer murmelten missmutig.

„Wie bitte? Ich kann euch nicht verstehen.“

Die Stimmen wurden dieses Mal lauter.

„Das ist eine Kundgebung und ein Marsch, Jungs. Keine Straßenschlacht. Wenn die Schlitzaugen einen Kampf anzetteln, okay. Verteidigt euch und einander. Schmeißt die kleinen Kommunisten durch die Mauern, mir egal. Es sollte euch nur klar sein, dass wenn die Bullen Waffen bei euch finden, ihr garantiert verhaftet werdet. Wir haben unsere besten Anwälte auf Kurzwahl, aber wenn sie euch wegen Waffenbesitz mitnehmen, kommt ihr heute Nacht nicht mehr raus, vielleicht auch länger nicht. Ich muss mich auf euch verlassen können. Ich will nicht, dass auch nur einer von euch verhaftet wird. Das ist schlecht für euch und es schlägt sich negativ auf die Organisation nieder. Verstanden? Na los!“

„Verstanden!“, rief jemand.

„Jo!“

„Alles klar, Mann.“

Kyle lächelte. „Gut. Dann lasst uns ihnen jetzt in den Arsch treten.“

Die Schilder waren im hinteren Teil des Wagens aufeinandergestapelt. Auf den meisten stand Amerika gehört uns! Auf einem stand Schlitzaugen raus! Das war Kyles Schild. Wenn seine Männer die Speerspitze waren, war er das Gift, das auf jedem von ihnen aufgetragen wurde.

Er war 29 und seit über zwei Jahren bei Gathering Storm dabei. Es war sein Traumjob. Wo fand er seine Rekruten? Fast ausschließlich im Fitnessstudio. Gold’s Gym. Planet Fitness. YMCA. Orte, an denen große starke Jungs abhingen, Jungs, die die Schnauze voll hatten. Genug mit der Zensur. Genug mit der Gedankenpolizei. Genug davon, dass alle guten Jobs an Ausländer gingen. Genug mit der Rassenmischung.

Genug davon, dass ihnen die Religion des Multikulturalismus aufgedrängt wurde.

Wenn jemand Kyle vor fünf Jahren gesagt hätte, dass er Männer um sich versammeln würde – die besten, stärksten, aggressivsten jungen weißen Männer, die er finden konnte – und dass sie den Leuten, die verantwortlich dafür waren, dass dieses Land den Bach runterging, Gottesfurcht eintreiben würden… dass sie Amerika wieder groß machen würden… und dass er dafür auch noch bezahlt werden würde? Kyle hätte ihn für verrückt erklärt.

Und doch war er jetzt hier.

Zusammen mit seinen Jungs.

Und ihr Anführer war gerade zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt worden.

Es lagen großartige Tage vor ihnen und sie würden einen langen, langen Weg vor sich haben. Und jeder, der sich ihnen in den Weg stellen würde, der versuchte, sie aufzuhalten oder sie auch nur zu verlangsamen – jeder Einzelne würde niedergemäht werden. So war es einfach.

Die Hintertüren des Bullis öffneten sich und seine Jungs sprangen heraus und schnappten sich ihre Schilder. Kyle war der letzte. Er trat heraus auf die Straße, die Nacht schien um ihn herum zu glänzen. Es war kalt – es schneite sogar ein wenig – aber Kyle war zu aufgeputscht, als dass er das bemerken würde. Die Straße war eng und vierstöckige Mehrfamilienhäuser standen an beiden Seiten. Alle Neonschilder der Geschäfte waren auf Chinesisch, ein einziges bedeutungsloses Gekritzel – unmöglich zu lesen, unmöglich zu verstehen.

War das hier nicht Amerika? Natürlich war es das. Und hier hatte man gefälligst Englisch zu sprechen.

Die Bullis hielten in einer geraden Linie an. Große weiße Männer in schwarzen T-Shirts waren überall, eine einzige sich windende Masse von ihnen. Sie waren wie ein Invasionstrupp, wie Wikinger auf einem Überfall. Sie schwangen ihre Schilder wie Kriegsäxte. Ihr Blut kochte über.

Eine Gruppe winziger, überraschter Asiaten blickte zu ihnen voller… was?

Schock? Horror? Angst?

Oh ja, alles davon.

Die erste Stimme begann zu schreien, etwas zu zahm für Kyles Geschmack, aber für den Anfang ganz in Ordnung.

„Amerika… gehört uns!“

Seine Jungs fielen sofort ein und die Lautstärke erhöhte sich.

„AMERIKA… GEHÖRT UNS!“

Kyle spannte seine Arme an. Er spannte seinen Rücken an, seine Schultern und seine Beine. Sie waren auf einer einfachen Kundgebung, so hatte er es seinen Jungs gesagt. Aber er hoffte, dass es zu mehr werden würde. Er hatte seine Wut schon viel zu lange im Zaum halten müssen.

Kundgebungen waren schön und gut, aber er wollte einfach nur ein paar Köpfe einschlagen.

Es dauerte nicht länger als zwei Minuten, bis sein Wunsch sich erfüllen sollte. Während sie in einer Linie die Straße hinabmarschierten, fing vielleicht 15 Meter vor ihm das Geschubse an.

Einer seiner Jungs packte einen Chinesen an beiden Schultern und warf ihn in einen Haufen Taschenbücher, die vor einem Geschäft aufgestapelt waren. Der Chinese fiel auf den Stapel, der sofort in sich zusammenfiel. Zwei weitere Chinesen sprangen seinen Jungen daraufhin an. Plötzlich fing Kyle an zu rennen. Er ließ sein Schild fallen und schob sich durch die Menge.

Er warf einen Chinesen zu Boden und watete durch eine Gruppe von ihnen, während er wild um sich schlug. Seine Fäuste krachten auf Knochen, die wie Zweige unter dem Aufprall zerbrachen.

Und das, wusste er, war erst der Anfang.

Der Kandidat

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