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ALTERSVERGESSLICHKEIT ODER DEMENZ?
ОглавлениеWelche erstaunlichen Leistungen das Gehirn tagtäglich vollbringt, damit wir reden, verstehen und uns erinnern können, wird oft erst deutlich, wenn es nicht mehr so gut klappt. Zwei Drittel der über 65-Jährigen hierzulande haben Angst, an einer Demenz zu erkranken. Fast ebenso viele fürchten den Verlust der Selbstständigkeit. Klar, es ist ärgerlich, wenn man einen Arzttermin vergessen hat oder sich nicht mehr erinnern kann, wo man den Autoschlüssel abgelegt hat. Da geraten ältere Menschen oft in stille Panik, weil sie darin den Beginn einer Demenz vermuten. Zum Glück erweisen sich solche Ausfälle meist als harmlos. Doch jeder fragt sich: Ist es eine Krankheit oder nur ein Entwicklungsschritt?
DEUTET AUF ALTERSVERGESSLICHKEIT | DEUTET EHER AUF EINE DEMENZ |
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◆ Die ersten Anzeichen machen sich erst in einem Alter von über 60 Jahren bemerkbar. Einbußen zeigen sich vor allem bei anspruchsvollen Tätigkeiten, nicht bei den gewöhnlichen Alltagsroutinen. | ◆ Erinnerungslücken zeigen sich auch schon vor dem 60. Geburtstag. Vertraute Abläufe bereiten zunehmend Probleme. Vergesslichkeit führt zu Problemen im Job. |
◆ Die Vergesslichkeit bleibt vorübergehend, Schwierigkeiten wie etwa das Verlegen von Gegenständen oder das Vergessen von Namen treten nur gelegentlich auf. | ◆ Die Phasen dauern an und werden über Wochen oder Monate stärker. |
◆ Denkt derjenige in Ruhe nach und konzentriert sich, fällt ihm das Vergessene meist wieder ein. | ◆ Die Ausfälle beeinträchtigen wichtige Lebensbereiche wie etwa den Umgang mit Geld oder die Orientierung in der vertrauten Umgebung. |
◆ Es ist für den Betroffenen kein Problem, mündlichen oder schriftlichen Anweisungen zu folgen. | ◆ Betroffene wirken weniger aufmerksam als früher, vergessen wichtige Teile ihrer Vergangenheit und können sich trotz intensiven Nachdenkens nicht daran erinnern. |
◆ Allgemein übliche Merkhilfen wie zum Beispiel Wecker, Kalender und Notizzettel helfen den Betroffenen problemlos, im Alltag gut zurechtzukommen. | ◆ Sie können Anweisungen nicht folgen. Das Urteilsvermögen ist gestört, die körperliche Geschicklichkeit lässt nach. |
◆ Merkhilfen nützen nichts. |
DIE VIELEN FORMEN DER DEMENZ
Die meisten von uns denken bei zunehmender Vergesslichkeit zuerst an Alzheimer, dabei ist dies nur eine Form der Demenz, allerdings die am weitesten verbreitete. Geschätzte 60 Prozent aller Fälle sind ihr zuzuordnen, häufig handelt es sich auch um gemischte Formen. Ärzte unterscheiden:
FORTSCHREITENDE DEMENZ
Fachleute nennen diese Formen »degenerativ«. Sie zählen dazu die Alzheimer-Demenz, die wesentlich seltenere Lewy-Körperchen-Demenz und die mit 5 bis 10 Prozent der Fälle ähnlich häufige Frontotemporale Demenz, die auch jüngere Menschen betrifft.
MORBUS ALZHEIMER
Typisch für diese Demenzform sind der schleichende Beginn und der unerbittlich fortschreitende Verlust geistiger Fähigkeiten ohne körperliche oder seelische Ursache. Bis heute gibt es keinen Test und keine Labordiagnose, die dem Arzt genau sagt: Dieser Mensch leidet unter einer Alzheimer-Demenz. Die Untersuchung ergibt also eine sogenannte Ausschlussdiagnose. Das heißt, erst wenn alle anderen infrage kommenden Erkrankungen ausgeschlossen wurden, kann ein ausgebildeter Facharzt sagen, dass es sich um Morbus Alzheimer handelt. Eine letzte Gewissheit ergibt sich erst nach dem Tod des Erkrankten, falls Fachleute die Veränderungen des Gehirns unter dem Mikroskop betrachten.
GEFÄSSBEDINGTE DEMENZ
Etwa 15 Prozent der Demenzerkrankungen entstehen aufgrund von Durchblutungsstörungen des Gehirns, deshalb sprechen Ärzte in solchen Fällen auch von vaskulärer Demenz. Werden Gehirnzellen nicht mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt, sterben sie ab. Bei einem Schlaganfall führt der Verschluss eines Gefäßes zum Untergang von Hirngewebe, zusätzlich richtet eine Immunreaktion Schäden an.
