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Kapitel 3

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Ein schrilles Klingeln riss Aruni aus dem Schlaf. Müde rieb sie sich die Augen und starrte auf ihren Wecker. Dann streckte sie den Arm aus, um das nervtötende Klingeln auszuschalten. „Mist, schon Zeit zum Aufstehen“, sagte sie zu Ash, schlug die Decke zurück und quälte sich aus dem Bett.

Nach einer heißen Dusche sah die Welt deutlich freundlicher aus. Das Wasser war natürlich weniger heiß als Feuer, für ihre menschliche Haut so aber auch viel angenehmer. Aruni machte Ash Frühstück und aß selbst ein paar Bissen von dem Curry, das sie am Vortag gekocht hatte.

Vor dem Spiegel zog sie sich an und türmte ihre Haare zu zwei kleinen Knoten, die sie um ihre Hörner schlang. Darum wickelte sie zwei schwarze Satinbänder. Als sie fertig war, verzog sie den Mund. Nicht direkt schön, aber zumindest einigermaßen unauffällig und praktisch. Sie sah sich nach ihrer Katze um.

„Bis später, Ash. Ich hoffe, Lierd wird dich nicht stören, aber ich weiß, dass er dich eigentlich mag.“

Ash miaute verneinend und Aruni musste lächeln. „Doch, bestimmt. Ich muss los. Mach keine Dummheiten!“ Sie streichelte Ash über den Rücken und verließ ihre kleine Wohnung.

Die Luft war kühl und die Sonne noch nicht aufgegangen. „Abscheulicher Herbst“, dachte sie im Stillen. Zu kalt und eindeutig zu nass. Wehmütig erinnerte sie sich an die heißen Sommertage. Sie zog ihren Mantel enger um sich und schlenderte die Straße entlang. Die Geschäfte waren alle noch geschlossen. Kaum jemand war unterwegs. Ein Mann im dunklen Trägerhemd mit knallroten Haaren, die wirr in alle Richtungen standen, torkelte vor ihr gegen eine Laterne und hielt sich daran fest, als ob er mit ihr tanzen wollte. Doch nach ein paar wiegenden Schritten, klammerte er sich nur noch fest und wankte gefährlich.

Schon aus zehn Schritten Entfernung roch sie den Alkohol in seinem Atem. Er hatte trotz des kühlen Wetters nackte Arme und als sie näher kam, schaute sie auf die Tätowierungen auf seiner Haut. Bei einer rot gehörnten Teufelin in Stöckelschuhen, Korsage und Strapsen musste Aruni grinsen. Das leibhaftige Abbild von Flame. Aber Flame kam nie in die Menschenwelt. Genaugenommen kam fast niemand von ihrer Familie in die Menschenwelt, seitdem ihre Mutter einmal diesen „Fehlgriff“, wie sie es nannte, mit Arunis Vater gehabt hatte.

Aruni stieß mit dem Fuß gegen etwas. Es schepperte, eine leere Cola-Dose flog in hohem Bogen durch die Luft und traf den Mann an der Wade. Der Tätowierte drehte sich zu ihr um und fluchte.

„Entschuldigung“, rief Aruni und lächelte versöhnlich. Er starrte sie einen Augenblick an, dann verschwamm sein Blick wieder und er torkelte in die andere Richtung davon. Aruni seufzte und überquerte die Straße. Die Passage war noch verschlossen, also ging sie außen herum, an der Mauer zum Kanal entlang und an den bunten Häusern vorbei. Petunia war schon dabei, ihren Stand aufzubauen. Bunte Wimpel hingen an einer Leine. Darunter stapelte sie gerade allerhand Anhänger, Taschen mit Spiegeleinsätzen und ein paar Bücher über Engel und Hexenkräuter. Als sie Aruni sah, winkte sie.

Aruni blieb stehen und rief: „Bist du heute Abend auch auf der Party?“

„Na klar!“, gab Petunia zurück.

„Dann sehen wir uns dort!“ Aruni hob ihre Hand zum Abschied und ging weiter.

Gegenüber im Cyberdog dröhnte schon laut die Musik. Im dunklen Inneren konnte Aruni die schmale Verkäuferin sehen, die sich wie ein Roboter auf Ecstasy bewegte. Alles wie gewohnt.

Ein Geruch nach Plastik und Staub schlug Aruni entgegen, als sie den Laden betrat, in dem sie arbeitete. Sie machte die Tür weit auf und ging an den Ständern mit Bekleidung in den Farben Schwarz, Weiß und Rot vorbei. Am Wandkalender riss sie das Blatt von gestern ab und zog eine Grimasse. Heute war der 31. Oktober und damit Halloween. Das bedeutete Ärger. Irgendwo unter ihren Füßen in den höllischen Katakomben ihrer Familie würde die Hauptzeremonie stattfinden, und sie hatte überhaupt kein Verständnis zu erwarten für ihr Fernbleiben. Bestimmt würde Lierd auch heute noch einmal vorbeischauen, um einen weiteren Versuch zu machen, sie zur Teilnahme zu überreden.

Wenn ihre Familie nicht gewesen wäre, hätte sie Halloween richtig genießen können. Eigentlich mochte sie diesen Tag, noch schrägere Gestalten als sonst verirrten sich in ihren Laden, zusammen mit Horden von Touristen. Und auf den Straßen würde jede dunkle Kreatur aus London zu sehen sein, sobald die Sonne untergegangen war. Kreaturen aus der Unterwelt und solche, die gerne welche sein würden. Denn unter die verkleideten Menschen mischten sich jedes Jahr munter Vampire, Dämonen von anderen Stämmen und sogar Geister und Phantome, die jedoch für die meisten Menschen unsichtbar sein dürften.

