Читать книгу Homöopathie - Das große Handbuch - Dr. med. Markus Wiesenauer - Страница 5

Das Wesen der Homöopathie

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Das Interesse an der Homöopathie steigt unaufhörlich. Die sanfte Heilmethode zählt heute zu den beliebtesten alternativen Therapieformen. Sie wird von all diesen auch am häufigsten in Anspruch genommen. So haben Umfragen zufolge 38 % der Deutschen schon einmal homöopathische Mittel angewandt, und mehr als 70 % der Befragten wünschten sich, dass die homöopathische Behandlung zu einem selbstverständlichen Angebot in der ärztlichen Versorgung würde. Die zunehmende Akzeptanz zeigt sich auch darin, dass heute doppelt so viele Ärzte wie vor zehn Jahren die Zusatzbezeichnung „Homöopathie“ erworben haben.

Die Begeisterung für die Homöopathie ist verständlich, denn aufgrund ihrer vielen positiven Aspekte ist diese Behandlungsmethode einmalig. Dazu zählt in unserem medizinisch hoch technisierten Zeitalter, dass in der Homöopathie der Patient nicht auf ein Organ reduziert wird. Der Therapeut geht stattdessen ganzheitlich vor. Er betrachtet den gesamten kranken Menschen einschließlich seiner Persönlichkeit und seines Befindens. Mithilfe des dann ausgewählten homöopathischen Mittels werden die Selbstheilungskräfte des Körpers angeregt, um eine wirkliche Heilung zu erzielen und nicht nur eine vorübergehende Abwesenheit der Beschwerden.

Auch dass die mehr als 2000 homöopathischen Arzneimittel vorwiegend aus pflanzlichen, tierischen und mineralischen Grundsubstanzen gewonnen werden, ist ebenso vorteilhaft wie die Tatsache, dass Homöopathika – bei ihrer sachgerechten Anwendung – so gut wie frei von Nebenwirkungen sind.

Kein geschützter Begriff

Homöopathische Ärzte haben nach einem abgeschlossenen Medizinstudium eine von den Landesärztekammern anerkannte und vorgeschriebene dreijährige Weiterbildung absolviert. Der Begriff „Homöopathie“ ist jedoch nicht geschützt. Auch ohne entsprechende Fachausbildung dürfen Praxen für Homöopathie eröffnet werden. Daneben gibt es außerdem Heilpraktiker, die homöopathisch behandeln. Ein seriöser Homöopath sollte immer bereitwillig über seine Qualifikation Auskunft geben. Scheuen Sie sich nicht, diesbezüglich Fragen zu stellen.

ANERKANNTE METHODE

Die Erfolge der Homöopathie stellt heutzutage keiner mehr in Frage. Allen voran attestiert die WHO (Weltgesundheitsorganisation) ihr eine positive Wirkung: „Die Mehrzahl der wissenschaftlichen Studien in den letzten 40 Jahren haben gezeigt, dass Homöopathie gegenüber Placebos (Scheinmedikamente aus Zuckerlösung) überlegen ist und der konventionellen Medizin in der Behandlung von Menschen und Tieren gleichgestellt werden kann.“ (Studie der WHO aus dem Jahr 2000)

Vor diesem Hintergrund sind homöopathische Mittel schon lange nicht mehr aus der Medizin wegzudenken. Ihr Anwendungsspektrum ist breit gefächert: Sowohl akute als auch chronische Erkrankungen – körperliche ebenso wie psychische und psychosomatische – lassen sich homöopathisch behandeln; Erwachsene gleichermaßen wie Kinder und Neugeborene. So hilft die Homöopathie bei mehr als 90 % der an Neurodermitis erkrankten Kinder.

Auch viele anerkannte Sportmediziner behandeln ihre Schützlinge heutzutage mit homöopathischen Präparaten, denn diese helfen, ohne dass die Gefahr besteht, mit dem Doping-Gesetz in Konflikt zu geraten.

Selbst aus der Tierheilkunde ist die Homöopathie nicht mehr wegzudenken. Vor allem in der Nutztierhaltung kommt sie zum Einsatz, weil Homöopathika keine Arzneimittelrückstände in Fleisch und Milch hinterlassen.

