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Kapitel 5

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Aruni sah sich im Geschäftsraum um. Es war kein Kunde da. Ein paar junge Frauen gingen am Laden vorbei und zeigten kichernd auf einige der Kleidungsstücke im Fenster. Touristinnen. Aruni schüttelte den Kopf, winkte aber freundlich. Gleich war Feierabend. Party-Zeit. Lange hatte sie überlegt, ob sie sich trauen sollte, ihre echten Hörner heute Abend zu zeigen. Auf der Halloween-Party würde sie nicht auffallen. Ja, heute würde sie es wagen. Sich endlich einmal nicht verstecken. Aber zuerst würde sie ein wenig die Ständer abstauben. Mit den letzten Kunden kam die Dunkelheit. Endlich, geschafft. Ihre Schicht war zu Ende. Zeit, sich schick zu machen.

Aruni schloss die Tür und hängte ein „Bin gleich zurück“-Schild an die Fensterscheibe. Als Kostüm wählte sie eine knappe, rot-schwarze Korsage und einen kurzen, schwarzen Rock. Dazu passten ihre Stiefel perfekt. Sie schminkte sich vor dem Spiegel in der Umkleidekabine Smokey Eyes und feuerrote Lippen. Langsam löste sie die Satinbänder und ließ ihre dicken schwarzen Haare in langen Wellen über die Schultern hängen. Dann legte sie das Geld für ihr Kostüm in die Kasse und begutachtete sich nochmal im Spiegel. Sie zog eine Grimasse und zeigte ihre schwarz lackierten Krallen. Darüber musste sie lachen. Oh ja, das wirkte teuflisch. Nicht einmal ihre Mutter hätte daran etwas auszusetzen gehabt.

Als Aruni aus der Kabine trat, kam Lilly, ihre Ablösung für den Abend. „Du bist ja schon verkleidet! Mann, du siehst heiß aus!“ Sie drückte ihr einen Kuss auf jede Wange und sah sich Aruni noch einmal an. „Mensch, irre. Die Hörner sehen total echt aus. Wo hast du die nur wieder her? Hier, ich hab dir dein Abendessen mitgebracht.“

Arunis Kollegin trippelte in ihrem bodenlangen schwarzen Kleid à la Morticia Adams zum Tresen, legte ihre Tasche ab und reichte Aruni eine Papiertüte mit einem rosa-weißen Logo.

Aruni schnupperte und riss die Tüte auf. „Oh, Lilly! Meine Lieblingsdonuts mit Karamellfüllung und Schokoladenglasur! Du bist ein Schatz!“ Mit geschlossenen Augen biss sie in das süße Gebäck. „Himmlisch...“, gurrte sie. Lilly lachte. „Und das aus dem Mund einer Teufelin.“

Aruni vergaß weiter zu kauen und sah Lilly erschrocken an, aber die beschäftigte sich schon wieder mit dem Kassenbuch. Ach ja, das Kostüm. Sie entspannte sich wieder und kaute weiter.

„Kommst du nachher auch? Am Camden Lock steigt eine riesige Open Air Party heute. Petunia ist bestimmt schon ganz wild aufs Tanzen. Sie hat sich letztens schon die Karten gelegt und meinte heute würde sie den Mann fürs Leben kennenlernen. Einen Tänzer“, erzählte sie zwischen zwei Bissen und verdrehte die Augen ein wenig.

„Ja, vielleicht. Ich ruf dich an“, sagte Lilly und wandte sich zwei Touristen zu, die gerade den Laden betreten hatten. Die Sache mit Petunia hatte sie anscheinend gar nicht gehört. Aruni zuckte mit den Schultern.

„Gut, ich bin dann mal weg, Lilly. Bis nachher!“ Aruni leckte sich die Finger ab und verließ den Laden.

Noch den süßen Geschmack im Mund genießend, schlenderte sie die Straße entlang in Richtung Lärm und Licht und Raucheffekte. Männer und Frauen, die heute aussahen wie Geister, Zombies, untote Schulmädchen, rosa Bunnies und spitzhütige Zauberer, schrammten an ihr vorbei. Ein Mann in einem Skelettanzug warf Aruni einen lüsternen Blick zu und legte ihr dann im Vorbeigehen einen Arm um die Schulter. Er flirtete: „Na, du süßer Teufelsbraten! Willst du mich nicht mal in die Hölle einladen?“

Aruni lachte und sagte: „Nein, tut mir leid. Ich hatte heute nicht vor, dorthin zurückzukehren.“

Er ließ von ihr ab und gesellte sich wieder zu seinen laut grölenden Kumpels. Aruni zog ihr Korsett zurecht und überquerte die Straße. Laute Musik und Gelächter wehten zu ihr herüber. Sie mischte sich unter die Leute und kaufte sich ein Bier. Daran nippend, bahnte sie sich einen Weg durch die vielen Kostümierten. Ein Dämon lief an ihr vorbei. Ob es ein echter war? Sie kannte ihn jedenfalls nicht. Aruni drehte sich nach ihm um und stieß mit dem Rücken gegen jemanden. „Oh, Verzeihung“, sagte sie schnell.

