Читать книгу Katharina und Abigail - Edeltraud-Inga Karrer - Страница 6
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Das Aufstehen fiel Katharina heute Morgen besonders schwer. In letzter Zeit machte ihr das linke Knie wieder schmerzhafte Probleme.
Der Skiunfall ist jetzt schon viele Jahre her. Und sie hatte sich doch auch gewehrt, mitzufahren. Aber die Freunde blockierten jeden Einwand. Dann waren sie unterwegs nach Österreich. Diese gewaltigen, schneebedeckten Berge beeindruckten sie sehr. Katharina hatte niemals zuvor auf Skiern gestanden. So gingen sie in ein Geschäft, in dem sowohl Skier als auch die dazu passenden Schuhe auszuleihen waren.
Bevor es richtig losging, besuchte sie einen Kurs. Zusammen mit den Fünf- und Sechsjährigen kam sie sich ziemlich albern vor, während ihre Freunde mit dem Skilift in luftige Höhen entschwanden. Nach drei Tagen war sie der Ansicht, nun könne sie es auch allein schaffen.
Dann passierte es! Sie fuhr den sanften Hügel hinunter. Dabei geriet sie auf eine Eisplatte, die mit Schnee bedeckt war, und rutschte aus. Die Bindung des Skischuhs löste sich nicht, weshalb sich ihr Bein so unnatürlich verdrehte, dass sie vor Schmerzen ohnmächtig wurde. Schnell waren Helfer da, die sie wieder in die Wirklichkeit zurückholten und dann zum nächsten Arzt brachten.
Als er sich das Bein ansah, schüttelte er bedauernd den Kopf. »Das war hundertprozentige Maßarbeit! Das Knie ist hin!« Das Bein wurde provisorisch geschient. Am nächsten Tag fuhren sie zurück und Katharina begab sich in ihrer Heimatstadt ins Krankenhaus. Ja, der Arzt hatte recht: Kreuzband- und Innenbandabriss, Außenband angerissen. Es dauerte lange, bis sie wieder ohne größere Probleme laufen konnte. Und nun spürte sie jeden Wetterumschwung im Knie.
* * *
Für das Treffen mit Abigail wählte sie die pinkfarbene Bluse zum hellgrauen Kostüm. Lächelnd erinnerte sie sich an den Kauf. Laura, ihre Jüngste, ging damals als »Moderberaterin« mit.
Als Katharina nach dem grauen Kostüm griff, um es anzuprobieren, schüttelte Laura missbilligend den Kopf. »Ach nein, Mama, nicht schon wieder grau. Wenn ich nicht ein bisschen aufpassen würde, würdest du wie eine graue Maus herumlaufen.« Katharina war inzwischen in die Umkleidekabine gegangen und kam strahlend heraus. »Schau mal, sieht das nicht toll aus?« Ihre schulterlangen weißen Haare bildeten mit dem Grau ihres neuen Kleidungsstückes eine elegante Note.
Sie sah noch einmal in den großen Spiegel vor der Kabine und nickte. Ihr fiel die Trance-Sitzung bei der Psychotherapeutin wieder ein. Da hatte sie eine schlanke, ältere Frau gesehen, mit langen weißen Haaren, die zu dem Berg mit den drei Spitzen hinaufschaute. Sie wusste, ohne der Frau ins Gesicht geblickt zu haben, dass sie es war.
Von diesen Gedanken ahnte ihre Tochter nichts, die eine pinkfarbene Bluse vor sich hinund herschwenkte. »Diese Bluse und dein Kostüm, also das ist ’ne Wucht! Probiere mal, dann sieh und staune, wie perfekt das zusammen aussieht!«
Pflichtgemäß kam Katharina dem Wunsch ihrer Tochter nach, und obwohl sie die Farbe der Bluse etwas gewagt fand, durfte sie mit einem Blick in ihr Spiegelbild feststellen, dass sie diese Kombination tatsächlich sehr gut kleidete.
Auch Laura war von dem tollen Aussehen ihrer Mutter überwältigt. »Du bist eine sehr schicke Frau. Lass uns auf dieses Ereignis mit einem leckeren Kaffee anstoßen.«
Katharina zahlte, ihre Tochter hakte sich unter, und so steuerten sie das netteste Café der Stadt an.