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Kapitel 8

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Irgendetwas liegt in der Luft.

Zwei Tage später fangen meine Gleason-Alarmglocken endgültig an zu läuten, Marian trödelt nämlich auf dem Weg zum Mittagessen herum.

»Ich weiß nicht, soll ich weiter im Supermarkt arbeiten oder mir woanders einen Job suchen?«, fragt sie und lehnt seelenruhig an meinem Spind.

Eigentlich könnten wir uns über so etwas auf dem Weg zum Essen oder beim Essen unterhalten, doch bis jetzt hat sie sich noch keinen Zentimeter in Richtung Cafeteria bewegt. Das ist nicht normal. Und gerade heute, an meinem Geburtstag, muss ich höllisch aufpassen.

»Ich meine, ich mag meinen Job«, fährt sie fort. »Aber sieht das später auf meinem Lebenslauf nicht komisch aus, wenn ich nur bei meinem Onkel gearbeitet habe? Immerhin sieht man ja sofort, dass wir verwandt sind – mein Nachname steht auf dem Ladenschild. Vermutlich immer noch besser, als bei meinem Dad an der Tankstelle zu arbeiten.«

Ich mache einen Schritt in Richtung Cafeteria, doch Marian bleibt wie festgewachsen an meinem Schließfach stehen.

»Du arbeitest ziemlich viel«, sage ich, nur für den Fall, dass sie sich wirklich Sorgen wegen ihres Nebenjobs macht. Immer wenn ich bei Feinkost Gleason einkaufen gehe und Marian Schicht hat, packt sie irgendwelche Kartons aus oder bepreist Ware. Manchmal kassiert sie oder steht hinter dem Wurst- oder Käsetresen. »Aber gibt es einen anderen Job, der dir mehr Spaß machen würde?«

»Die Auswahl hier ist nicht besonders groß«, erwidert sie.

»Stimmt, aber du bist eine Gleason.« So ziemlich jeder würde sie sofort einstellen. Schließlich ist ihr Vater der Bürgermeister.

Sie blickt nachdenklich zu Boden und mein Magen fängt an zu knurren.

Da klingelt ihr Handy in der Hosentasche. Nachdem sie einen kurzen Blick darauf geworfen hat, stößt sie sich von meinem Schließfach ab. »Was soll’s, lass uns essen gehen.«

»Soll ich dich als Babysitter weiterempfehlen?«, biete ich ihr an.

»Was?« Sie schaut mich an, als hätte das Gespräch eben gar nicht stattgefunden. »Äh, nein. Nicht nötig.«

Jetzt besteht kein Zweifel mehr: Ich tappe in eine Falle. Vorhin konnte ich es kaum abwarten, in die Cafeteria zu kommen, weil ich so einen Hunger hatte, aber jetzt spiele ich mit dem Gedanken, das Mittagessen ausfallen zu lassen.

Die Sache wird klar, als wir in die Cafeteria biegen. Da! Eine riesige Girlande hinten an der Wand.

Marian fängt an zu johlen. Neil, Rob, Jane und Julia stimmen mit ein.

Ich will am liebsten jeden Einzelnen von ihnen umbringen. Und natürlich ist es Rob, der mit seiner großen Klappe lautstark lossingt: »Happy Birthday to you …«

Ich vergrabe mein Gesicht in den Händen, als alle aus meinem Jahrgang mit einfallen, einer nach dem anderen, wie in einem Restaurant, wo sich die Gäste gezwungen fühlen mitzusingen, wenn jemand Geburtstag hat.

Heute Morgen hatte mir Marian einen Geburtstagsmuf‌fin mit einem superschönen Perlenarmband überreicht und ich dachte, das war’s. Falsch gedacht.

Obwohl es eine nette, echt süße Idee ist – alle, aber auch wirklich alle Augen in der Cafeteria sind auf mich gerichtet. Ich versuche, so unauf‌fällig wie möglich zu unserem Tisch zu gehen, auch wenn ich mit jeder Faser meines Körpers wegrennen und mich nach Kanada absetzen will.

Als ich mich endlich auf meinen Platz sinken lasse, ist das Lied vorbei und eine Runde donnernder Applaus hallt durch die ganze Cafeteria.

Rob hebt seine Hände. »Nur damit das klar ist, das ist nicht auf meinem Mist gewachsen.«

»Stimmt«, sagt Marian, als sie sich neben ihn setzt. »Rob meinte, du würdest vor Scham im Boden versinken, aber ich wollte etwas Besonderes für dich. Du bist achtzehn! Das ist ein großer Geburtstag, und weil du heute Abend mit deinem Dad feierst und nicht mit uns, musste das einfach sein! Okay, kommen wir zu den Geschenken.«

»Ihr braucht mir doch nichts zu schenken!«, protestiere ich.

»Warte ab, bis du sie aufgemacht hast«, wirft Rob ein.

Wo er recht hat …

»Als Erstes, das hier ist von Grandma.« Marian reicht mir einen roten Umschlag. Es ist eine Geburtstagskarte mit einem Fünfzig-Dollar-Schein und sie schreibt: Ich bin sehr stolz auf Dich und wünsche Dir ganz viel Glück. Alles Liebe, Grandma.

Grandma Gleason ist zwar theoretisch nicht meine Großmutter, aber sie behandelt mich trotzdem wie ein Familienmitglied. Ich nenne sie sogar Grandma, was sie sehr mag. Und ich auch.

