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SCHMERZMITTEL – HELFEN WENIG, SCHADEN VIEL

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Wenn der Schmerz unerbittlich in den Rücken fährt, haben viele Menschen einen Impuls: Sie greifen zu Medikamenten, die der Pein im Kreuz schnell ein Ende bereiten sollen. Schmerzmittel gegen Schmerzen – was sollte daran falsch sein?

Offenbar vieles. Denn erstens bringen die Schmerzkiller den Patienten nur wenig Nutzen. Zweitens gehen sie mit diversen Nebenwirkungen einher und können Magen, Darm, Leber und Nieren schädigen. Immer wieder haben Ärzte und Pharmakologen auf diesen Missstand aufmerksam gemacht5.

So hat ein Team der Universität Sydney Daten aus 35 Studien mit mehr als 6000 Patienten analysiert. Dabei zeigte sich, dass Schmerzmittel aus der Gruppe der nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAID) zwar Schmerzen und weitere Beeinträchtigungen etwas mindern können. Verlauf, Dauer wie auch Intensität der Beschwerden beeinflussen sie jedoch nur geringfügig und nicht besser als Placebos. Zu den NSAID zählen Verkaufsschlager wie Acetylsalicylsäure (Aspirin, ASS), Ibuprofen, Metamizol und Diclofenac. Dem geringen Nutzen der Medikamente stehen erhebliche Nebenwirkungen gegenüber: In der aktuellen Analyse waren Magen-Darm-Beschwerden bis hin zu bedrohlichen Blutungen zweieinhalbmal häufiger bei Patienten unter Schmerzmitteln als bei jenen, die ein Scheinmedikament bekamen.

„Rückenschmerzen sind in vielen Ländern Volksleiden Nummer eins und üblicherweise wird darauf mit Schmerzmitteln reagiert“, sagt Manuela Ferreira von der Universität Sydney. „Aber unsere Ergebnisse zeigen, dass sie nur begrenzt und kurzfristig Linderung verschaffen und die Schmerzen kaum verringern.“ Angesichts möglicher Nebenwirkungen, die – je nach Substanz – auch zu Leberschäden und Nierenversagen beitragen können, seien „die Mittel nicht die richtige Antwort“.

Auch in Deutschland werden bei Rückenschmerzen häufig Schmerzmittel gegeben. „Bei diesen Medikamenten macht der Placebo-Effekt 50 Prozent aus“, sagt Orthopäde Schiltenwolf von der Universitätsklinik Heidelberg. „Dabei sind die Effekte einer Dauertherapie gering. Sowohl pharmakologisch als auch psychologisch gewöhnt sich der Körper schnell daran, die Wirkung flaut ab.“ Viele Mittel sind rezeptfrei erhältlich, sodass die Dunkelziffer hoch ist. In Deutschland besonders beliebt ist Novalgin (Metamizol), die Zahl der Verordnungen ist in den vergangenen Jahren geradezu explodiert. „Die Leute glauben, dass dieses Mittel weitgehend nebenwirkungsfrei sei“, hat Schiltenwolf beobachtet. „Allerdings gibt es die seltene Nebenwirkung einer Agranulozytose und dieser Mangel an weißen Blutkörperchen verläuft oft tödlich.“ In Skandinavien, Japan und anderen Ländern ist Novalgin nicht mehr erhältlich. In Deutschland ist es jedoch weiterhin zugelassen.

Forscher haben immer wieder gezeigt, dass auch Opioide und Paracetamol gegen Rückenschmerzen wenig ausrichten. Schiltenwolf warnt davor, dass „Morphine immer sorgloser verschrieben werden“. Sein Fazit: „Es geht darum, Schmerzmittel – wenn überhaupt – nur episodisch einzusetzen. Dauertherapien sollten vermieden werden, stattdessen hilft es, sich motiviert, eigenverantwortlich und lustvoll zu bewegen.“

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