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4.1.4.1. Konung Alexander
ОглавлениеKonung AlexanderKonung Alexander stellt die schwedische Bearbeitung der I2 Rezension der Historia de preliis des Archepresbyters Leo dar, die die Zeit um 900 datiert wird und vom Leben Alexanders und seiner Weltherrschaft handelt. Forschungsgeschichtlich lassen sich vier große Analysekomplexe in Bezug auf das Werk ausmachen:Konung AlexanderCod. Holm. D41 zum einen die Frage nach der Relation des Textes zu seiner kontinentaleuropäischen literarischen Tradition vor dem Hintergrund der Entwicklung der schwedischen volkssprachigen Literatur, zum anderen die Untersuchungen seiner sprachlichen und stilistischen Gestalt sowie die Einflüsse der zeitgenössischen schwedischen höfischen Werke wie der EufemiavisorEufemiavisor und der ErikskrönikanErikskrönikan. Darüberhinaus wird auf thematischer und interpretativer Ebene das in Konung Alexander vermittelte Weltbild thematisiert sowie die Konstruktion eines Weltherrschers, die durchaus ambivalent ausfällt. Letztlich stellt sich ebenfalls die Frage nach der Einordnung des Textes in den zeitgenössischen soziokulturellen Hintergrund sowie nach seinem Entstehungs-und Rezeptionsmilieu. Der Auftraggeber für die schwedische Bearbeitung des Textes wird im Epilog erwähnt:
Thæsse book hon hafwer nw ænda
hona loot til swenske wænda
aff latine oc swa til rima
[…]
en ærlik drotzet innan swerik
bo ionsson swa næmpner han sik.2
Es handelt sich um Bo Jonsson Grip, einen schwedischen Reichsdrost und Großgrundbesitzer, „recognized leader of the Swedish aristocracy up till his death in 1386“.Dikten om Kung Albrekt3 Aus diesem Grund ist das Entstehungs- und Rezeptionsmilieu im schwedischen Adel und in den Kreisen um Bo Jonsson anzusiedeln.Konung Alexander4 Hier findet sich der rote Faden zu anderen Texten der Handschrift. Obwohl Konung AlexanderKonung Alexander selbst kein dezidiert höfischer Roman ist,Erikskrönikan5 so bleibt er dennoch in einen höfischen Rahmen eingebettet. Argumente hierfür sind der adelige Auftraggeber und damit das anzunehmende aristokratische Rezeptionsmilieu sowie die Tatsache, dass die EufemiavisorEufemiavisor und die ErikskrönikanErikskrönikan offensichtlich als Inspirationsquelle auf der stilistischen und formalen Ebene fungierten. Bampi stellt fest, „the translator judged it appropriate to furnish the narration of Alexander’s deeds with traits that were familiar to the aristocratic audience the text was meant to address“.6 Weiterhin sei es plausibel, dass die Re-Integration des Textes im aristokratischen Milieu die Repräsentation von Alexanders Taten in vielerlei Hinsicht beeinflusste.7
Die ältere Forschung bewertete Konung AlexanderKonung Alexander als eine ernste politische Tendenzschrift.8 Gisela Vilhelmsdotter hingegen spricht von einem „exemplum“.9 Sowohl zum Zeitpunkt seiner Übersetzung ins Schwedische um 1380, d.h. während der Regierungszeit Albrechts von Mecklenburg, als auch im Zeitraum von 1425 bis 1430 zu Zeiten Eriks von PommernErik von Pommern, als der Hauptteil des Cod. Holm. D4Cod. Holm. D4 angefertigt wurde, lässt sich der Text auf die jeweils aktuelle zeitgenössische politische Situation beziehen. Die negativen Eigenschaften, die die Figur Alexanders in der schwedischen Adaption kennzeichnen, lassen sich gleichfalls auf die Könige Albrecht und Erik übertragen und bieten somit ein negatives exemplum.
Thematisch lässt sich der Text mit der zweiten Episode des Karl Magnus, welche die Schlacht von RoncesvallesRoncesvalles und den Tod Rolands und Oliviers zum Thema hat, durchaus vergleichen – in beiden Texten wird die Singularität der Helden und die daraus resultierende problematische Integration ins Kollektiv thematisiert. Ist es im ersteren noch die maßlose Neugierde Alexanders, die seinen Untergang bewirkt, so ist es in Karl Magnus Rolands Hochmut und seine Maßlosigkeit, die neben dem Verrat Ganelons die Niederlage der fränkischen Armee, seinen eigenen Tod wie auch den seines besten Freundes Olivier zur Folge haben. Auch in der ersten Episode, während der Pilgerfahrt nach Jerusalem und Konstantinopel, werden Karl und seine Gefährten durch ihren Übermut und ihre, im betrunkenen Zustand ausgesprochenen Prahlereien, gabs, in große Gefahr gebracht. Nur durch intensives Beten kommt Karl als Sieger dieser Episode davon – allerdings nicht ohne die mahnenden Worte eines ihm erschienenen Engels. Die Aufrechterhaltung einer göttlichen Weltordnung wird somit durch Maßlosigkeit und Hochmut gefährdet, wovon große Krieger wie RolandRoland oder herausragende Könige wie Karl und Alexander nicht ausgenommen sind. Ihr tiefer Fall ist umso exemplarischer, werden die Texte der Handschrift doch gewiss gleichermaßen vor dem Hintergrund der religiösen und didaktisch-moralischen Texte rezipiert.
Weiterhin zeigen beide Texte großes Interesse an detaillierten Beschreibungen der orientalischen Welt und den damit assoziierten Schönheiten und Wundern. Die hier konstruierten positiven Alteritätsbilder stehen in einem scharfen Kontrast zu denen der adaptierten Chanson de RolandRoland. Der Alteritäts- bzw. Orient-Diskurs findet sich ebenfalls in einem anderen Text der Handschrift, nämlich in einer der EufemiavisorEufemiavisor, Flores och BlanzeflorFlores och Blanzeflor, in dem der Held der Geschichte, der junge Flores, seiner nach Byzanz verkauften Geliebten folgt und die Wunder im Garten des Emirs von Babylon erlebt. Diese diskursiven Parallelen, die thematisch die Texte der Handschrift miteinander verknüpfen, werden im Kapitel 5 der vorliegenden Arbeit im Detail untersucht.