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Am nächsten Tag in der Galerie machte Nora sich als Erstes daran, den Zeitplan bis zur Ausstellungseröffnung zu aktualisieren. Wie oft hatte sie das in den letzten Wochen getan? Sie hatte sich mit Günther zusammengesetzt, und sie waren noch einmal alle Punkte durchgegangen. Ganz genau hatten sie überlegt, was alles in welcher Reihenfolge erledigt werden musste, damit sie am Tag der Eröffnung fertig sein würden.

„Mein Kollege aus dem Museum in Wilkendorf hat erzählt, dass sie, kurz bevor die ersten Besucher vorne hereinkamen, hinten noch Schilder angeschraubt haben. Und fertig ist die Ausstellung nach wie vor nicht. Das ist heute so Mode, Nora. Damit zeigt man in unseren Kreisen, wie wahnsinnig viel man zu tun hat.“ Günther lachte und stand auf, um das Fenster zu öffnen und um sich die Hose hochzuziehen. Das tat er neuerdings dauernd.

Kein Wunder, dachte sie, der Bauch hängt über dem Gürtel. Sie fand, dass er sich ziemlich gehenließ.

Als sie ihn kennenlernte, hatte er sich noch mehr Mühe mit seinem Aussehen gegeben und war auch wesentlich schlanker gewesen. Aber schließlich wurde er bald sechzig; das Alter machte eben auch vor den Männern nicht halt. Sie hatten ja sogar so etwas wie Wechseljahre.

Nachdem ihr Chef sich wieder hingesetzt hatte, äußerte Nora etwas spitz: „Ich weiß ja nicht, in was für Kreisen du verkehrst, aber in dieser Galerie haben wir bisher immer alles bis zum Termin geschafft, und das werden wir auch diesmal.“ Dann fuhr sie versöhnlicher fort: „Ich gebe zu, dass nichts dazwischenkommen und auch niemand krank werden darf. Natürlich werden wir in den letzten vier Wochen sicher mal länger machen müssen. Urlaubssperre versteht sich von selbst. Lass uns noch über die Eröffnungsfeier reden! Gibt es schon genaue Pläne? Da wird ja sicher deine Schneekönigin mitmischen wollen. Jetzt, wo klar ist, dass der Minister kommt.“ Den Seitenhieb konnte sie sich nicht verkneifen. Sie sah ihren Chef gespannt an.

„Frau Barkow ist meine Vorgesetzte, Nora, und ich muss sagen, nach dem unrühmlichen Abgang ihres Vorgängers, der im Übrigen keinen Finger für uns gerührt hat, bin ich ganz froh, dass sie sich ein bisschen für unsere Galerie interessiert.“

Nora warf empört „ein bisschen?“ ein, wurde aber sofort von Günther unterbrochen. „Nein, Nora, lass mich ausreden! Sie zeigt uns, dass sie die Galerie will. Andere Städte haben sich längst von ihren Kultureinrichtungen getrennt, Museen geschlossen oder in andere Trägerschaften überführt. Da kann ich dir Dutzende von Beispielen aufzählen. Letztendlich ist mit unserem Stadtmuseum auch nichts anderes passiert. Für die Politik ist Kultur keine Pflichtaufgabe, das weißt du ganz genau. Aber Politik wird nun mal von Menschen gemacht, und da kann es nicht schaden, die Bürgermeisterin auf unserer Seite zu haben. So, und jetzt du!“

„Okay, okay, du hast ja recht, wir werden das Beste draus machen. Was bleibt uns auch anderes übrig.“

„Und wenn Frau Barkow und das ganze Stadtparlament sich am Ende mit unserer neu präsentierten Stadtgeschichte schmücken und hier mit ihren Gästen herkommen, kann das ja nur gut für uns sein. Vielleicht wird dann auch wieder mehr Geld für Sonderausstellungen fließen“, schloss Günther.

„Was ist denn nun mit der Eröffnung? Hast du schon Musik?“, hakte Nora noch einmal nach.

„Ja, Musik ist klar. Ich hab eine Big Band engagiert, die ich von einem Konzert kenne. Ziemlich abgefahren, die Jungs.“ Er grinste und sah plötzlich sehr jung aus. „Ich dachte, das ist mal was anderes. Büfett ist auch geregelt, wird vom DEUTSCHEN HOF gesponsert. Dann das Übliche, Reden, Grußworte und so weiter. Und die Schneekönigin wollte noch Kinderballett, also hab ich das auch organisiert. Natürlich Schwanensee.“ Er verdrehte die Augen. „Find ich ja bisschen übertrieben, aber was soll’s! Den Sekt servieren dann die älteren Ballettmädchen der Jugend-Theatergruppe.“

„Na, das klingt ja ganz toll. Da hast du wohl deine Hausaufgaben schon gemacht.“

„Nur die Einladungsliste fehlt noch, das Plakat und die Kleinigkeit der Ausstellung.“ Nora tippte auf ihren Zeitplan. „Wie gesagt, wir tun alles, deshalb muss ich jetzt los. Lass uns nächste Woche wieder reden, und bitte, unterschreib die Leihverträge und schick sie ab! Mit der Versicherung hab ich telefoniert, Herr Meyer ist mit der Summe einverstanden.“

„Wird gemacht, Frau Schönemann.“

Günther schloss hinter Nora die Tür und atmete tief durch. Er setzte sich an den Schreibtisch und fühlte sich auf einmal sehr erschöpft. Langsam drehte er sich um und zog den Thieme/Becker aus dem Regal.

Pläne sind zum Ändern da

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