Jemand kam herein, Aruni drehte sich um. Ein hagerer Typ mit ziemlich weißer Haut, schwarzer Lederkluft, langem wehenden Mantel und rot gefärbtem spitzem Kinnbart betrat den Laden. Die Spitzen seiner künstlichen Hörner schimmerten wie Silber. Seit Neustem beobachtete Aruni unter ihren Kunden den Trend, sich solche künstlichen Hörner unter die Haut pflanzen zu lassen. Dieser hier hatte zwischen Tribal-Tattoos auf seiner Kopfhaut gleich einen ganzen Kreis von verschieden großen Metallhörnern. Unweigerlich musste sie lächeln. Wenn der wüsste!

Er ging langsam an den Röcken und Lederwesten entlang. Aruni wartete und ließ ihn nicht aus den Augen. Nach einer Viertelstunde Herumschlendern griff er sich ein schwarzes Trägerhemd mit Nieten von der Wand, ging zur Kasse und knallte es Aruni auf den Tisch.

„Tach“, sagte er. Seine Stimme klang viel zu sympathisch für seine Aufmachung.

„Das ist alles?“, fragte Aruni mit zusammengekniffenen Augen.

Er wurde nicht einmal rot, als er nickte.

Sie sah ihn von oben bis unten an. Er starrte zurück. Aruni seufzte und ging um den Verkaufstresen herum. Gezielt fischte sie eine Packung fluoreszierender Schnürsenkel für hohe Stiefel, ein paar fingerlose Lederhandschuhe und einen zusammengerollten Ledergürtel mit Silberschnalle aus seinen Manteltaschen und legte alles auf den Tresen.

„Das möchtest du also nicht kaufen? Gut, dann lege ich es gleich zurück. Was für ein Glück, dass heute Halloween ist, da drücke ich ein Auge zu, aber ich fürchte, du hast Hausverbot, mein Freund.“ Sie schenkte ihm ein zuckersüßes Lächeln und tippte den Preis für das Trägerhemd in die Kasse. „Neun Pfund und neunundneunzig Pence, bitte“, sagte sie zu dem Typ, dem immer noch der Mund offen stand.

„Das sind meine Sachen, was fällt dir ein?“, ereiferte er sich und begann die Sachen wieder einzustecken. Aber so einfach würde er nicht davon kommen.

Aruni hielt seine Hand fest. „So? Und warum ist da ein Preisschild von uns drauf?“ Sie hielt ihm einen Handschuh mit Preisschild unter die Nase. „Soll ich dich doch anzeigen?“, fragte sie leise.

Hastig griff er nach den Sachen und rannte los. Aber Aruni war schneller. Sie sprang über den Tresen und riss ihn an seinem Mantel zu Boden. Als sie einen Stiefel auf seine Brust setzte, keuchte er auf und sah sie mit riesigen Augen an. Aruni zog ihre Videothek-Mitgliedskarte aus der Tasche und hielt sie hoch. „London Police. Du bist festgenommen.“ Sein Gesichtsausdruck war preislos dämlich. Aruni konnte sich ein kurzes Auflachen nicht verkneifen. „Kleiner Scherz. Du legst jetzt die Sachen zurück auf den Tresen und verziehst dich aus meinem Laden. Oder du bezahlst.“

Aruni konnte ein Grinsen kaum unterdrücken, als der Typ tatsächlich anfing zu heulen. „Verdammt, du tust mir weh!“, zeterte er. „Lass mich los! Du weißt nicht, wen du vor dir hast!“

„Einen kleinen Dieb“, brummte Aruni und half ihm hoch. Sie streckte die Hand aus. „Die Sachen oder das Geld dafür.“

Widerwillig legte er den Gürtel, die Handschuhe und die Schnürsenkel in ihre Hand. „Schlampe“, zischte er und spuckte auf den Boden.

„So“, sagte Aruni wütend. Sie zog an seinem Mantel und drückte ihm einen Teil davon in die Hand. „Aufwischen“, sagte sie.

„Ja, genau“, konterte er und zeigte ihr einen Vogel. Wie eine Kobra schnellte ihre Hand vor und griff sein Handgelenk. Mit nur einem Bruchteil ihrer Kraft drückte sie den Dieb mühelos nach unten auf den Boden, wedelte mit seiner Hand und dem Stück seines Mantels über den feuchten Fleck und sagte: „Danke. Geht doch. Und jetzt verzieh dich.“

Fluchend zog er seinen Mantel zurecht und stolperte aus dem Laden. Aruni seufzte. Dann strich sie ihre Hose glatt und ging zur Tür. Sie stand eine Weile mit verschränkten Armen dort und sah ihm hinterher. Ein Mal drehte er sich tatsächlich um, als ob er daran dachte, es noch einmal zu versuchen. Aber dann verschwand er wenige Schritte später in einem Laden, der Doc Martens Stiefel in allen Farben des Regenbogens führte.

Aruni ging wieder rein und zückte ihr Handy. „Alan, ein Dieb ist gerade bei dir rein. Wollte hier auch was klauen. Schwarzer Mantel, silberne Hörner, tätowierte Kopfhaut, Ziegenbärtchen. Klar, bis später.“ Sie legte das Handy weg und ließ sich auf den Barhocker sinken, der hinter dem Tresen stand.

Feuerkuss und Flammenseele

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