Читать книгу ... und nicht auf den Knien - E.R. Greulich - Страница 6

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Fräulein Marein besiegt den gelben Neid

"Und wenn er nicht wieder heruntergefallen ist, so wird er wohl noch oben in der Luft herumschweben", schloss Eugen und klappte das Märchenbuch zu.

"Noch eins", bat Artur.

Der Ältere bekam Stirnfalten und eine zornige Unterlippe. "Ich hab' gesagt eins, und nun geh' ich."

"Da komm' ich mit."

"Wehe!", drohte Eugen. "Wenn ich dir ein Märchen vorlese, kann ich allein gehen, hast du gesagt."

"Du hast das Kürzeste rausgesucht."

"Pah, 'Dreschflegel vom Himmel' ist viel kürzer als 'Der Riese und der Schneider'."

"Du hast aber die Stelle weggelassen, wo der Riese sagt: ... Geh, kleiner Halunke, und hole mir einen Krug Wasser."

"Kannst sie auswendig, aber ich soll sie dir vorlesen."

"'Fitchers Vogel' kann ich nicht auswendig. Liest du's vor?"

"Nein!" Eugen schlug mit der Faust auf den Deckel des Märchenbuchs.

"Dann komm' ich mit."

"Du bleibst hier. Knirpse können wir heute nicht brauchen." Eugen war schon aus der Küche, nacheinander knallten zwei Türen. Allein saß Artur und war beleidigt. Da lag das Märchenbuch. Der bunte Einband lockte und die Kränkung war vergessen. Die Prinzessin mit dem goldenen Haar war schöner als Molche und Frösche, die der Bruder fangen ging. Und vielleicht war sie noch wunderbarer, als es selbst Drachen steigen lassen mit Eugen sein konnte. Drachen kamen auch in manchen Märchen vor. Aber böse, die Gift und Schwefel spuckten, nicht so lustige aus Papier, die schon ein Windstoß erzittern ließ. Solch einen bösen Drachen hätte Artur gern einmal gesehen, wenigstens einen kleinen. War da nicht wer? Artur hätte schwören mögen, dass eben etwas hinter den Küchenschrank gehuscht war. Irgendwo wisperte und knisterte es. Ob vielleicht der Drache in der Stube ...? Artur getraute sich kaum zu atmen. Auf Zehenspitzen ging er zur Stubentür, zog leise, leise die Klinke herunter, lugte durch den Spalt. Nichts. Er trat ein, schaute tapfer unter die Betten der Eltern, dann unter das an der anderen Wand stehende Sofa. Nun blieb nur noch die Jungenkammer, in der er mit Eugen schlief. Auch hier schien sich der Drache soeben davongemacht zu haben. Mehr nachdenklich als enttäuscht ging Artur wieder in die Küche. Ein eng begrenztes Reich, die Arbeiterwohnung der Beckers. Für Artur war sie vorerst die Welt. Hier lebte er, hing seinen fantastischen Träumen nach, und da es für die Fantasie keine Grenzen gibt, hatte er sich bisher selten an der Enge der Wirklichkeit gestoßen. Artur überlegte. Der Flur gehörte nicht zur Wohnung, war aber am geheimnisvollsten, mit der schmalen Treppe zu Wiesfleckers hinauf, steil wie die Stiege zum Zauberberg. Oben winkte öfter Frau Wiesflecker und hatte etwas für ihn: eine Lakritzenstange, zwei Stück zu einem Pfennig. Wenn es Mutter sah, sagte sie: "Sie sollen den Bengel nicht verwöhnen, Frau Wiesflecker." Unter der Treppenschräge begann die Kellertreppe. Im Keller war es dunkel und muffig wie in einer Höhle. Drachen wohnen in Höhlen. Siegfried hatte keine Angst gehabt; zum Drachen zu gehen. Doch Siegfried hatte ein Schwert. Artur brauchte ein Schwert. Draußen klappte und schurrte es. Beherzt griff er sich das Küchenbeil vom Herd, schlich zur Tür und klinkte sie mit einem Ruck auf. "Was willst du mit dem Beil, Lümmel?", schrie es aus dem Halbdunkel.

Drachen reden sonst mit Donnerstimme, die Gestalt im Halbdunkel dort in ihrem schwarzen Umhang erinnerte mehr an eine Hexe.

