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ОглавлениеAndersen war wieder mit sich allein in seiner durch die heruntergelassenen Rollos vom Tageslicht abgeschirmten, spärlich beleuchteten Kneipe, als Lou Feldmann durch die Küche hereinkam, ihm zunickte und sich ihm gegenüber an den Tisch setzte.
„Hallo, Kommissar“, sagte Andersen.
Auf dem Tisch standen eine Flasche und zwei Gläser. Andersen schenkte beide voll. „Ich wusste, dass Sie kommen.“
„Haben Sie nicht ein paar Freunde im Ausland?“, fragte Feldmann ohne weitere Einleitung. Er hob sein Glas in die Höhe, hielt es sich vor die Augen, schaute oben über den Rand Andersen ins Gesicht. Der schüttelte den Kopf, zuckte die Schultern.
„Schon. Aber ich will nicht verreisen.“
„Und ich will Sie nicht festnehmen.“
„Da haben Sie ein Problem.“
„Wir werden es gemeinsam lösen.“
Andersen legte den Kopf schräg und kniff die Augen zusammen. „Unter diesen Umständen müsste ich mal telefonieren“, sagte er. Er zeigte auf das Telefon hinter dem Tresen, stand auf, mit der Hand stützte er sich auf die Stuhllehne, sein Gang war wacklig, die Schritte klein, unsicher schlurfend. Feldmann wusste, dass er nicht betrunken war. Es wird nicht mehr lang dauern mit ihm, dachte er.
„Wir haben alle Zeit der Welt“, sagte Lou Feldmann. Er fuhr langsam. „Hübsches Viertel hier.“ Feldmann hatte schon lange nichts mehr in Dahlem zu tun gehabt. Andersen neben ihm nickte. Er schaute angestrengt durch die Scheiben. Schließlich deutete er auf ein Straßenschild: „Im schwarzen Grund“. Feldmann bog ein.
„Da vorne rechts“, sagte Andersen.
Sie hielten vor einer der Stadtvillen. Andersen stieg aus, ging zur Gartentür, klingelte. Nach einer Weile schwang das Einfahrtstor auf. Andersen gab Feldmann ein Zeichen. Der fuhr an ihm vorbei die leicht abfallende Einfahrt hinunter zum Hauseingang. Andersen kam langsam nach. Dimitri Cordalis stand auf der obersten Treppenstufe vor der Haustür und sah ihm entgegen.
Feldmann stieg aus, holte einen kleinen Koffer aus dem Kofferraum und stellte ihn vor Andersen hin.
„Können Sie mir den hineintragen, bitte?“, fragte Andersen.
Feldmann sah den Koffer an, sah Andersen an, blickte zu Cordalis, schüttelte den Kopf, hob die Schultern und nahm den Koffer hoch.
„Ich habe den Eindruck, dass Sie gerade Ihren Job an den Nagel hängen, Kommissar“, sagte Cordalis mit einem leisen Lächeln.
Der weiß mehr als ich, dachte Lou Feldmann und trug hinter Andersen und Cordalis den Koffer nach oben zum Dachgeschoss, das als großzügiges Apartment ausgebaut war. Andersen hielt sich am Türrahmen fest, er brauchte einige Atemzüge, bis er wieder ruhig atmen konnte. Dann ging er mit kleinen Schritten voran, als wollte er die Räume inspizieren. Küche, Duschbad, Schlafzimmer, kleiner Salon, Fenster zum Garten hin. Er nickte, lächelte Cordalis an. „So ungefähr hab ich mir das vorgestellt.“ Und zu Feldmann sagte er: „Jetzt wissen Sie wenigstens, wo Sie mich finden, falls Sie es sich doch noch anders überlegen.“
„Keine Angst“, sagte Feldmann. Er hatte den Koffer neben die Tür zum Schlafzimmer gestellt und wollte sich eben von Andersen verabschieden, als es klingelte.
„Das wird die Ärztin sein“, sagte Dimitri Cordalis. „Ich habe sie gebeten, gleich vorbeizukommen. Zum Glück hat sie heute erst Nachtschicht.“ Er ging nach unten, um die Tür zu öffnen.
„Sie brocken sich meinetwegen eine Menge Schwierigkeiten ein“, sagte Andersen. Er legte eine etwas zittrige Hand auf Feldmanns Unterarm und schaute ihm fest in die Augen.
„Ich schätze mal, Sie werden mich nicht verraten“, erwiderte der nur. „Und Dimitri Cordalis vermutlich auch nicht.“
Auf dem Weg nach unten begegnete ihm die Ärztin. Ihre Blicke kreuzten sich nur kurz. Dann schauten sie beide schnell aneinander vorbei. Recht jung noch, Anfang dreißig vielleicht, gutes Gesicht, gute Figur, nicht unsympathisch, dachte Lou. Und er dachte auch: gefährlich. Sympathy for the devil.