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Liebe kleine Tllanaa

Eine Miniatur

Das Raumschiff verließ den Hyperraum. Sie waren auf der Rückreise. Bald würden sie die Kthollu erreicht haben, und auf dem Heimatplaneten, unter den blauen Strahlen ihres Sternes Rrsati, würde für sie wieder der Alltag beginnen. Ihr Raumschiff war nicht mehr neu, es war klein und ein wenig unbequem, aber es war das einzige, das sie hatten bekommen können, und eigentlich gerade richtig für eine Hochzeitsreise.

Sie hatten rote und grüne Sonnen gesehen, weiße, orangefarbene und infrarote, fast erloschene, die zu betreten sie nur die hohe Schwerkraft hinderte. Sie waren auf dem Planeten Takkati gewesen, wo ein gastfreundliches Sternenvolk lebte, und durch die erstaunlichen Städte des Planeten Slijit gegangen, den seine rätselhaften Bewohner vor vielen Jahrtausenden verlassen hatten. Schließlich hatten sie auf der Rückreise bei dem gelben Stern haltgemacht, der in ihren Katalogen keinen Namen hatte, sondern nur eine fünfstellige Nummer.

Und deswegen hatten sich die beiden zum ersten Mal gestritten. Tllanaa wollte so schnell wie möglich wieder nach Hause, denn sie hatte ihrer besten Freundin versprochen, zu ihrem Geburtstag wieder zurück zu sein; Kthaor aber hatte seinen Willen durchgesetzt und mit dem Stereofotoapparat den zweiten Planeten der gelben Sonne durchstreift – allein, denn Tllanaa schmollte. Er hatte ihr seine Aufnahmen gezeigt, aber die bizarre Landschaft hatte keinen Eindruck auf sie gemacht; sie wollte jetzt nur eins – recht bald zurück auf die Kthollu.

Tllanaa erwachte, als eine leichte Erschütterung durch das Raumschiff lief. Kthaor war nicht mehr da. Auf dem Bildschirm im Wohnraum flimmerten die Sätze:

»Liebe kleine Tllanaa, mach dir bitte keine Sorgen, ich habe nur das Landungsboot genommen, um ganz kurz mal auf den dritten Planeten zu fliegen. In ein paar Stunden bin ich wieder da, und dann geht’s sofort nach Hause – einverstanden? Du bist doch nicht mehr böse? Also bis bald!«

Nein, Kthaor konnte man auf die Dauer nicht böse sein; trotzdem nahm sie sich vor, ihm, wenn er zurückkam, zu sagen, was sie von einem Mann hielt, der sich klammheimlich aus dem Raumschiff stahl und sie alleinließ, um mal schnell auf noch so einem langweiligen Planeten vorbeizufliegen. Außerdem mochte sie es nicht, daß er sie dauernd seine »Kleine« nannte, nur weil er um einen halben Kopf größer war.

Als Kthaor wieder da war, ließ er sie gar nicht zu Worte kommen. »Stell dir vor, beinahe hätten wir doch nicht rechtzeitig starten können! Als ich den Planeten anflog, streikte plötzlich der rechte Antigravitator, und ich mußte auf der Südhälfte eines Doppelkontinents landen. Und ausgerechnet auf der Nachtseite des Planeten! Ich bin auf einer großen Wiese ’runtergekommen, zum Glück habe ich den Defekt schnell gefunden und behoben. Ich bin dann sofort wieder gestartet. Tllanaa, Kleines, sieh mal, was ich dir mitgebracht habe! …«

Schon wieder hatte er sie »Kleines« genannt! Gerade wollte sie ihm klarmachen, daß er … Doch da sah sie die Blumen, die er ihr mitgebracht hatte. Grüne Blumen! Kein Gras, sondern kleine Pflanzen, ganz unterschiedlich geformt und in ganz verschiedenen Nuancen von Grün bis fast hin zum Gelb. Unter den weißen und blauen, den roten und grünen Sonnen – noch nie hatte sie grüne Blumen gesehen. So etwas gab es gewiß im ganzen Kosmos nur einmal, und Kthaor hatte diese Blumen gefunden – für sie.

Auf dem Tisch im Wohnraum des Schiffes standen in einer Vase Blumen – die einzigen grünen Blumen im Umkreis von vielen Lichtjahren. Tllanaa gab ihnen täglich frisches Wasser. Die Blumen waren unendlich fein verzweigt und hielten sich lange, viele hatten noch Wurzeln, an denen winzige Erdklümpchen hingen. Sie freute sich an ihnen, ohne sie genauer zu untersuchen oder ihnen auch nur Namen zu geben; schließlich war das keine Expedition; sondern eine Hochzeitsreise. Dabei hätte es durchaus passende Namen gegeben, in einer Sprache, so fremdartig wie die Blumen selbst: Palmen, Araukarien, Brasilkiefern, Mangobäume …

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