"Wo ist deine Mutter?", herrschte ihn die Schwarze an.

Artur starrte auf die lange, hagere Frau und packte das Beil fester.

Oben bei Wiesfleckers ging die Tür auf, und etwas mehr Licht fiel auf die Erscheinung. "Zu wem wollen Sie denn?", rief Frau Wiesflecker.

"Zu Frau Becker."

"Kann ich was bestellen?" klang es von oben.

"Allerdings", spitz hob sich die Stimme der Schwarzen, "bestellen Sie ihr, dass wir nicht nötig haben, uns mahnen zu lassen." Sie zerrte ein Kuvert aus ihrem Pompadour und legte es auf eine Treppenstufe. "Hier ist das Geld für den letzten Waschtag, und sie soll sich nie wieder bei uns blicken lassen!"

"Plustern Sie sich bloß nicht so auf." Frau Wiesflecker kam gemächlich die Treppe herab.

Hoheitsvoll reckte sich die Hagere im schwarzen Umhang. "Kümmern Sie sich lieber um die Blagen. Der da glupscht, als wollte er mich mit dem Beil erschlagen."

Frau Wiesflecker lachte ihr breites, unbekümmertes Lachen. "Ausgerechnet der Artur."

"Bagage", zischte die Schwarze, hart knallte die Flurtür hinter ihr zu.

Frau Wiesflecker nahm das Kuvert von der Stufe und ging mit Artur in Beckers Küche. Sie stellte das Beil neben den Herd und zog den Kleinen auf ihren Schoß. "Das war vielleicht 'ne jecke Tunte, was, Artur?"

"Ist sie eine Hexe?"

Frau Wiesflecker musste lachen. "Wahrhaftigen Gotts, das ist sie."

"Aber sie hatte keinen Stock."

"Die braucht keinen Stock, Jungchen, die macht es mit der Zunge."

Diese Weisheit der einfachen Frau war für Artur zu hoch. "Sie ist keine richtige Hexe aus dem Märchen?"

"Sie ist eine Hexe aus dem Leben, und die sind schlimmer. Aber nun denk nicht mehr dran, die kommt nie wieder."

Die Großen hatten gut reden. Er war ausgezogen, einen Drachen zu töten, stattdessen war er einer Hexe begegnet. Es war aber keine aus dem Märchenbuch und sie sollte noch schlimmer sein? Er wurde erlöst von den wirren Gedanken, die Mutter trat in die Küche. Frau Wiesflecker berichtete, was vorgefallen war.

Bedrückt öffnete Luise Becker das Kuvert und zählte das Geld. "Sechs Stunden war ich das letzte Mal da, bezahlt hat die Börgerlein nur vier. Und obendrein kündigt sie einem die Stelle."

"So fleißige Frauen wie Sie kriegen wieder 'ne Stelle", tröstete Frau Wiesflecker. "Bei dem Drachen hatten Sie doch bloß Arger."

Luise Becker schaute still vor sich hin. "Was man hat, hat man, Frau Wiesflecker. Es gibt zu viele Frauen wie mich, mit drei Kindern oder mehr, die alle was zuverdienen müssen. Das wissen solche wie die Börgerlein. Ich hätte gemahnt - das ist doch übertrieben. Dem Dienstmädchen habe ich gesagt, sie möchte Frau Börgerlein daran erinnern, dass ich das Geld brauche."

"Das war Ihr gutes Recht", empörte sich die rundliche Nachbarin. "Die Reichen lassen sich bedienen, und dann sollen wir sie um die paar Pfennige auf den Knien bitten."

"Ja, ja", sagte Luise Becker wie abwesend.

"Es wird sich bestimmt wieder was finden", Frau Wiesflecker ging, "wenn ich was höre, sage ich Ihnen sofort Bescheid."

Artur hatte die Mutter selten so gesehen. Sie war anders traurig, als wenn er sie betrübt hatte. Das kam von dieser Garstigen mit dem verflixten Geld. Davon war immer zu wenig da. Die Frauen sprachen öfter davon und die Eltern, doch so deutlich wie heute hatte er es noch nicht aufgenommen. Die raue Wirklichkeit schlug mit Drachenzähnen in seine Märchenwelt. Er fürchtete sich plötzlich und schmiegte sich an die Mutter. "Warum kaufen wir nicht einen Esel-streck-dich, Mama? Dann haben wir immer Geld."

