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Teil I 1

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„Igitt! Was für ein Schietwetter!“, fluchte Nora leise vor sich hin. Als sie den Motor abstellte und die Arme des Scheibenwischers ihres alten Golfs aufhörten, verzweifelt zu rudern, war die Frontscheibe sofort regenblind. Der Mai fing ja gut an! Sie stieg aus dem Auto, bemüht, nicht gleich in eine Pfütze zu treten und spannte den Schirm auf. Besser, sie gewöhnte sich schon mal daran. Auf Island würde es auch nicht anders sein: wenig Sonne, viel Regen und Wind, Norddeutschland in verschärfter Variante sozusagen. Trotzdem klopfte ihr Herz bei dem Gedanken daran sofort etwas schneller. In gut fünf Monaten war es endlich soweit. Ihre Auszeit oder modern ausgedrückt, ihr Sabbatical, sollte beginnen. Die erste Station ihrer Reise war Reykjavik. Sie hatte nicht lange überlegt, als Ralf eine gemeinsame Weltreise vorgeschlagen hatte. Er war fest entschlossen, seine Tierarztpraxis zu verkaufen und sich fortan nur noch der Pferdezucht zu widmen. Sie wusste, dass ihm dieser Schritt nicht leichtfallen würde. So von hundert auf null, das ging eben nicht, hatte er ihr erklärt. Früher oder später musste es sein, und letztendlich hatte er genug von der schweren Arbeit eines Landtierarztes, die durchaus körperliche Spuren hinterlassen hatte. Nora fand auch, dass er seine Knochen den tretenden Rindern und ausschlagenden Pferden genug hingehalten hatte. Von seichten Vorabendserien war die Realität des Berufes weit entfernt. Sollte er in tausend Jahren ausgegraben werden, so prophezeite sie ihm, würden die Archäologen denken, sie hätten angesichts der Verletzungen einen Ritter vor sich. Ihr Ritter, ja, das war er eigentlich noch immer.

Es war Liebe auf den ersten Blick gewesen, damals vor dreißig Jahren. Er war als junger Absolvent in ihr Heimatdorf gekommen und hatte seine langjährige Beziehung am Studienort zurückgelassen. Nora hatte gerade ihre von Anfang an verkorkste Verlobung gelöst und war mit ihren Eltern zum Dorffasching gegangen, fest entschlossen, sich gut zu amüsieren. Der Fasching im alten Feuerwehrhaus war legendär. Jung und Alt kamen dort zusammen, extra angereiste ehemalige Einwohner und auch ein paar Leute aus benachbarten Orten füllten bald die Tanzfläche.

Nora hatte sich als Burgfräulein verkleidet, ziemlich einfallslos angesichts des Mottos „Mittelalter“, und sich nach etlichen Tänzen mit Kollegen ihres Vaters allein an die Bar gesetzt, gegenüber der Eingangstür. Sie trank einen Wermut und wollte wieder aufstehen, weil es zog. Da sah sie ihn hereinkommen: groß, das dunkle Haar kurzgeschnitten, runde Brille, in einem komischen, zu kurzen Umhang und mit einem zum Ritterhelm umfunktionierten Motorradhelm unter dem Arm. Sie hatte ihn angestarrt wie eine Erscheinung. Ihre Augen schossen Blitze in seine Richtung ab; ihr Gehirn sendete unablässig eine Botschaft: Das ist er!

Erleichtert registrierte sie, dass er sich neben sie auf den schäbigen, ungepolsterten Barhocker setzte. „Bin ich zu spät?“, hatte er lächelnd gefragt.

„Genau richtig.“

Von da an waren sie unzertrennlich. Keine acht Wochen später wusste Nora, dass sie schwanger war...

„Guten Morgen, Nora!“ Der Gruß des Hausmeisters riss sie aus ihren Gedanken. „Warum guckst du denn so verbiestert? Hast du etwa wieder geträumt, dass die Ausstellung nicht fertig wird?“

Das hatte sie in letzter Zeit tatsächlich. Sie reichte ihm die Hand. „Guten Morgen, Lindemann! Sie muss wohl fertig werden, was? Viel Zeit haben wir ja nicht mehr. Kannst du mir heute noch ein paar Kartons ins Büro bringen? Ich will schon einige Sachen einpacken, die nicht gebraucht werden, wenn ich weg bin.“

„Für dich doch immer, bin gegen zehn da“, versprach er.

Nun hatte sie es plötzlich eilig. Wie konnte sie nur so in Gedanken versinken? Eigentlich sollte sie andere Dinge bedenken, als ihre Ehe, die doch eigentlich ganz gut lief. Mit schnellen Schritten verließ sie den Parkplatz und eilte zum Verwaltungseingang der Galerie.

Pläne sind zum Ändern da

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