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Mein Umbau

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Wir leiten seit vielen Jahren eine Firma, haben diese gegründet und aufgebaut. Der Gedanke, nach 25 Jahren Selbstständigkeit einmal etwas ganz anderes zu tun und zu erfahren, war für uns beide, Sten und mich, sehr reizvoll. Ganz der Frage folgend: Wann hast du das letzten Mal etwas zum ersten Mal getan? Nicht, dass es in unserer Firma nicht immer wieder neue Herausforderungen gibt. Doch einmal vollkommen neue Perspektiven einzunehmen, komplett unwissend zu sein, den Sichtabstand zu vergrößern, um anders sehen zu können, das ist es, was uns das Leuchten in die Augen treibt.

Ich bin wohl so ein Planungsmensch. Ob ich mir das nun eingestehen will oder nicht. Ob das gut ist oder was auch immer. Klar ändert sich im Innen ständig etwas, doch die Grundzüge stehen. So scheint mir. Da haben wir nun in ach so weiter Ferne vor, für ein Jahr sämtliche Ufer hinter uns zu lassen. Wie das gehen soll, davon habe ich momentan nicht den blassesten Schimmer. Ich bin komplett eingepackt in unserer Firma. Vieles läuft über meinen Tisch. Die Kundenprojekte haben mich im Visier und ich sie. Wenn wir das wirklich durchziehen wollen, bedeutet das, einen kompletten Umbau meiner Selbst. Alles muss weg. Ist das dann mein eigener Ausverkauf? Ist ja nun nicht so, dass ich nahe der Sechzig wäre und ans Aufhören denken würde. Hm, nee, alles andere ist der Fall. Ich stehe mittendrin – in meinem Leben, im Geschäft, in meinem Tun. Irgendwas ist reizvoll an dem Gedanken, diese geplante Reise als Anlass zu nehmen, mich selbst umzubauen. Und irgendetwas daran ist bedrohlich. Reißt mir geradezu die Füße weg, wenn ich nur daran denke. Es ist, als ruckele ich selbst an der alleruntersten Karte meines eigenen Kartenhauses. Dumm nur, dass ich nicht daneben stehe, um zuzuschauen, sondern obenauf, da, wo sich die beiden höchsten Karten an der Kante nur zart berühren. Um nicht zu viel Kraft auszuüben, um ja nicht zu stürzen. Ja, da oben balanciere ich umher. Immer gewahr, abstürzen zu können. Und dann das. Da nehme ich mir doch allen Ernstes vor, mein Kartenhaus mit allem, was drin steht, angebaut, ausgebessert und geflickt wurde, abzutragen. Die große Frage nur: Was wird aus mir?

Toll ist, ich habe noch Zeit. Ich muss nichts überstürzen, nicht hetzen. Torschlusspanik kann gern vor dem Tor Halt machen. Reden nicht immer alle von Chancen, wenn es darum geht, in eine neue Phase seines Lebens einzutreten? Ich frage mich nur gerade, ob ich so etwas überhaupt will. Eine neue Chance. Das, was ich tue, macht mir eine Menge Spaß. Ich weiß, wo ich hingehöre. Sehe Sinn in dem, was ich tue. Habe Erfolg.

Klar, es ist ’ne Menge zu tun. Immer. Ja, wir schreiben gerade das Jahr 2008 und haben eine Wirtschaftskrise, die mir persönlich voll zu schaffen macht. Nicht, weil ich für die ganze Welt zuständig wäre, doch irgendwas kratzt mich innerlich ganz gewaltig, wenn ich an unsere Mitarbeiter denke, bei denen ich mir nicht sicher bin, ob wir alle halten können. Vor allem, wenn ich auf die Projekte sehe, die definitiv weniger werden. Ich mache mich fertig. Es macht mich fertig. Ich weiß, das tut mir nicht gut, doch ich komme nicht umhin. Die Firma mit den Leuten ist einfach mein Ding. Ich habe sie mit aufgebaut, fühle mich verantwortlich für das, was da passiert oder eben auch nicht. Gern möchte ich in diesen Tagen den Satz aus mir herausschreien: „Ich geh dann mal die Welt retten!“

Wenn es denn so einfach wäre. Ja, es lähmt mich zu sehen, wie alles um uns herum und in uns selbst stagniert. Wo soll ich den Optimismus hernehmen, den ich so gern verstreuen möchte, wenn ich ihn gerade selbst nicht in mir finden kann? Ist das mit dem Umbau meiner Selbst vielleicht doch keine so schlechte Idee? Ziehe ich mich doch einfach mal zurück und spinne herum, was ich denn gern täte, wenn ich denn könnte und wöllte und dürfte. Ich merke, wie ich beginne, an dem Gedanken Freude zu haben. Mich selbst wieder einmal neu erfinden. Da spüre ich doch tatsächlich einen Hauch an Vorfreude. Wollen wir mal sehen, wo das noch hinführt.


Frau und Weltreise

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