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Die Geschichte von der nassen Socke

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Herr Sparsam hat eine neue Spar-Strategie entwickelt: Während der Heizperiode lüftet er gar nicht mehr. Beim Raus- und Reingehen kommt eh genug Sauerstoff zum Atmen mit.

Erst riecht die Wohnung nur nach Herrn Sparsam. Später merkt man, dass da noch jemand anders mitwohnt: Schimmel. Das ist aber nicht so schlimm, Herr Sparsam hat sich "Chlor" vom Baumarkt beschafft. Das beisst ein bisschen in den Atemwegen aber es hilft.

Anfänglich.

Eines Tages kommt seine Nachbarin, Frau Richtich - zu Besuch und wundert sich ob der strengen Geruchsnote zwischen Champignonzucht und Schwimmbad. Herr Sparsam gibt zwar zu, dass das nicht so schön sei - aber er würde so heftig viel Heizenergiekosten sparen. Aber sie - Frau Richtich - dagegen würde durch ihre 5 bis 8 Querlüftungen je Tag die ganze Heizenergie zum Fenster rausjagen.

Ein Vergleich beider Heizkostenabrechnungen würde das beweisen. Dann gingen Herrn Sparsam die Augen über: Seine Abrechnung war fast doppelt so hoch wie die von Frau Richtich.

Wie kommt das?

Dass beim Wohnen Feuchte entsteht, hatten wir schon (siehe Geschichte "Jeden Tag einen Eimer Wasser").

Herr Sparsam hat durch sein Lüftungsverhalten erreicht, dass die Wände seiner Wohnung immer nässer wurden. Und nasse Wände sind kalte Wände. Haben wir alle schon mal erfahren: Wenn die Socken nass geworden waren, waren auch die Füße kalt.

Die Socken haben wir dann zuhause auf die Heizung gelegt. Als sie schließlich wieder trocken waren, fühlten sich die Füße in ihnen warm an: Die Heizungsenergie hatte das Wasser verdunsten lassen.

Genau das geschah tagaus nachtein in Sparsam's Wohnung: Ein Teil der Heizungsenergie wurde zum Verdunsten von Wandfeuchte verbraucht, ohne dass es im Raum merklich wärmer wurde. Dann ging beim Rein- und Rausgehen und durch Undichtigkeiten in Türen und Fenstern ein Teil der sehr feuchten warmen Raumluft "verloren". Und damit nicht nur die Energie, die Herr Sparsam in das Wasserverdunsten investiert hatte, sondern dazu auch die Energie, die er in das Wasser gesteckt hatte, das nun mit der Luft die Wohnung verließ.

Merke: Wasser zu erwärmen braucht wesentlich mehr Energie als Luft zu erwärmen. Feuchte Luft zu erwärmen braucht wesentlich mehr Energie als trockene Luft zu erwärmen.

Daher kam Herrn Sparsam sein Verhalten teurer als Frau Richtich ihr Verhalten der Stoß- und Querlüftungen.

Glauben Sie mir nicht? Gebe ich Ihnen ein Beispiel: Feuchter Wandverputz enthält je % Feuchte je m² ca. 40 g Wasser. Zur Verdunstung dieser 40 g Wasser wird ungefähr die gleiche Energiemenge benötigt, die gebraucht wird, um 80 m³ 10°C kalte (Außen-)Luft auf 20 °C zu erwärmen. 80 m³ entsprechend einem Appartement von knapp 35 qm. Das heißt, mit einem Bruchteil der Energie, mit der Herr Sparsam Wasser "destillierte", konnte Frau Richtich großzügigst querlüften und die einströmende kalte Außenluft aufwärmen.

Aber das ist noch nicht alles: Mit jedem % Feuchte sinkt die Wärmedämmung einer Wand um 5 % (Ernst Vill *). Auch daher heizte Herr Sparsam mehr als seine Nachbarin: Durch Herrn Sparsams feuchte Wände ging mehr Wärme verloren als durch Frau Richtichs trockene Wände.

Übrigens wurde Herrn Sparsam gekündigt. Weil er durch sein "Nasswohnen" die Bausubstanz geschädigt hat. Das kümmert Herrn Sparsam jedoch zur Zeit nicht: Er liegt wegen schimmelbedingter Erkrankungen der Atemwege im Krankenhaus.

Er braucht daher zur Zeit keine Wohnung.

* Ernst Vill, "Mauerfeuchtigkeit", S. 31, Lier-Verlag, 1997,

ISBN 3-929240-19-X

Ernst Vill, "Lüftungsleitfaden", Lier-Verlag, 1997,

ISBN 3-929240-18-1

Schimmel - Geschichten über einen (un)heimlichen Gast

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