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Es war Spätnachmittag geworden, als die Gesellschaft aus dem Walde zurückkehrte. Man hatte sich dort gelagert, nachdem man Blindekuh und Schwarzen Mann gespielt und müde geworden war. Die meisten hatten verschlafene Gesichter und freuten sich jetzt auf den Kaffee, den die Glasersfrau gekocht hatte. »Extra stark – beinah’ zwei Lot auf jede Kanne«, sagte sie.

Altdeutscher Napfkuchen und Streuselkuchen kam aus den Vorratskörben zum Vorschein, die jungen Mädchen gingen umher und legten zu jeder Tasse ein Stück.

Da sagte plötzlich Frau Zibulke: »Jottedoch, wo is denn Justchen?«

Alle sahen sich an – die Männer schmunzelten, die Frauen drehten sich seitwärts und lachten, und die jungen Mädchen kicherten. »Na – wat habt ihr euch denn so – wat is denn los? Is etwa bei’t Kahnfahren wat passiert?«

»Det nu jrade nich – abers ...«

»Na, wo is sie denn?« fragte Frau Zibulke nun ganz ärgerlich. »Vater – wo is unse Juste – da stehste nu und plinkerst mit die Oojen – wat soll det? Is doch keene Art nich, det Meechen so alleene ’rumrennen zu lassen! Weeß doch jeder, wat sich schickt – Frau Lindemann, wat haben Se denn?«

»Mein Jott«, sagte die Glasersfrau, »nu kriege ick’s, wo ick die einzigste war, die wat jetan hat, während ihr im Walde jepennt habt. Reene Zufall war’s, det ick vorhin jesehen habe, wie die Juste mit den scheenen Ferdinand da drüben langjejangen is – mang die Kuscheln! So, na nu machen Se sich ’n Versch druff, Frau Zibulke!«

»Da kommen sie ja ooch«, sagte Onkel Fritz, der Klempner, »nu kiekt nich alle so hin, und bringt sie nich in Verlegenheit – wir sind ja alle mal jung jewesen – wat, Olle?« Und er gab seiner Frau einen liebevollen Puff.

»Det sag’ ick ooch«, sagte Herr Zibulke, »setzen wir uns, trinken wir jetz Kaffee, und nachher werde ick mir mal den jungen Mann ’n bißken abseits nehmen und ’n Wörtchen mit ihm sprechen. Ick bin ja selber neujierig, wat er mit meine Tochter so janz alleene zu bereden jehabt hat. Also – trinken wir Kaffee.«

Und diese Aufforderung wurde in einem Tone gesagt, daß alle augenblicklich folgten. Man war so eifrig um den Tisch herum beschäftigt, daß niemand das näher kommende Paar beachtete, nur das kleine Mädchen mit dem offenen Haar starrte das glühende Gesicht Gustchens an – unverwandt, unverwandt. Und dann sagte es plötzlich bedauernd: »Ach Jott – in det scheene weiße Kleid lauter Jrasflecke – na, aber Justchen, konntest du dir nich ’n bißken vorsehen?« Da kreischten alle auf vor Lachen, wollten ersticken vor Lachen, konnten sich kaum beruhigen.

Bei einbrechender Dunkelheit trat man die Heimfahrt an. Die Stocklaternen brannten, die Lichter in den schaukelnden Lampions an der Kremserdecke wurden angezündet, und die Pferde zogen an, langsam ging es hinauf auf die Chaussee – dann, als der Wagen gleichmäßig dahinratterte, begann man zu singen:

»Ich weiß nicht, was soll es bedeuten ...«

Aber der Schuhmacher, der den ganzen Tag über schweigsam gewesen war und jetzt erst auftaute, meinte: »Det paßt nich – singen wir’n Lied, wo sich jeder wat bei denken kann. Ick schlage vor: Mit’n Pfeil un Bojen ...«

Und jubelnd fielen alle ein und starrten dabei in die dunkle Ecke, wo Ferdinand und Gustchen saßen, während sie herausfordernd sangen:

Ȇber Berg und Tal

Kommt der Schütz jezogen,

Früh im Sonnenstrahl ...«

Gustchen schmiegte sich, jetzt ganz ungeniert gegen alle Beobachtung, nur noch enger an Ferdinand, er aber, der nach der Unterredung mit Herrn Zibulke kräftig getrunken hatte, saß steif und aufrecht da – in seinem Gesicht war angestrengtes Grübeln, als suche er zu erfassen, was heute eigentlich geschehen.

Der Mond schien durch die Kiefernwipfel, und die Fledermäuse huschten um den Wagen – da wurde die Gesellschaft müde, und einer nach dem anderen nickte ein. Nur Herr Zibulke nicht – er saß vorn auf dem Kutscherbock, kratzte sich die Backe und murmelte zuweilen etwas vor sich hin, als überlege und rechne er.

Aber dann ratterte der Wagen plötzlich auf hartes Pflaster hinauf, und Charlottenburg kam in Sicht. Bald darauf war man in Berlin angelangt.

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