Marian zieht einen Aktenordner aus ihrer Tasche. »Da du jetzt volljährig bist, eröffnet sich dir eine ganz neue Welt. Hier sind alle Formulare, die du brauchst, um wählen zu gehen, ein Bankkonto zu eröffnen, eine Kreditkarte zu beantragen, oder, du weißt schon … um heiraten zu können.«

Ach du meine Güte. Seit ich mich hingesetzt habe, hab ich es noch nicht gewagt, Neil anzuschauen, und jetzt geht das erst recht nicht. Ich spüre aber ganz genau die Blicke der anderen auf uns.

Warum bekommt man mit achtzehn nicht die Gabe, sich unsichtbar zu machen?

»Vielleicht ist das ein guter Zeitpunkt, um dich daran zu erinnern, dass du ab achtzehn Jahren auch jemanden verklagen darfst«, empfiehlt Neil.

»Oh!« Das muntert mich wieder auf. Ich schaue Rob ins Gesicht: »Gut zu wissen. Echt gut zu wissen.« Ich ziehe eine Augenbraue hoch und er zwinkert mir grinsend zu.

Gott. Jungs.

Jane und Julia schenken mir ein Lotterielos. »Falls du gewinnst, machen wir halbe-halbe«, sagt Jane und Julia nickt.

»Geht klar.«

Rob lässt seine Knöchel knacken. »Und jetzt, nachdem wir den ganzen langweiligen Erwachsenenkram hinter uns haben«, das sind ganz schön viele Formulare, »lass uns zu den wirklich lustigen Dingen kommen. Mit achtzehn darfst du Fallschirm springen.«

»Ich springe doch nicht aus einem Flugzeug!« Ich bin ja noch nicht mal in einem Flugzeug gewesen.

Rob nickt. »Hab mir schon gedacht, dass du so reagieren würdest. Dann machen wir eben was anderes. Nächstes Wochenende. Green Bay. Du und ich. Bist du dabei?«

»Bei was?«, frage ich, auch wenn ich es nicht wirklich wissen möchte.

Er reicht mir sein Handy, wo er die Website eines Tattoo-Studios aufgerufen hat.

»Nein, danke.«

»Ach, komm. Muss ja nichts Großes sein«, drängt Rob. »Ich dachte an so etwas in der Art wie ›Rob – Best Friend 4 Ever‹.«

Rob lacht, während alle anderen am Tisch aufstöhnen. Warum geben wir uns noch mal mit ihm ab? Ach ja, stimmt, weil Marian ihn wirklich sehr mag.

»Rob.«

»Ally.« Er imitiert meinen strengen Ton.

»Kommt nicht infrage, dass ich mir deinen Namen stechen lasse, denn sobald ich weg von hier bin und am College, werde ich mein Bestes tun, dich zu vergessen. Wahrscheinlich benötige ich dazu ein ganzes Team von Therapeuten, aber ich ziehe das durch, ich schwör’s.«

Er zeigt auf sein Gesicht. »Das wirst du nie im Leben vergessen.«

»Stimmt, es wird mich bis in meine Albträume verfolgen.«

»Neil, du bist dran!«, sagt Marian augenzwinkernd.

Nun nehme ich all meinen Mut zusammen und schaue zu Neil. Als ich sehe, dass er mich anlächelt, macht mein Herz einen kleinen Hüpfer. Dann sagt er schüchtern: »Mein Geschenk bekommst du am Samstag.«

Am Tisch rufen alle im Chor: »Uuuuuuuuuh!!«

Rob macht einen Kussmund in unsere Richtung. Dann fängt er an zu singen: »Love, exciting …«, aber er bricht ab, als Marian ihm unter dem Tisch hörbar gegen das Schienbein tritt.

Dachte ich eben wirklich, das Allerpeinlichste, was mir heute passieren kann, läge hinter mir? Tja, schlimmer geht anscheinend immer.

Jetzt gibt es nur noch eine Rettung: »Ist das ein Geburtstagskuchen?« Ich zeige auf den Kuchenkarton, der in der Mitte des Tisches steht.

»Natürlich«, antwortet Marian, macht ihn auf und mein Lieblingskuchen kommt zum Vorschein: ein Möhrenkuchen von Feinkost Gleason, der mit lila Zuckergussschrift verziert ist. Die Farbe passt zu der gigantischen Girlande, die hinten an der Wand in der Cafeteria hängt: HAPPY 18. GEBURTSTAG, ALLY. »Und wir essen ihn, wie’s sich gehört.«

Marian gibt jedem von uns eine Gabel, keine Teller. Wir futtern los und arbeiten uns von außen nach innen vor. So machen wir das immer, wenn ich bei ihr übernachte – wir holen uns Kuchen, setzen uns auf den Fußboden in ihrem Zimmer und essen, während wir uns einen Film anschauen.

Süßigkeiten sind nicht mein Ding. Ich mag lieber Käsefritten als Schokolade, aber einem Kuchen von Feinkost Gleason kann ich nur schwer widerstehen.

Mein mitgebrachtes Mittagessen (und jedwede peinliche Diskussion über Neils und mein bevorstehendes Date) geraten in Vergessenheit, während wir uns mit Kuchen vollstopfen.

Kuchen zum Mittagessen? Erwachsensein ist vielleicht doch nicht so schlimm.

Past Perfect Life. Die komplett gelogene Wahrheit über mein Leben

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