Luise Becker schreckte aus ihrer Nachdenklichkeit und drückte ihn an sich. "Ach du, das gibt's doch bloß im Märchen."

Eine ähnliche Antwort wie vorher von Frau Wiesflecker. Die Großen passten wohl nicht so gut auf. Er hatte schon Eulenaugen im Dunkeln glühen sehen und Gnome hinter Weidenwurzeln verschwinden. Das bunte Märchenbuch zog seine Blicke wieder an. Die Großen konnten alles darin entziffern, der Bruder Eugen auch. Dicker gelber Neid auf den Bruder packte ihn, der meist Absätze fortschummelte und so schnell las, dass man gar nicht richtig zum Weinen kam, wenn es traurig wurde, und nicht zum Lachen bei fröhlichen Stellen. Sie knufften sich und vertrugen sich; wenn ihm Prügel von andern Kindern drohte, stand ihm Eugen bei; sie teilten brüderlich jede Leckerei. Nur diese Ungerechtigkeit, dass Eugen lesen konnte und er nicht, bohrte und schmerzte. Der unbewusste, tiefere Schmerz war aber die Ahnung, dass eines Tages die bunte Märchenwelt verblassen könnte. Es war ein Jammer. Artur begann zu schluchzen.

Erschrocken nahm Luise Becker seinen Kopf in ihre Hände. "Hast du Schmerzen?"

Heftig schüttelte Artur den Kopf. "Eugen, der - der kann lesen, ich nicht."

"Du Dummer", Mutter Becker zog den Weinenden an sich, "jeder lernt doch lesen, wenn er in die Schule kommt."

"Ganz bestimmt?" Vor Freude wurde ihm so heiß, dass die Tränen verdampften. "Da geh' ich morgen mit Eugen in die Schule."

Die Mutter befeuchtete den Zipfel eines Handtuchs und säuberte Artur das Gesicht. "Ein bissel musst du noch warten."

"Och, herrje", er tat wieder schmerzgebeugt, "liest du mir was vor, Mama?"

Seufzend nahm Luise Becker den Quälgeist neben sich und begann zu lesen. Dem dankbaren Zuhörer gelang es, eine Zugabe zu erbetteln, und noch eine, und noch eine.

"Da trat ein Mann herein, der war größer als alle andern und sah fürchterlich aus. Oh, du Wicht, rief er, nun sollst du lernen, was Gruseln ist ... "

Artur gruselte es wirklich, denn draußen tappten Schritte. Die Tür ging auf ... Der Vater stand auf der Schwelle. Artur sprang ihm entgegen. Die Mutter begann eilig mit Pfannen und Töpfen zu hantieren und entschuldigte sich. Nun würde es später Abendbrot geben.

Walter Becker wusch sich Hände, Gesicht und Oberkörper, ließ sich vom Sohn Handtuch und Feierabendhemd reichen und meinte, da könne er bis zum Essen noch ein bisschen Zeitung lesen.

"Lies doch lieber das Märchen zu Ende, Papa", bat Artur.

"Nun gut." Der Vater nahm das aufgeschlagene Buch vor die Augen und las für sich.

"Bitte, laut", forderte der Sohn. Walter Becker strich ihm übers Haar und las. Als das Märchen zu Ende war, schob er unauffällig das Buch fort und schaute sehnsüchtig zur Zeitung.

"Kann ich morgen mit Eugen zur Schule gehen?", fragte Artur. "Ich muss doch lesen lernen."

"Wenn du sechs Jahre alt bist."

Artur maulte. "Ich möchte aber jetzt."

Walter Becker sah ihn ernst an.

"Warum soll man mit dir eine Ausnahme machen? Bist du was Besseres?"

"Jawohl. Mama hat's mir doch erzählt. Ich hab 'nen Wirbel."

Die Eltern sahen sich an und unterdrückten nur mit Mühe das Lachen. Walter Becker räusperte sich. "Das ist doch auch nur 'n Märchen."

"Aber ich möchte doch so gern in die Schule."

Ärgerlich nahm der Vater den Blick von der Zeitung.

