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Kurz Durchatmen – und dann weiter …

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Nach diesem Rundflug über die großen und wesentlichen Schauplätze meines Lebens brauche ich selbst eine kleine Verschnaufpause. Kennst du das Gefühl, von Altbekanntem und Wohlvertrautem völlig überrascht zu werden? Ungefähr so geht es mir gerade. Die Summe der guten Dinge meines Lebens ist für mich einfach überwältigend – nicht zuletzt, weil ich sie mir selten so geballt vor Augen führe. Und das Aufgezählte war ja bei Weitem noch längst nicht alles! Ich könnte noch von vergangenen Urlauben, erfüllenden Hobbys, bestimmten Lebensabschnitten, erlebten Abenteuern oder bevorstehenden Projekten erzählen.

Ich hoffe, du verstehst, dass es mir hier keineswegs darum ging, einen auf dicke Hose zu machen oder mal so richtig anzugeben. Im Gegenteil. Für die meisten Dinge bin ich ja gar nicht verantwortlich, es sind einfach unglaublich großzügige Geschenke eines Gottes, bei dem Segen und Gnade im Überfluss zu finden sind. Darum blüht mein Lebensland bunt! Er hat mich auf weiten Raum gestellt, in dem ich aufatmen kann. Er hat mir eine Freiheit geschenkt, die mir im Herz und in den Fingern kribbelt, und mir Platz zum Gestalten gegeben, der mich einlädt und täglich neu meine Abenteuerlust weckt.

Dich mit auf diesen Rundflug zu nehmen hatte nur ein Ziel: dir Lust zu machen, auch mal eine Runde über deine Welt zu drehen und ebenfalls dabei mit Kopf und Herz den Fokus auf das Gute darin zu richten.

Hand aufs Herz

• Wo kommst du her? Welche Menschen haben dich geliebt und geprägt, dir Wichtiges beigebracht und dich gefördert?

• Wie sieht dein Umfeld aus? Wo lebst du? Auf welchem (Lebens-)Weg bist du dort hingekommen? Gibt es Lieblingsorte (ganz reale oder auch für deine Seele), an die du dich gerne zurückziehst oder wo du Kraft tanken kannst?

• Wer sind deine Freundinnen und Freunde? Wer von ihnen ist wirklich ein Herzensmensch? Wie hast du sie kennengelernt? Wann hattest du das letzte Mal eine schöne Zeit mit ihnen?

• Wie steht es um deine Familie? Wer gehört dazu? Zu wem hast du eine gute und tiefe Beziehung?

• Welchen Job hast du? Was gefällt dir daran? Welche Rolle spielst du in deinem Unternehmen? Gibt es Kollegen, die deinen Arbeitstag bereichern?

• Welche Gaben und Hobbys hast du? Wo fühlst du dich lebendig? Welche Tätigkeiten geben dir mehr Kraft, als dass sie dir Kraft rauben? Woran hast du richtig Spaß, sodass du regelrecht die Zeit vergisst?

• Gibt es Ziele in deinem Leben, die dich im Hier und Heute motivieren und beflügeln? Was würdest du gerne noch lernen oder erreichen? Welche Weichen stellst du heute schon, damit du in einem, in drei oder in zehn Jahren da bist, wo du hinwillst? Was würdest du tun, wenn Geld und Zeit keine Rolle spielten?

• Hast du eine Gemeinde? Was macht diese Gemeinde aus? Was liebst du an ihr? Welchen Platz nimmst du dort ein? Und wo siehst du dich und deine Gemeinde in ein paar Jahren?

• Und was macht dich sonst noch zu einem beschenkten und reichen Menschen?

Vielleicht erscheint es dir gar nicht so einfach, manche der Antworten zu finden, oder du merkst, dass du bei allem Guten immer so schnell wieder auch die negativen Aspekte siehst. Dann kann es dir helfen, andere Menschen zu fragen. Du könntest zum Beispiel deine Partnerin/deinen Partner oder gute Freunde fragen, welche Gaben sie in dir sehen oder was sie denken, wo du für andere oder für deine Gemeinde wertvoll bist, wo es dir gut geht und warum du ein unglaublich tolles Lebensland hast.