SELBSTVERSTÄNDNIS DER HOMÖOPATHIE

Die Homöopathie hilft, das innere Gleichgewicht wiederherzustellen. Um dies zu erreichen, beschäftigt sich der Homöopath ausführlich mit dem kranken Menschen. Er betrachtet ihn, hört ihm zu und versucht, ihn zu verstehen. Es wird also im Rahmen der Erhebung einer Krankengeschichte der gesamte Mensch erfasst. Das bedeutet, dass seine ganze Erscheinung – hierzu zählen unter anderem Größe, Körperbau, Gewicht und Zustand der Haut, ebenso wie seine Persönlichkeit, Konstitution und seelische Verfassung (beispielsweise zu erkennen an seinem Verhalten und seiner Sprache) – zu einem Gesamtbild zusammengefügt wird. Der medizinische Krankheitsbegriff spielt für den Therapeuten bei dieser so genannten Anamnese nur eine untergeordnete Rolle.

All dies macht die Ganzheitlichkeit der Methode aus, und das Gesamtbild bestimmt dann die Auswahl des homöopathischen Mittels. So werden z. B. Magenschmerzen bei einem nervösen, gereizten, cholerischen Menschen anders behandelt (mit Nux vomica) als Magenschmerzen infolge von Kummer oder Kränkung (mit Ignatia).

Deshalb spricht man in der Homöopathie auch von einer „Arzneimitteldiagnose“. Was das heißt, verdeutlichen die zahlreichen unterschiedlichen Anwendungsgebiete der einzelnen Mittel bzw. deren Vielzahl zum jeweils gleichen Krankheitsbild (siehe hierzu Kapitel 3 „Homöopathische Mittel von A bis Z“, > ff., sowie die Zuordnungstabellen in Kapitel 4, > ff.).

ANREGUNG ZUR SELBSTREGULATION

Homöopathische Mittel regen den gesamten Organismus zur Selbstheilung an. Die meisten herkömmlichen Medikamente tun dies nicht. Sie sind „allopathisch“ (abgeleitet von griech. allos = Anderes), das bedeutet, sie bewirken eine gegensätzliche Reaktion. Hat ein Patient z. B. als Begleiterscheinung einer Entzündung Fieber, wird ihm in der Schulmedizin ein fiebersenkendes Mittel gegeben. Fieber bei einer Entzündung macht aber Sinn, denn durch die erhöhte Temperatur werden krank machende, hitzeempfindliche Erreger abgetötet und das Immunsystem entlastet. Unterdrückt man durch das Medikament die Abwehrreaktionen des Körpers, senkt dies zwar das Fieber, aber man erzielt damit meist nur kurzfristig eine Erleichterung. Die Ursache wird nicht behoben und in der Folge das Immunsystem möglicherweise überlastet.

Im Gegensatz zur reinen Symptombekämpfung der Schulmedizin unterstützt die Homöopathie die Selbstheilungskräfte des Körpers. So gibt der Therapeut im Fall von Fieber kein temperatursenkendes Mittel, sondern eines, welches das Fieber unterstützt. So stärkt das homöopathische Mittel das geschwächte Immunsystem, aufgrund dessen die erhöhte Temperatur zustande kam.

Bestimmt haben Sie im Sommer schon einmal festgestellt, dass warme Getränke übermäßiges Schwitzen reduzieren, Ihnen nach dem Genuss kalter Getränke hingegen immer nur noch heißer wird. Dies ist ein Beispiel dafür, dass sich ein Zustand nicht durch sein Gegenteil beheben lässt, sondern nur dadurch, dass man den Körper in seinen Abläufen unterstützt.

Gezielter Reiz

Um eine Heilung hervorzurufen, setzt der Therapeut mit dem individuell passenden homöopathischen Mittel einen Reiz, mit welchem er den Organismus auffordert, entsprechend zu reagieren. Es handelt sich hierbei um Regulationsvorgänge, welche die Abläufe im Körper wieder in die richtigen Bahnen lenken. Folglich ist die Homöopathie eine Reiz-Regulations-Therapie. War das Mittel richtig gewählt, lässt die Wirkung nicht lange auf sich warten: Die Beschwerden lassen nach, es geht dem Betroffenen deutlich besser.

• Wichtige Voraussetzungen

Aufgrund ihrer Ganzheitlichkeit und individuellen Ausrichtung birgt die Homöopathie in der Behandlung große Möglichkeiten. Weil sie aber eine Reiz-Regulations-Therapie ist, sollte der Körper in der Lage sein zu reagieren. Dies ist jedoch nicht oder nur eingeschränkt möglich, wenn z. B. die Selbstheilungskräfte geschwächt oder sogar blockiert sind. Auch äußere Einflüsse wie übermäßiger Genuss von Alkohol und Kaffee oder der Konsum von Zigaretten können den Heilungsversuch negativ beeinflussen. Damit eine homöopathische Behandlung ihre vollen Kräfte entfalten kann, sollte man einen gesunden Lebensstil mit ausreichend Schlaf, regelmäßiger Bewegung und mäßigem Stress sowie einen seelisch ausgeglichenen Zustand anstreben.