"Pass Obacht, Bengel. Entweder du versprichst jetzt zu warten, bis du sechs Jahre alt bist, oder du marschierst ins Bett."

Artur senkte den Blick, es herrschte Schweigen. Die Mutter klapperte mit den Tellern. Eugen kam vom Herumstrolchen. Schuldbewusst begrüßte er den Vater. Der brummte: "Du weißt doch, wann wir essen."

Eugen nuschelte, er hätte einen Umweg machen müssen, weil der Gendarm ihm aufgelauert habe. Auf die Frage des Vaters gestand er, sie hätten für Karle Leutners Aquarium Molche gefangen.

"Am abgesperrten Tümpel?"

Eugen gab es zu.

"Wenn ihr den Pickelhauben so leichten Vorwand gebt, braucht ihr euch nicht zu wundern, dass sie euch jagen", sagte der Vater und gab seinem Ältesten einen versöhnlichen Klaps. Die Mutter füllte eine Flasche für die kleine Schwester Hedwig, brachte sie ihr an die Wiege, und dann setzten sich die Vier zum Abendessen. Artur aß in sich gekehrt. Als der Tisch abgeräumt war, ging er zum Vater und schmiegte sich an. "Ich will es versprechen, Papa."

"Hast du's gehört, Luise?"

"Wir werden ihn daran erinnern, falls er es vergisst."

Sie mussten es einige Male tun. In den vielen Monaten bis zum Schulbeginn ging Arturs Ungeduld des Öfteren mit ihm durch, kroch ihn der Neid, gegen den älteren Bruder an, den er sonst liebte wie die kleine Schwester und die Eltern. Doch wenn er an das Versprechen gemahnt wurde, verstummten seine Quengeleien.

Mitte März 1911 nahm Luise Becker ihren Zweiten an die Hand, um ihn zum Unterricht anzumelden. Das Amtszimmer des Rektors lag im ersten Stock des nicht mehr ganz neuen Gebäudes. Sie stiegen die breite Steintreppe hinauf. Mit großen Augen lief Artur durch den hallenden Gang mit den eintönig getünchten Wänden. Frau Becker klopfte, trat grüßend ein und legte das Familienstammbuch sowie den Impfschein Arturs auf den Schreibtisch. Rektor Kunz bot ihr einen Stuhl an, schrieb etwas in eine Liste. Dann wandte er sich den beiden zu und ließ den Zwicker fallen, der nun an einer Schnur vom Rockaufschlag baumelte. Freundlich fragte er Artur: "So, du willst also zu uns kommen?"

Artur nickte eifrig. "Ja, sehr gern."

So offensichtliche Begeisterung stimmte den Rektor heiter. "Hoffentlich hält das acht Jahre an."

"Nö", trompetete Artur, "ich will bloß lesen lernen, dann komme ich nicht mehr."

Wohlwollend gab der Rektor zu bedenken: "Was aber dann, wenn dir nun anderes ebenso gefällt wie Lesen? Vielleicht Erdkunde oder Religion?"

Der Mann mit dem steifen Kragen und der feierlichen Krawatte schien netter zu sein, als er aussah. Artur mochte ihn nicht enttäuschen. "Na ja, dann - dann kann man vielleicht mal sehen."

Belustigt gab Kunz Frau Becker und ihrem Sohn die Hand. "Ich denke auch, Artur, du wirst mit dir reden lassen. Und wenn du zu den drei fleißigsten Schülern gehörst, bekommst du beim Abgang ein Buch zur Belohnung. Überleg dir's, bist doch so aufs Lesen aus - auf Wiedersehn."

Als sie über die schwarze Schlacke des Schulhofs gingen, fragte Artur: "Was wird es für ein Buch sein, Mama?"

Mit seiner Offenheit wird es Artur manchmal schwer haben, dachte Luise Becker. Die Frage des Sohnes entriss sie dem Grübeln. "Was für ein Buch? Wahrscheinlich ein - so ein vaterländisches, mit lauter Geschichten vom Kaiser."

"Ist er ein lieber Mann?"

"Sie sagen so. Aber er rasselt so viel mit dem Säbel."

"Will er mit dem Säbel stechen?"

"Seine Soldaten sollen es für ihn tun. Andere totstechen und totschießen, die ihnen nichts getan haben."

"Soldaten sind doch mutig."

