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Wir sind allein

Eine sehr phantastische Miniatur

Was ich befürchte, ist … ein gewaltiger psychologischer Schock. Stolz wie wir sind. Denn wir haben ja eine vortreffliche Welt geschaffen, uns ein enormes Wissen zugelegt, den Vorstoß ins Große Universum unternommen, haben geforscht, untersucht, entdeckt. Und was haben wir entdeckt?

A. und B. Strugazki,

»Von Wanderern und Reisenden«

Die Schiffe hießen CHUAR und SENHA, was in der Weltsprache »Suche« und »Hoffnung« bedeutete. Es waren die Flaggschiffe zweier großer Raumflotten, von denen jede Tausende von Schiffen umfaßte, größtenteils unbemannte. Und alle diese Schiffe erfüllten in dem Teil der Galaxis, der am weitesten von der Erde entfernt war, den gleichen Auftrag.

Anna Jorgesarah, die Kommandantin des Raumkreuzers S 800 NADZIEJA, lehnte sich in das bequeme Kraftfeld zurück und streichelte mit der rechten Hand die große schwarze Dogge an ihrer Seite. Mit der Linken regulierte sie die Tiefeneinstellung des Raumbildprojektors. Ihr gegenüber saß ein älterer Mann in einer hellblauen Kombination. Das heißt, eigentlich saß dort nur sein Bild; der Mann selbst, einer der Techniker des Raumkreuzers S 800, befand sich in einer anderen Sektion des Schiffes.

»Die letzten vier Robotschiffe sind zurückgekehrt«, sagte der Mann, »die S 807, 824, 828 und 891.«

»Und wieder nichts.« Sie konstatierte es einfach. Wenn die Schiffe etwas gefunden hätten, wäre es sofort durchgegeben worden.

»Nichts«, bestätigte der Techniker. »S 828 hat ein Planetensystem entdeckt, mit …« – er blickte auf die Folie in seiner Hand – »… mit vier Planeten. Aber kein einziger davon trägt Leben, geschweige denn …«

»Gut, Ray«, sagte Anna Jorgesarah. »Unsere NADZIEJA hat eben kein Glück gehabt. Wir kehren zur SENHA zurück. Bereite bitte den Eintritt in den Hyperraum vor.«

»In Ordnung, Anna. Vielleicht haben die anderen Kreuzer etwas gefunden …«

Sehr zuversichtlich klang es nicht.

Die CHUAR war eigentlich schon kein Raumschiff mehr, sondern eine Welt für sich mit den Ausmaßen eines kleinen Mondes. Es gab in ihr sogar richtige Städte, zwanzig an der Zahl, und darin lebten vierundzwanzig Millionen Menschen.

Durch den Tierpark der Stadt Asenchuar – den größten in allen zwanzig Städten – gingen drei Männer. Zwei von ihnen trugen nachtblaue Kombinationen mit dem Emblem der Raumkreuzer-Kommandanten. Sie waren beide groß, schlank und dunkelhäutig und sahen einander sehr ähnlich. Ein kleines Abzeichen auf dem weiten dunkelroten Gewand des dritten wies ihn als Mitglied des Obersten Rates aus.

»Nachdem auch ihr nichts gefunden habt«, wandte sich Adam Joanyatsen, das Ratsmitglied, an die beiden Brüder, »steht fest, daß es im galaktischen Sektor 7-34, den die Flotte der CHUAR durchforscht hat, kein vernunftbegabtes Leben gibt. Eure beiden Kreuzer, die SEARCH und die POISK, sind als letzte zurückgekehrt.«

Er machte eine Pause und warf einen Blick nach links, wo hinter einem unsichtbaren Kraftfeld eine Schar Kriechteppiche lag – mehrzellige Amöben von einem Planeten von Ross 614, wo Menschen zum erstenmal außerirdisches Leben entdeckt hatten. Von den beiden großen grauen Wölfen, die im selben Gehege unter den Strahlen der künstlichen Sonne lagen, wurden sie völlig ignoriert. »Immerhin bleibt noch Sektor 7-02. Wir wissen nicht, ob die Flotte der SENHA Erfolg hatte.«

»Das wäre dann die letzte Hoffnung«, sagte Ray Rita’ali, der Kommandant der CH 300 SEARCH. »Und nach allem …« Saul Rita’ali nickte zustimmend.

