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Der Advent

Erster Adventssonntag
(Lk 21,25-28.34-36)

„Eure Erlösung ist nahe …“

Erlöst werden

Das Weihnachtsfest

offenbart uns immer wieder unsere Erlösung,

und indem wir Weihnachten feiern,

wirkt die erlösende Kraft der Liebe Gottes

immer wieder auf uns ein.

Mit dem Wort „lösen“

sind viele Bereiche unseres Lebens angesprochen:

auflösen, ablösen, einlösen, auslösen …

er-lösen.

Alle unsere Lebensprobleme

bedürfen der Lösung.

Jedes Problem enthält in sich

schon seine Lösung;

sie ist jedoch noch nicht entdeckt

und noch nicht verwirklicht.

Das eigentliche Problem aller Probleme

ist der noch nicht erkannte Gott.

Dieser Gott ist aber auch die Lösung

aller Probleme.

Gott ist Mensch geworden,

damit wir das wahre Gottesbild entdecken.

Die selbstgemachten Gottesbilder

machen Angst und erlösen nicht.

Das wahre Gottesbild erscheint

in den vielen Gleichnissen und Symbolen

besonders im Lukasevangelium

(der gute Hirt, der barmherzige Vater, der Zachäus-Heiland …).

Obwohl wir uns danach sehnen,

fällt es uns immer schwer,

an den erlösenden und befreienden Gott,

der in der Jesusgestalt in Erscheinung tritt,

zu glauben:

Gott straft nicht;

er verlangt kein Sühnopfer.

das haben wir Menschen

in das Gottesbild hineingetragen.

Jesus wollte uns von dem düsteren Bild

des zornigen, beleidigten und strafenden Gottes erlösen.

„Darum lernt doch, was es heißt:

Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer!“ (Mt 9,13) Gott will nur, daß wir seine Allbarmherzigkeit annehmen und dadurch beginnen, selbst allbarmherzig zu werden.

Der allbarmherzige Gott

löst uns durch seinen menschgewordenen Sohn

aus allen Ängsten und Zwängen.

Aus der Sklaverei,

die durch die Vergötzung der Gebote kommt;

aus der Sklaverei,

die durch die Vergötzung der Triebe kommt;

aus der Sklaverei,

mit der sich Menschen gegenseitig quälen;

aus der Sklaverei von Schuld und Sünde,

mit der wir uns selbst quälen und vernichten.

Jesus ist gekommen,

um „sein Leben hinzugeben

als Lösegeld für viele“ (Mk 10,45). Jesus kauft uns frei, aber doch nicht vom „Zorn Gottes“, sondern vom „Teufel“, das heißt von der Gewalt des Bösen: Vor der Liebe, die stärker ist als der Haß, muß der Haß kapitulieren.

Herr, führe uns durch die Vorbereitung des Weihnachtsfestes zu einem neuen, tiefen Erlebnis unserer Erlösung.

Zweiter Adventssonntag (Lk 3,1-6)

,,Alle Menschen werden das Heil sehen,

das von Gott kommt. „

Heil für alle

„Allen Menschen wird zuteil

Gottes Heil.“

Es fällt uns oft sehr schwer,

die Toleranz Gottes

und seine Liebe zu allen Menschen,

zu den guten und zu den bösen,

zu akzeptieren.

Wir versuchen, Gott immer wieder

auf unsere Seite zu ziehen

und gegen unsere Feinde

auszuspielen.

Wir erklären unsere Feinde

zu den Feinden Gottes

und dann erlauben wir uns

„im Namen Gottes“

die Feinde mit aller Grausamkeit

zu bekämpfen.

Nun hat aber Gott

von sich aus keine Feinde:

Er liebt die Guten,

damit sie gut bleiben

und die Bösen, damit sie gut werden,

und uns – liebt er auch.

Gerade „die Guten“

bedürfen oft besonders der Heilung –

Heilung von Intoleranz,

vom Vergeltungs- und Rachedenken,

vom Lohn-Strafe-Denken.

Gott verteilt seine Liebe

auf alle Menschen.

Darin besteht die einende

und entfeindende Kraft seiner Liebe.

Gott will, daß alle Menschen selig werden (1 Tim 2,4). Im Zeitalter der Globalisierungen ist die „Globahsierung des Heils“ eine Überlebensfrage für die Menschheit.

„Heil“ und „Seligkeit“

sind andere Worte für „Glück“.

Die Heil-igen sind die Menschen,

die das wahre Glück in sich haben

und weiter verbreiten.

Ebenso sind die „Seligen“

(„die im Saale Lebenden“) Menschen,

die das wahre Glück

der ewigen Gemeinschaft

mit und in Gott gefunden haben.

Weil Gott „der Heilige“

und der „Ursprung aller Heiligkeit“ ist,

und weil sich im Grunde alle Menschen

nach Heil und Heiligkeit sehnen,

haben wir die Hoffnungsgewißheit,

daß am Ende alle Menschen

freiwillig ihre Knie

vor der Heiligkeit Gottes beugen werden

und das Heil finden.

Dem Herrn den Weg bereiten heißt,

ihm den Weg zu allen Menschen bereiten,

indem ich seine grenzenlose Liebe

und „Heil-igkeit“ verkünde,

aus der Solidarität und Toleranz entspringen.

