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Kapitel 14

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»Was sollte das, in meiner Besprechung Forseti den Rücken zu stärken?«, ertönte Schnurs Stimme laut und deutlich aus seinem Büro.

Esther wollte gerade anklopfen und mit ihrer tollen Neuigkeit reinplatzen. Doch diese Worte ließen sie stoppen. Der Zeitpunkt war wohl nicht günstig.

»Habe ich es immer noch nötig, mich von dem Hessen in die Schranken weisen zu lassen?«

Schnurs Wut drang deutlich bis in den Flur hindurch.

Nur wer war der Angesprochene?

Gegen jede Vernunft blieb Esther stehen und lauschte.

»Oder bin ich der einzige, der nicht kapiert, was los ist?«

»Was soll das heißen?«

Das war eindeutig die Stimme der Staatsanwältin Ann-Kathrin.

Esther grinste. Hatten die beiden schon ihren ersten Ehekrach?

»Dass dich vermutlich mit Forseti mehr verbindet, als ich mitbekomme«, präzisierte Schnur seine Aussage.

»Du hast nicht das Recht, Anforderungen an mich zu stellen.«

Das klang böse. Esther wollte nun doch nicht mehr weiter lauschen.

»Du bist derjenige, der verheiratet ist. Ich habe bis jetzt nicht die geringste Andeutung einer Scheidung von dir zu hören bekommen. Also rate ich dir, keine Bedingungen …«

»Hallöchen«, platzte Esther mit gleichzeitigem heftigem Anklopfen in Schnurs Büro.

Zwei hochrote Gesichter mit vier böse funkelnden Augen fixierten sie, dass sie schon befürchtete, zu Stein zu erstarren.

»Ist dir mal der Gedanke gekommen, dass man hier nicht zu jeder Zeit einfach so reinplatzen kann?«, fragte Schnur ungehalten.

»Ich habe eine wichtige Neuigkeit in unserem Fall«, erklärte Esther und tat dabei so ahnungslos wie möglich. »Bisher wolltest du immer auf dem neusten Stand der Dinge sein. Hat sich daran etwas geändert?«

»Nein. Du hast Recht«, lenkte Schnur ein. »Was hast du herausgefunden?«

Die Staatsanwältin blieb beharrlich neben dem Schreibtisch stehen. Auf Schnurs empörten Blick reagierte sie süffisant: »Zufällig arbeite ich am gleichen Fall. Da werde ich mir die neuen Fakten noch anhören, bevor ich gehe.«

»Die Fahrschule gegenüber der Schule hatte letzte Nacht tatsächlich Nachtfahrten durchgeführt«, begann Esther zu berichten. »Die Fahrschüler sind zusammen gekommen und hintereinander gefahren, weshalb es sehr spät wurde. Gegen halb eins sind sie von dem Gelände zu Fuß in die Saarlouiser Altstadt losmarschiert. Dabei ist ihnen jemand aufgefallen, der das Gymnasium im Eiltempo verlassen hat.«

Jürgen Schnur schaute auf seine Uhr und fragte: »Dafür hast du so lange gebraucht?«

Esther schnaubte verächtlich, bevor sie antwortete: »Anton und ich mussten die Fahrschüler erst mal auftreiben. Dabei mussten wir mehrere Adressen anfahren. Das geht nicht so schnell.«

»Okay.« Schnur rieb sich über sein Kinn. »Welche Beschreibung haben wir von dem Mann?«

»Er soll groß und schlank gewesen sein mit grauen Haaren.«

»Das schließt schon mal einen Schüler dieser Schule aus«, erkannte Schnur.

Esther Weis und Ann-Kathrin Reichert nickten zustimmend.

»Mehr gibt es nicht über den Mann zu sagen?«

»Doch.« Esther nickte. »Die Haare seien auffallend zottelig gewesen. Einer sagte, die Frisur hätte ihn an Rod Stewart erinnert, nur grau statt blond.«

»Wo ist Anton?«

»Er schreibt gerade den Bericht«, antwortete Esther.

