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Der Patient zwischen den Stühlen

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Immer wieder beschweren sich nicht nur meine Patienten zu Recht darüber, dass sie vom Hausarzt zum Facharzt und wieder zurück geschickt werden, um irgendwelche Untersuchungen machen zu lassen, die aber gar nicht in meine Zuständigkeit fallen, oder um Ergebnisse abzuholen. Regelmäßig befinde ich mich dann doch zwischen den Untersuchungen mit den Patienten im Empfangsbereich und erläutere ihnen den Sachverhalt.

Es gibt einen klaren Grundsatz: Wer die Diagnostik durchführt, ist verantwortlich für die Voraussetzungen. Der Radiologe zum Beispiel wird aufgrund einer medizinischen Indikation beauftragt, ein MRT des Abdomens, also des Bauchs, vorzunehmen. Dafür wird er auch von den Krankenkassen bezahlt. Damit er sein MRT durchführen kann, verlangt er aber vorab in der Regel zwei Blutwerte: Kreatinin (Funktionsparameter der Niere) sowie TSH (Thyreoidea stimulierendes Hormon), um eine Störung der Schilddrüse auszuschließen. Es versteht sich von selbst, dass der Hausarzt diese Werte vorlegt, sofern sie in den letzten zwei Wochen ohnehin in der Praxis gelaufen sein sollten. Meist dauert es aber länger, bis der Patient einen Termin in der Radiologie bekommt. Ungeliebte Sitte der Radiologen ist es aber dann, den Patienten postwendend wieder zum Hausarzt zu schicken, um eben diese Laborwerte dort bestimmen zu lassen – und um damit sein Budget zu entlasten. Sorry, aber das ist in diesem Fall nicht unser Job. Es kostet uns als Hausärzte Zeit, Personal sowie Material und natürlich geht es auf unser Laborbudget.

Zunehmend kommt mir das medizinische Versorgungssystem wie ein Haifischbecken vor.

Meinen Patienten erläutere ich dann diese Zusammenhänge und stoße bei ihnen uneingeschränkt auf Verständnis. Sie versuchen dann motiviert, einen anderen Radiologen zu finden … um schließlich frustriert wieder vor meiner Tür zu stehen. Diese Odysseen kosten alle Beteiligten völlig unnötig Zeit und Nerven.


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ZEITFRESSER BÜROKRATIE

Die Deutschen sind auf der ganzen Welt für ihre Bürokratie berühmt und berüchtigt. Im Gesundheitswesen ist sie jedoch inzwischen so ausgeufert, dass sie uns den medizinischen Nachwuchs vergrault und der lieber in der Schweiz oder Österreich arbeitet. Wäre ich heute am Ende meiner Ausbildung, würde ich auch darüber nachdenken. Immer wieder muss ich Behandlungswünsche von Patienten ablehnen, weil wir Ärzte einem engen Regelwerk unterliegen, das auch für uns oft nicht nachvollziehbar erscheint. Das beginnt bei der »finanziellen Budgetierung im Kostenerstattungssystem« – allein das klingt ja schon kompliziert –, geht weiter über die Bezahlung der Kassenärzte, ein Hin und Her der Zuständigkeiten zwischen Allgemeinmediziner und Facharzt und endet bei der Berücksichtigung von Rabattverträgen zwischen Pharmaunternehmen und Krankenkassen. All das ist kompliziert, kostet unglaublich viel Zeit und ist den Patienten nur schwer zu vermitteln.

Medizin ohne Schnickschnack

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