„Da gibt es nichts zu verzeihen“, sagte eine sonore Stimme. „Eine so schöne Frau darf mich jederzeit gerne wieder anrempeln.“

Was für ein Sound! Diese Stimme ging ihr durch und durch. Ob der Typ wohl genauso feurig war wie seine Stimme? Aruni drehte sich langsam um und sah direkt in zwei tiefblaue Augen. Sie ließ ihren Blick schnell über seinen Körper huschen. Wow, er hatte eine richtige Traumfigur. Schmale Taille, muskulöser Oberkörper, blaues Hemd, blaue Jeans und – barfuß. Verwundert musterte Aruni seine Füße.

„Entschuldigung“, sagte er nach einer Weile, nachdem sie nicht antwortete. Er hatte einen merkwürdigen Akzent, der Aruni sofort gefiel. Er hatte so etwas Vertrautes an sich. Und was für eine Stimme … tief wie ein Vulkan und mindestens genauso glühend.

„Woher kommst du?“, fragte sie.

„Von der Küste“, sagte er. „Ich heiße Ilvio.“

„Aruni, sehr erfreut.“

Ilvio starrte auf Arunis Hörner.

Die Musik schwoll plötzlich an. Aruni spürte den Beat bis in die Schwanzspitze, die leider immer noch fest an ihren Körper gedrückt war.

„Du bist ja gar nicht verkleidet, Ilvio“, schrie Aruni über den Lärm hinweg. „Oder gehst du als Filmstar? Oder Model?“

Sie lachte, spürte aber wie ihre Wangen rot wurden.

Ilvio senkte seinen Blick und sah nun in Arunis Augen. „Ich bin erst heute in der Stadt angekommen. Ich wusste nichts von dieser Feier“, erklärte er.

„Was? Aber Halloween gibt es doch in ganz England. Heute wird überall gefeiert, vermutlich fast überall auf der Welt! Unter welchem Stein lebst du denn?“

Sie lächelte und bot ihm ihre Bierflasche an. Dieser Kerl war wirklich eine Wucht. So lange war es her, dass sie einen Dämon gehabt hatte. An Menschen hatte sie sich bisher noch nicht herangetraut. Ob sie nicht vielleicht heute eine Ausnahme machen und diesen Typen mit nach Hause nehmen konnte? Immerhin war Halloween. Möglicherweise würde er alles an ihr für ein Kostüm halten. Nein, vermutlich nicht. Ihren Schweif würde er wahrscheinlich nicht als Kostüm durchgehen lassen. Besonders nicht, wenn der sich bewegte. Ach, und dann war da ja natürlich noch ihre rot-schwarze Haut um ihre Körpermitte. Sehr ärgerlich, dass sie nicht wie die Vampire die Fähigkeit besaß, Menschen in Trance zu versetzen. Schade ... wirklich sehr schade.

Aber flirten konnte sie ja den ganzen Abend, und wenn er mitkam, kam er eben mit. Dann würde sie ihm zur Not mit der Hölle drohen, davor fürchteten sich die Menschen schließlich immer noch.

Aruni fühlte sich großartig. Die Musik wummerte durch ihre Adern und ließ ihre Füße von ganz alleine tanzen. Sie begann einen kleinen, rockigen Walzer, nahm seine Hand und legte sie auf ihre Schulter. Dann riss sie ihn einfach mit. Sie spürte, wie er sich steif machte, doch nach ein paar Schritten schmiegte er sich in den Rhythmus und tanzte wie tausend Funken. Aruni jauchzte und ließ sich drehen und genoss einfach das Gefühl von Ilvios Hand an ihrer Taille. Ihr Herz klopfte laut, als ihre Blicke sich trafen und aneinander hängen blieben.