Mir hilft auch oft ein Perspektivwechsel wie ein Spaziergang oder eine kleine »Belohnung« wie ein leckerer Kaffee, wenn ich mich »festgedacht« habe oder mir das Konzentrieren schwerfällt. Auf jeden Fall mache ich dir Mut, diesen Teil nicht einfach zu überlesen oder nur maximal zwei bis drei Antworten grob anzudenken, denn so werden dir wichtige Sichtweisen und Perspektiven für die weitere Reise durch dein Lebensland fehlen. Nimm dir Zeit, einen Stift und ein Blatt Papier oder auch dein Tagebuch und halte fest, wie sehr dein Lebensland beschenkt und gesegnet ist, wo du saftige Wiesen und bunte Blumen findest und was dort alles zum Leben einlädt. Am Ende wirst du staunen, was dir alles auf- und eingefallen ist! Versprochen.5

Zu gerne würde ich mir jetzt von dir erzählen lassen, wo dich dein gedanklicher Rundflug hingeführt hat und welche Orte dir dabei begegnet sind. Wie geht es dir jetzt? Sprudelt da etwas von Lebenslust und Dankbarkeit, weil dir ganz neu klar geworden ist, welche Schätze dein Land in sich birgt? Und im Betrachten des vielen Guten haben sich vielleicht Ideen, Wünsche und Träume entwickelt, was alles noch werden kann und wo dich deine weitere Lebensreise hinführen soll?

Möglicherweise bist du aber beim Lesen der Fragen auch traurig oder ärgerlich geworden. Hattest gar keine Motivation, das Flugzeug abheben zu lassen und loszufliegen, weil du ganz genau um jede Schlucht, jedes brachliegende Feld, jede Ruine und jede Baustelle deines Lebenslandes Bescheid weißt. Hast beim zögerlichen und ziellosen Rundendrehen gedacht: »Die hat gut reden. Wessen Land saftig grüne Wiesen und hübsch geschnitzte Bänke an sonnigen Wegesrändern beherbergt, macht natürlich gerne einen kleinen Rundflug darüber. Aber flieg mal über (m)ein Kriegsgebiet! Wenn von oben so vieles zerstört und abgestorben aussieht. Jetzt fühle ich mich in meinem Leben noch verlorener und unglücklicher als sowieso schon.«

Vielleicht erlebst du gerade Schweres: Verlust. Angst. Trauer. Resignation. Oder du wirst gemobbt. Überfordert. Verkannt. Oder, oder, oder. Dinge, die es kaum zulassen, den Blick auf das Gute zu richten. Dinge, die ein Gefühl von Selbstbetrug zurücklassen, so als würde man von einem bedrohlichen und lauten Trommelwirbel überrollt, sich aber überschwänglich und übertrieben über den leisen und kurzen Ton einer Piccoloflöte freuen.

Was auch immer gerade in dir vorgeht und was dein Herzensrundflug dir für einen Blick eröffnet hat: Lass es zu! Es bringt weder etwas, sich weniger zu freuen, weil man weiß, dass es anderen Menschen schlechter geht, noch, sich zur Freude zu zwingen, obwohl sie sich einfach nicht entdecken lassen will. Unser Leben ist unser Leben und es durchläuft immer wieder verschiedene Phasen und Zyklen, die ihre Berechtigung haben und denen wir Raum geben dürfen. Aber auch wenn das Schwere und Veränderungswürdige im Moment die größere und lautere Rolle in deinem Leben übernimmt, so mag ich dir Mut machen: Schenke auch den feinen, vielleicht sehr leisen Melodien der guten Momente Gehör. Sie werden den momentanen Krach deines Lebens wahrscheinlich nicht dämpfen, aber sie geben dennoch der Seele kurze Momente des Durchatmens und Weiterhoffens.

In die Weite leben

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