Читать книгу In die Weite leben - Elena Schulte - Страница 12
Gedankenreise
ОглавлениеMein Blick wandert wieder in die Weite und nimmt meine Gedanken mit. Wie voll doch meine letzten zwei Wochen waren.
Unsere jüngste Tochter hatte ihre dritte Mittelohrentzündung in drei Monaten. Deswegen war ich mehrfach bei verschiedenen Ärzten.
Mein Mann hat einige wichtige Gespräche bezüglich seiner beruflichen Zukunft geführt und die damit einhergehenden Fragen haben uns als Ehepaar sehr beschäftigt. Wie geht es weiter? Welche Richtung sollen wir einschlagen? Wir können die Zukunft noch nicht klar sehen.
Ich selbst bin Hunderte von Kilometern gefahren, habe an verschiedenen Stellen Vorträge gehalten und dabei viele Menschen kennengelernt. Das ist immer ein Segen und eine totale Bereicherung für mich, zugleich aber auch anstrengend und oftmals sehr herausfordernd. Vor allem, wenn ich müde wieder nach Hause komme und sich meine Familie darauf freut, dass ich endlich wieder da bin und wir nun bestimmt etwas ganz Tolles unternehmen können!
Unsere beiden großen Kinder haben viele Klassenarbeiten geschrieben, für die wir gemeinsam gelernt haben. Das hat nicht immer zu guter Laune geführt. Und dann hatten sie gestern ihren ersten Schwimmwettkampf und waren sehr erfolgreich. Das haben wir natürlich gefeiert und sind so stolz auf sie!
Ach, und dann war da auch noch der Lobpreisabend in unserer Gemeinde, bei dem ich das Gefühl hatte, dass Gott so deutlich und klar mit mir gesprochen, mich in seine Arme geschlossen und mir einfach gutgetan hat.
Beim Revuepassieren der vergangenen Tage und Wochen bin ich mir nicht ganz sicher, worauf ich meine inneren Augen scharf stellen soll. Waren diese Zeiten schwer – mit Arztbesuchen, Klassenarbeiten, weitreichenden Entscheidungen? Oder waren sie erfolgreich – mit Schwimmmedaillen, guten Zensuren, einer überstandenen Krankheit und viel positivem Feedback auf meine Vorträge? Bin ich heute erschöpft, weil es alles in der Summe irgendwie viel zu viel war und ich gar keine Zeit hatte, zwischendurch mal mit einer Tasse Kaffee in der Sonne zu sitzen und durchzuatmen? Oder bin ich zutiefst dankbar, weil ich so gesegnet und beschenkt bin und mein Leben einfach bunt und frech und wild und wunderbar ist?
Es fordert mich immer wieder aufs Neue heraus, einen ausgewogenen und gesunden Blick auf mein Leben zu haben. Dieser ist so abhängig von meiner Tagesform, meinem Energielevel, den Terminen im Kalender, den Erfolgen oder Misserfolgen der letzten Zeit, den Menschen um mich herum, ja sogar vom Wetter oder der Tatsache, ob ich mich heute in meinen Klamotten wohlfühle. Gerade letzte Woche suhlte ich mich in meinem Leid über das Dauerkranksein von meiner Tochter, als ich mit einer Frau ins Gespräch kam, die ihren 5-jährigen Sohn bei einem Unfall verloren hatte und danach von ihrem Mann sitzen gelassen worden war. Paff – ich hörte sofort auf zu klagen und war einfach nur noch dankbar darüber, wie klein meine Probleme eigentlich sind …