»Geht vorher zu den Kollegen und schaut nach, was sich bei der Aktendurchsicht inzwischen ergeben hat. Vielleicht finden wir den Mann unter den Angestellten der Schule.«

Esther nickte und verließ Schnurs Zimmer. Ihr Blick fiel in Bernhard Diez’ ehemaliges Büro. Andrea Westrich, die Neue, saß dort am Schreibtisch, der überquoll vor lauter Unterlagen. Ein ungewohntes Bild für Esther. Als Bernhard noch in der Abteilung gearbeitet hatte, galt sein Zimmer zu den ordentlichsten. Und jetzt? Andrea würde jeden Chaos-Wettbewerb konkurrenzlos gewinnen.

Als sich die Blicke der beiden Frauen trafen, erklärte Andrea: »Ich versuche etwas über diese Mirna herauszufinden. Das ist nicht so einfach, weil ich außerdem dabei bin, mich hier einzurichten.«

»Rom wurde auch nicht an einem Tag erschaffen«, gab Esther zum Besten. »Also rate ich dir, mach dir keinen Stress. Jürgen beurteilt uns nicht nach dem Aussehen unseres Schreibtisches, sondern nach den Fakten, die wir liefern.«

»Da kann ich weder das eine noch das andere liefern«, erkannte Andrea und schaute traurig über die Berge von Papieren, die sich vor ihr auftürmten.

»Wo ist Erik?«, fragte Esther.

»Er wartet unten auf mich«, antwortete Andrea ausweichend.

Esther erkannte sofort, dass sie nicht wusste, wo Erik steckte. Ihre Loyalität gefiel ihr. Wer wusste schon, ob Anke Deister jemals wieder in den Polizeidienst zurückkehren würde. Da war es gut zu wissen, mit wem sie in Zukunft zusammenarbeiten musste. Und Andrea machte auf Esther einen sympathischen – ja sogar schon fürsorglichen – Eindruck.

»Kann ich dir helfen?«

Andrea verneinte und meinte: »Hier finde ich mich selbst kaum zurecht. Wie solltest du mir da helfen können.«

Schnur eilte an dem Zimmer vorbei.

Andrea und Esther schauten ihm nach.

Er bremste ab und kehrte zurück, als habe er etwas vergessen.

»Wo ist Erik?«, fragte er. »Hat er sich allein auf den Weg zu dieser Mirna gemacht?«

»Nein! Keine Sorge«, beruhigte Andrea sofort. »Er wartet …«

»Keine Spielchen hinter meinem Rücken«, fiel Schnur der Neuen ins Wort. »Ich habe genug Ärger, weil jemand meinte, schlauer zu sein, als die Polizei erlaubt.«

»Ich weiß, was mit Bernhard Diez passiert ist«, sagte Andrea. »Und Erik weiß es mit Sicherheit auch. Glaubst du ernsthaft, dass er ohne Umwege den gleichen Fehler wie sein Kollege machen will?«

Schnur stutze.

Esther ebenso.

Andrea war gerade mal seit ein paar Stunden im Dienst, schon gelang es ihr, den Vorgesetzten zu überraschen.

»Ich will nicht noch einen guten Mann verlieren«, lenkte Schnur ein. »Und ich erwarte, dass ihr meine Anweisungen befolgt und keinen Wettstreit daraus macht, wer effektiver arbeitet.«

Ohne eine Antwort abzuwarten ging Schnur davon.

»Ich glaube, der Fehltritt von Bernhard Diez hat Jürgen ganz schön zugesetzt«, erkannte Andrea und schaute Esther dabei an.

»Ja.« Esther nickte. »Jürgen konnte ihm nicht helfen, weil Forseti mehr Macht hat und die in solchen Fällen auch einsetzt. Vermutlich deshalb.«

Kullmann und das Lehrersterben

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