HEILBARE FORMEN
Vergesslichkeit oder Desorientierung sind in selteneren Fällen nur vorübergehend und gut behandelbar. Fachärzte sprechen dann von reversibler Demenz.
DIE VIELEN GRÜNDE DER DEMENZ
Wer an sich oder einem Angehörigen Denkschwächen und Desorientierung bemerkt, ist natürlich sehr besorgt. Auch wenn nur jede zehnte Demenz heute umkehrbar ist, also vom Arzt geheilt werden kann, lohnt es unbedingt, jede kleinste Chance zu nutzen. Für eine gute Diagnose brauchen Betroffene, Ärzte und Angehörige dann manchmal großes Engagement und jede Menge Ausdauer.
URSACHEN, DIE SICH BEHEBEN LASSEN
Entsteht beispielsweise ein Gewächs im Gehirn, das Platz einnimmt und auf diese Weise Nervenzellen bedrängt, kann es zu Störungen im Denken kommen. Werden solche Tumore (Neoplasmen) entfernt, kann sich das Gehirn manchmal komplett erholen. Auch jede Verletzung des Gehirns aufgrund eines Sturzes oder eines Schlages kann demenzähnliche Folgen haben. Oft erholt sich das Gehirn dann ganz von selbst nach kurzer Zeit.
Große Chancen auf Heilung haben außerdem Menschen, deren Hirnleistung durch die Nebenwirkung von Medikamenten Schaden genommen hat. Dafür müssen alle derzeit eingenommenen Mittel kritisch auf den Prüfstand kommen. Neben Psychopharmaka können auch Herz- und Blutdruckmittel dem Gehirn die Leistungskraft nehmen.
BIS ZUR DIAGNOSE DRANBLEIBEN!
Geradezu detektivähnliche Fähigkeiten benötigen Ärzte, wenn sie Erkrankungen des Gehirns auf die Spur kommen wollen, die durch Bakterien, Viren, Pilze oder Parasiten ausgelöst werden und sich allein durch den Verlust geistiger Fähigkeiten äußern. Solche Entzündungen durch eine Infektion des Gehirns können die Ärzte, sind sie erst einmal erkannt, oft gut behandeln. Ähnliches gilt für seltene Autoimmunerkrankungen, die durch falsch programmierte Immunzellen ausgelöst werden. Es sind in solchen Fällen Antikörper, also körpereigene Eiweißstoffe, die das Hirn schädigen. Diese Art der Blutzellen gehören zu den effektivsten Waffen der körpereigenen Abwehrkräfte und sind eigentlich dafür da, Bakterien und Viren zu bekämpfen.
Wie häufig die Fälle sind, in denen sie die Nervenzellen des eigenen Gehirns angreifen, ist bis heute noch nicht gut erforscht. Einmal erkannt, kann die Erkrankung mit Spezialmedikamenten (Immunsuppressiva) oder mit Cortison oft geheilt werden. Doch die Diagnostik ist schwierig, weil die schädlichen Antikörper im Körper kaum nachweisbar sind und oft auch klare Anzeichen dafür im Körper fehlen.
DEMENZFORMEN MIT HEILUNGSCHANCEN
Veränderungen der Persönlichkeit und der Denkleistung, Auffälligkeiten im Verhalten können also viele Gründe haben. Hier eine Liste der häufigsten denkbaren Ursachen:
◆ eine Depression – der wichtigste und häufigste Grund!
◆ Mangelernährung, vor allem zu wenig B-Vitamine und Flüssigkeit
◆ ein akuter Verwirrtheitszustand, zum Beispiel durch eine Behandlung im Krankenhaus (Delir, siehe >)
◆ Nebenwirkungen von Medikamenten
◆ Abflussbehinderungen des Nervenwassers
◆ ein Sturz mit einer Gehirnerschütterung (Schädel-Hirn-Trauma)
◆ Blutungen innerhalb des Schädels
◆ Gehirntumore
◆ Hormonmangel (zum Beispiel Schilddrüsenhormon)
◆ zu niedriger Blutzucker (Hypoglykämien)
◆ Störungen im Mineralstoffhaushalt
◆ Nieren- oder Lebererkrankungen
◆ Vergiftungen durch Schwermetalle, organische Gifte oder Lösungsmittel
◆ Infektionen des Gehirns durch Bakterien, Viren, Pilze oder Parasiten
◆ Auch Erkrankungen wie Parkinson, Chorea Huntington (Huntington-Krankheit), die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit oder HIV-Infektionen können zur Demenz führen.