»Nun, ihre Chancen sind nicht geringer, als es unsere waren«, erwiderte Adam Joanyatsen. »Und wir werden Gewißheit haben. – Du, Ray, sollst unsere Ratsmitglieder zur SENHA fliegen. Ist die SEARCH einsatzbereit?«

»Ja.«

Das Flaggschiff SENHA war das genaue Gegenstück der CHUAR. Auch hier gab es zwanzig Städte. Das Gebäude des Obersten Rates befand sich in der Stadt Nijisenha.

Der Rat tagte. Anna Jorgesarah verfolgte gemeinsam mit den neunzehn anderen Kreuzerkommandanten der SENHA und den dreiundvierzig Ratsmitgliedern den Bericht, den Ray Rita’ali über die Forschungen der anderen Raumflotte gab. Zu ihren Füßen lag ihre schwarze Dogge. So weit von der Erde entfernt hatten die Menschen ein starkes Bedürfnis, sich mit Tieren des Heimatplaneten zu umgeben. Es gab so verzweifelt wenig Leben in der Galaxis …

»Die Entdeckung dieser beiden Leben tragenden Planeten durch die Flotte der CHUAR ist somit unser wichtigstes Forschungsergebnis«, schloß Ray Rita’ali seinen Bericht. »Zusammen mit den von euren Schiffen entdeckten erhöht sich die Zahl dieser Planeten also auf 214. Nur 214 Planeten in der ganzen Galaxis, auf denen es Leben gibt, und auf den meisten davon nur in den primitivsten Formen. Und nirgends intelligentes Leben.

Die Expedition der SENHA und CHUAR ist die größte, die Menschen je unternommen haben, und hat wertvolle Entdeckungen gebracht. Doch das Hauptziel haben wir nicht erreicht: Wir haben keine Zivilisation gefunden. Keine einzige. Und ihr wißt: Es waren die beiden letzten unerforschten galaktischen Sektoren. Jetzt haben wir Gewißheit, daß die Menschen die einzigen vernunftbegabten Wesen in dieser Galaxis sind. Ob wir jemals über sie hinaus vorstoßen können, ist fraglich. Wir sind allein.«

Die Versammelten schwiegen. Der Traum von den Brüdern im All war ausgeträumt. Die große Suche war zu Ende. Denn sie waren allein.

Der Graue schlief unruhig. Schließlich erwachte er, als er seinen Namen rufen hörte. Kein Laut störte die Stille der schlafenden Stadt, dennoch vernahm der Graue deutlich eine Stimme – sie ertönte direkt in seinem Gehirn. Das Kraftfeld und die riesige Entfernung waren keine Hindernisse für das telepathische Signal.

»Sie haben keine denkenden Wesen gefunden«, sagte die Stimme im Gehirn des Grauen, und er antwortete: »Das ist schade. Sie haben so sehr gehofft. Kannst du dir vorstellen, wie enttäuscht sie sein müssen? So lange haben sie unter den Sternen nach ihresgleichen gesucht, und nun …«

»Nun, wir wußten ja, daß wir unseresgleichen nicht finden würden. Und wir wissen auch, daß wir trotzdem nicht allein sind. Immerhin sind die Menschen auch denkende Wesen, und wenn sie auch keine Gedanken übertragen können, sind sie uns doch in vielem sogar überlegen geworden, seit wir sie gezähmt haben …«

»O ja, sie sind enttäuscht«, meinte wieder der Graue. »Sie glauben, sie seien allein, und wir müssen sie in diesem Glauben lassen. Wenn wir uns zu erkennen gäben – welch ein Schock würde es für sie sein nach all den Jahrtausenden, in denen sie mit uns gelebt haben.«

»Nein, kein Schock. Sie würden es einfach nicht glauben. Es wäre für sie so ungeheuerlich – sie würden es ignorieren, wegerklären. Nein, wir müssen abwarten, bis sie es eines Tages selbst herausfinden«, sagte die Stimme der schwarzen Dogge im Gehirn des grauen Wolfes, im Tierpark der Stadt Asenchuar, im Raumschiff CHUAR, dessen Name »Die Suche« bedeutete.

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