Herr, du Ursprung des Heils und aller Heiligkeit, mache mich heilig für mich und zum Heil der Welt.

Dritter Adventssonntag (Lk 3,10-18)

„Was sollen wir also tun?“

Beitragen

Das Kommen Gottes,

sein Ankommen bei uns,

in uns und durch uns

können wir nicht bestimmen.

Gott kommt, wann, wo und wie Er will,

meist dort, wo wir es nicht vermuten.

Warten, erwarten, immer bereit sein

– Gott nicht bestimmen wollen –,

das ist der Sinn des Advents.

Advent ist aber nicht untätiges Warten;

Advent verlangt unseren aktiven Beitrag.

Als wichtigsten Beitrag

nennt der Täufer das Teilen.

Gott kommt zur Menschheit;

er hat immer alle Menschen im Auge,

auch wenn die Gotteserfahrung

ein ganz persönliches individuelles

Geschehen ist.

Durch Teilen solidarisieren wir uns

mit allen Menschen

und werden zur Solidargemeinschaft,

die Gott rettet.

Die Kraft zum Teilen

kommt aus dem Glauben

und aus der Erwartung

des „solidarisierenden“ Gottes.

Als nächstes nennt Johannes

die Rechtschaffenheit, die Moral.

Moral ist nicht der Ursprung des Glücks,

aber die unerläßliche Voraussetzung,

damit menschliches Leben

überhaupt möglich ist.

Hans Küng hat mit seinem Projekt Weltethik

klar gemacht,

daß es einen allgemeinen Wertekonsens gibt,

der in den zehn Geboten Ausdruck gefunden hat.

Auch Jesus fordert die Moral als Lebensbasis:

„Halte die Gebote!“ (Mt 19,17) Er warnt aber ebenso nachdrücklich vor ihrer Verabsolutierung und Vergötzung. Jesus verlangt barmherzige Liebe. Der Sinn der Gebote liegt darin, daß sie der Liebe und dem Leben dienen. Die Liebe führt zu den Geboten, aber die Gebote führen als solche noch nicht zur Liebe. Nur der Liebende vermag „richtig“ und verantwortungsvoll mit den Geboten umzugehen.

Jesus bekehrt die Sünder

durch Liebe,

nicht durch moralisierende Strafandrohung.

So entsteht durch Jesus der Gegensatz

zwischen dem bekehrten, liebenden Sünder

und dem nur buchstabengerechten Legalisten,

(„Und ist ein Mensch gefallen,

führt Liebe ihn zur Pflicht!“, Zauberftöte)

So verlangt der Täufer schließlich,

daß wir uns mit dem „Stärkeren“ befassen,

der mit „Geist und Feuer“,

das heißt mit der Kraft der Liebe tauft.

Johannes pocht auf Moral

und öffnet sie zugleich für die Macht

der allerbarmenden Liebe.

Herr, bewahre mich vor Selbstbetrug, damit die Liebe, die „alle Sünden zudeckt“, nicht zum „Deckmantel der Bosheit“ wird.

Vierter Adventssonntag (Lk 1,39-45)

„Wer bin ich, daß die Mutter meines Herrn zu mir kommt?“

Selbst-Bestätigung

„Wer bin ich denn?“

„Bin ich wer?“

„Ich kenne mich nicht mehr.“

„Ich kenne mich nicht mehr aus.“

Alle Bemühungen

um Selbstfindung, Selbstverwirklichung

und Selbstbestätigung

verraten die Not des Menschen,

der zu sich selbst

und damit zu den anderen Menschen

noch nicht das rechte Verhältnis

gefunden hat;

das zwanghafte, triebgesteuerte, egoistische Ich

ist noch nicht zum liebenden,

verantwortlichen Selbst geworden.

An der Frage der Selbstverwirklichung

scheiden sich die Geister.

Die einen haben

ein materialisteisches, mechanisches Menschenbild

sie wollen mit Hilfe der Psychologie

ihre Selbstverwirklichung

und Selbstbestätigung

selbst machen.

Die anderen sehen den Menschen

als Geschöpf und Geschenk Gottes;

sie empfangen ihre Selbstverwirklichung

als Geschenk der Liebe Gottes.

Für die ersteren ist alles Leistung,

für die letzteren ist alles

Geschenk und Gnade,

die jedoch auch den eigenen Beitrag verlangen.

Dieser Gegensatz zeigt sich auch

in der Frage:

Was ist das Glück des Menschen?

Für die einen ist Glück

das Haben von Glücksgefühlen;

für die anderen ist Glück

das Bewußtsein,

bedingungslos und unverlierbar geliebt zu sein.

Ähnlich sehen die einen

den Sinn des Lebens

in der Befriedigung

vergänglicher Bedürfnisse

und die anderen

in der Bestätigung durch die Liebe Gottes,

die mir unzerstörbare Daseinfreude schenkt.

Das Geliebtsein ist für mich

auch die Kraft

in Leid, Not und Tod.

Maria und Elisabeth

erfahren ihre gegenseitige Selbstbestätigung

in der Begegnung.

Die Freude –

die Freude im Herrn und am Herrn –

ist die Weise,

durch die diese Bestätigung geschenkt wird,

verbunden mit der Erfahrung:

Gott tut immer Großes.

Herr, ich will dich suchen, damit ich mich durch dich selbst finde.

Sonntagsgedanken, Lesejahr C - eBook

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