„Wo sind eigentlich deine Schuhe? Hast du keine kalten Füße? Oder sind sie bei unserem heißen Tanz in Flammen aufgegangen?“ Sie lachte erneut und sah ein fröhliches Funkeln in seinen Augen.

Vermutlich war es genau das, das und der Alkohol und die Musik, die durch Arunis Blutbahn rauschten. Als Ilvio langsamer wurde, stellte sie sich auf ihre Zehenspitzen und küsste ihn stürmisch mitten auf den Mund. Seine Muskeln spannten sich unter ihren Händen an. Er hielt inne, aber nur, um sie im nächsten Moment näher an seinen Körper zu ziehen und seine Zunge nun mit der ihren tanzen zu lassen.

Aruni stöhnte leise und spürte nur noch seine streichelnden Hände auf ihrem Rücken. Irgendwer jubelte und pfiff, dann wurde Aruni angerempelt und gerade noch von Ilvio aufgefangen, bevor sie gegen ein anderes Pärchen krachte. Ilvio fauchte denjenigen an, der sie beinahe zu Fall gebracht hätte, aber der schien es gar nicht zu hören und torkelte weiter. Arunis Blut loderte noch immer und sie spürte einen Hunger wie lange nicht.

„Ilvio“, flüsterte sie in sein Ohr. „Ich weiß, wir kennen uns noch nicht lange. Aber kommst du mit zu mir? Ich kann für nichts garantieren, außer dass ich gleich verbrenne vor Lust.“ Sie kicherte und strich über Ilvios Hemd. Durch den Stoff spürte sie ein waschechtes Sixpack und grinste glücklich. So musste ein Mann gebaut sein!

Ilvio nickte und legte einen Arm um sie. „Jetzt gleich?“, fragte er mit einer verführerisch rauchigen Stimme.

Aruni nickte nur und zog Ilvio mit sich durch die Menschenmenge. Auf der Straße rannte sie los. Ilvio hielt lachend mit ihr Schritt.

Wenig später hielt sie vor der rot gestrichenen Haustür an und zupfte das Lederband mit dem Hausschlüssel aus ihrem Ausschnitt. Sie schloss auf und zog Ilvio mit sich in den kühlen Flur. Dieses Mal war er schneller und presste Aruni gegen die Wand. Sie lehnte mit dem Rücken ans Treppengeländer. Alles an ihr glühte schon von Ilvios Küssen.

Verführerisch schlang sie ein Bein um seine Hüften und drückte mit ihrem Stiefel gegen seinen Po. Dieser Mann bestand überall aus Muskeln. Aruni seufzte in seinen Mund. Ein wohliger Schauer durchlief sie, als seine Hand unter ihren Rock glitt. Ach du schwarze Höllenbrut! Was, wenn er ihren Schweif entdeckte? Erst einmal nach oben locken. Sie nahm seine wandernde Hand in ihre, zog ihn die Treppe hinauf und schloss eilig ihre Tür auf. Ilvio knabberte an ihrem Nacken und ließ seine Hände über ihren Bauch wandern.

Sie fielen beinahe durch die Haustür. Aruni konnte sie gerade noch mit dem Fuß zutreten, bevor sie strauchelten und auf dem Teppich im Wohnzimmer landeten.

Aruni dachte nicht mehr an ihren Schweif, und sie dachte auch nicht an ihre Hörner. Sie dachte nur an Ilvio und daran, wie sehr sie ihn wollte. Er war der heißeste Typ, den sie seit langem gesehen hatte. Und er machte sie tausendmal mehr an als jeder Dämon in der Hölle.

Sie drängte sich näher an ihn. Durch den dünnen Stoff seiner Hose spürte sie, wie sehr er ihre Berührungen genoss. Grinsend küsste sie ihn weiter, hielt mit einer Hand seinen Nacken fest und öffnete mit der anderen Hand den Knopf an seiner Hose. Er stöhnte ihren Namen.

Aruni wurde rasend, riss ihm die Hose herunter und warf Ilvio auf den Rücken. Sie knabberte sich einen Weg von seiner Brust nach unten. Über das blaue Glühen seiner Haut wunderte sie sich nur für den Bruchteil einer Sekunde, dann hatte etwas anderes ihre volle Aufmerksamkeit. Schon hatte er sie auf ihren Rücken geworfen und ihre Korsage entschnürt. Sie merkte kaum noch, dass ihr Stringtanga ihre Beine hinunter wanderte. Im nächsten Augenblick stöhnten sie und Ilvio gleichzeitig auf.

Feuerkuss und Flammenseele

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