"Was bleibt ihnen anderes übrig, wollen sie nicht selbst totgemacht werden. Oft kommen sie nach Hause ohne Arm oder Bein. Dann können sie nicht mehr arbeiten und müssen betteln. Wie der alte Piezker, der immer vor dem Kaufhaus Alsberg sitzt."

"Warum gibt denn der Kaiser dem alten Piezker kein Geld?"

"Er bekommt etwas, aber es ist zu wenig zum Leben."

"Dann kann ich den Kaiser nicht leiden. Und ich will auch das olle Kaiserbuch nicht haben."

Den ganzen Tag vor dem ersten April war Artur aufgeregt. Stolz betrachtete er immer wieder die Schulmappe und hing sie zur Probe über. Eine Schiefertafel war darin, mit einem Schwamm an einer Strippe, und der musste aus der Mappe hängen. Es war die alte Mappe von Eugen. Der Vater hatte neue Riemen angenietet und das billige abgeschabte Leder mit brauner Schuhwichse auf Hochglanz poliert. Die Tafel war auch von Eugen. Der rümpfte die Nase über den Schulranzen und das Schreibutensil der Siebenklepper. Er durfte die Schulbücher jetzt als Paket tragen, mit Riemen verschnürt. Das war unpraktisch bei Regenwetter, aber schick, weil es die Vierzehnjährigen in der Oberklasse so hielten und sogar die meisten Hochpieper aus dem Realgymnasium.

An dem denkwürdigen Morgen musste Artur dulden, dass die Mutter ihn wusch - was er sonst schon selber tat -, besonders seinen Hals und die Ohren, jene Körperteile, die bei kleinen Jungen eine alteingefressene Abneigung gegen Wasser und Seife haben.

Die meisten Schulanfänger wurden von ihren Müttern gebracht. Mehrere von ihnen kannte Artur. Nun trafen sie sich in der Klasse sieben bei Fräulein Marein. Artur fand die Lehrerin nicht so schön wie die Mutter, aber sie war sehr nett. Sie gab jedem die Hand und führte ihn auf seinen Platz. In der linken Bankreihe saßen die Mädchen, rechts die Jungen. Als alle da waren, winkten ihnen die Mütter noch einmal zu und gingen. Endlich, dachte Artur, es wurde höchste Zeit, dass es losgeht mit dem Lesenlernen. Er wurde enttäuscht. Fräulein Marein rief jeden auf und fragte, wie er heiße und wann er geboren sei.

Nachdem sie sich so die Namen eingeprägt hatte, sagte sie: "Damit ihr die Schule lieb gewinnt, machen wir heute am ersten Tag ganz etwas Schönes: "Ich lese euch ein Märchen vor."

"Au jaaa!" rief Artur.

"Die Sieben Raben."

"Och, das kenn' ich schon", protestierte er.

Fräulein Marein blieb nachsichtig. "Wenn Artur das Märchen kennt, muss ich euch ein anderes aussuchen."

"Wir wollen doch lesen lernen", erinnerte Artur.

"Ich nicht", widersprach Kaspar Leutner, der Bruder von Karle, der Eugens Freund war und ein Aquarium besaß.

"Dann bleibst du dumm", belehrte ihn Artur.

"Wenn ihr was zu sagen habt, müsst ihr euch melden", ordnete Fräulein Marein an, "und morgen fangen wir dann an, Artur. Da lernt ihr gleich beides, lesen und schreiben." Als sie seine erschrockene Miene sah, machte sie es ihm schmackhaft. "Beides zusammen lernt sich besser, und wenn du erst alle Buchstaben kennst, kannst du dir sogar selbst ein Märchen ausdenken und aufschreiben. Das macht noch mehr Spaß, als nur Märchen lesen."

Sehr zufrieden mit Lehrerin und Schule, ging Artur später in der Schar der anderen nach Hause. Bald würde es aus sein mit der Überlegenheit der Großen. Jetzt sollte ihm der Eugen nur kommen.

Der kam auch, aber erst zwei Stunden später, maulend über die vielen Schularbeiten.

Artur barst beinahe vor Neuigkeiten. "Wenn ich erst alle Buchstaben kann, schreibe ich Märchen."

"So'n Zimt", sagte Eugen, "ist doch alles Spinn."

... und nicht auf den Knien

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