Die Bereitschaft des Patienten, sich mit seinen Beschwerden auseinander zu setzen, sich selbst zu beobachten und in seinen Körper hineinzuhören, ist für den Erfolg einer homöopathischen Behandlung mit entscheidend. Die veränderte Selbstwahrnehmung bietet auch die große Chance auf ein verändertes Körpergefühl. So berichten viele homöopathisch behandelte Menschen, dass sie erst durch die Therapie zu einem gesunden Lebensstil gefunden haben.

MÖGLICHKEITEN UND GRENZEN DER HOMÖOPATHIE

Eine Universal-Therapie, mit deren Hilfe sich alles und jedes heilen lässt, ist die Homöopathie allerdings nicht; und sie ist nicht losgelöst von der Schulmedizin zu betrachten. Je nach Erkrankung (und für die Diagnose bedarf es in vielen Fällen der schulmedizinischen Untersuchungsmethoden) bietet unter Umständen die Schulmedizin vorrangig die Behandlungsmethode der Wahl. Für eine notwendige Operation ist die Homöopathie ebenso wenig ein Ersatz. Bei einem Kind beispielsweise, das sich vor Bauchschmerzen krümmt, muss zunächst mit schulmedizinischen Kenntnissen und Verfahren geklärt werden, ob es sich hier um eine Blinddarmentzündung oder vielleicht nur um zu viel Luft im Darm handelt. Erstere muss eventuell operiert werden, Blähungen hingegen lassen sich mit einem Homöopathikum behandeln. So kann selbst der homöopathisch tätige Therapeut nicht auf die modernen Kenntnisse der Medizin verzichten.

• Teil der Gesamtmedizin

Möglicherweise ist es aber auch sinnvoll, das eine zu tun, ohne das andere zu lassen. So gibt es schwere Infektionen, die selbst der homöopathisch tätige Arzt mit einem Antibiotikum behandeln muss. Zusätzlich wird er aber ein homöopathisches Mittel geben, um die Nebenwirkungen des Antibiotikums zu reduzieren, seine Verträglichkeit zu verbessern und die Krankheitsdauer abzukürzen. Ein Homöopathikum kann aber auch die Folgen einer Narkose mindern, die Heilung einer Wunde unterstützen oder eine rasche Genesung fördern.

Die ergänzende Wirkung macht ein Beispiel aus der Praxis noch deutlicher: Eine 25-jährige, bislang gesunde Frau mit stressigem Beruf und einem Säugling fühlt sich seit einiger Zeit ständig müde und schlapp. Ihr Arbeitspensum schafft sie nicht mehr, obwohl man sie früher als „Energiebündel“ bezeichnete. Tabletten, um einen eventuellen Eisenmangel auszugleichen, haben allerdings keine Besserung gebracht. Die Patientin wünscht sich „homöopathische Powerkügelchen“, um wieder fit zu werden. Eine eingehende Untersuchung ergibt allerdings, dass sie schwer an Diabetes erkrankt ist. Diese Stoffwechselkrankheit ist für die Beschwerden verantwortlich. Von nun an muss die junge Frau mit Insulinspritzen versorgt werden. – Die Diagnose „Diabetes“ schließt aber, wie Sie in diesem Buch nachlesen können, nicht aus, dass die Patientin nach der Einstellung des Blutzuckerspiegels mithilfe von Insulin zusätzlich ein homöopathisches Mittel erhalten kann. Im Gegenteil! Hiermit lassen sich sogar die herkömmlichen Medikamente auf Dauer reduzieren. Schulmedizin und Homöopathie ergänzen sich also. Man sollte die Homöopathie deshalb immer als einen integrativen Ansatz und niemals als Gegensatz zur Schulmedizin betrachten.

Auch gibt es zahlreiche Erkrankungen, bei denen die Homöopathie allein große Erfolge aufweisen kann. Dazu zählt neben Entzündungen der Nasennebenhöhlen oder Infekten der Harnwege ebenso die Neurodermitis: Je frühzeitiger der Betroffene homöopathisch behandelt wird, desto eher kann ihm der übliche Behandlungsweg, etwa mit Cortisonsalben, erspart bleiben.

Im zweiten Kapitel werden Sie sehen, welche große Bandbreite an Behandlungsmöglichkeiten die Homöopathie abdeckt.

Homöopathie - Das große Handbuch

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