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4. Kapitel / Ein Mann springt aus dem Luftschiff

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ochenlang hatte ich das Verkehrsluftschiff „Sachsen“ auf Passagierfahrten von Leipzig aus geführt, und wir waren diesmal in der Hauptstadt Sachsens gelandet. Nun benutzten wir den Sonntag dazu, um eine Gruppe von Erfindern an Bord zu nehmen, deren Eingebungen das Reisen in der Luft sicherer machen sollten. Einer von ihnen schleppte sich mit einem verwickelten Gegenstand, der einem ungeheuren geschlossenen Regenschirm ähnlich sah. Er erklärte, dies sei der neueste Fallschirm.

„Wollen Sie es versuchen?“ wandte er sich; an mich. Wir schwebten 1200 Meter über dem Erdboden, und eine große Menschenmenge wartete unten, dass irgendetwas geschähe.

„Nein, danke“, antwortete ich. „Sie haben doch sicher Vertrauen zu Ihrer Erfindung, versuchen Sie es also selber!“

Aber er lehnte meine wiederholte Aufforderung, mit seinem Schirm auszusteigen, ab, sehr zum Vergnügen der anderen Erfinder, die nun ihre Erzeugnisse wie stolze Mütter auf einer Babyschau vorwiesen.

„Gut“, entschied ich, „es geht auch anders.“ Ich band eine Strohpuppe an das Ding und warf es über Bord. Es schlug auf die Erde auf wie ein Stein, die Strohpuppe platzte, und ihre Sandfüllung spritzte auseinander.

Alle anderen lachten über die Niederlage ihres Mitbewerbers, außer einem. Er hatte sich abseits von der Vorführung gehalten, die für uns eine vergnügliche Abwechslung in dem recht eintönigen Fahrprogramm bedeutete. Der Mann war Fallschirmspringer von Beruf, und es zog jedes Mal eine Masse Leute an, wenn er auf Jahrmärkten und ähnlichen Schauplätzen von einem Freiballon absprang. Heute kam er mit einem ganz neuen System, das er von unserem Schiff aus erproben wollte.

„Der nächste!“

Er zögerte nicht, sondern trat, einen kleinen Ballen unter den Arm geklemmt, kaltblütig aus der Kabinentür hinaus in den freien Luftraum.

„Ich habe einen Verrückten in den Tod geschickt!“ war mein erster Gedanke, als ich den menschlichen Körper fallen sah. Er schoss, sich im Sturze drehend, direkt auf die Zuschauermenge zu, die aus unserer Höhe wie kleine schwarze Punkte erschien. Von Entsetzen über den waghalsigen Sprung gepackt, starrte ich in die Tiefe, fest überzeugt, dass der Aufschlag den Mann zerschmettern müsse. Ich sah, wie das Paket von ihm wegfiel, als habe er es als nutzlos fortgeworfen. Zu meiner Überraschung bauschte es sich jedoch und öffnete sich dann mit einem Knall wie ein Pistolenschuss. Als ich den Springer unter dem geöffneten Schirm wieder zu Gesicht bekam, schwang er zunächst wie ein Pendel hin und her und senkte sich dann langsam und sicher zur Erde. Wir hatten die erste Vorführung des Faltfallschirmes erlebt, wie er heute überall in Gebrauch ist.

Wir selber sprangen oft aus den Luftschiffen, aber unsere Absprünge vollzogen sich ohne Fallschirm und beschränkten sich infolgedessen auf die allerniedrigsten Höhen. Es kam nämlich manchmal vor, dass wir mit „schwerem“ Schiff landen mussten, zum Beispiel bei Schneesturm oder Regen, wenn der Reserveballast verausgabt war. Für solche Fälle war die Schiffsbesatzung darauf eingeübt, dass unmittelbar vor der Landung jeder entbehrliche Mann nach außen kletterte und sich dort mit den Armen am Geländer festhielt. Sobald sich das Schiff dem Erdboden bis auf zwei Meter genähert hatte, gab ich das Zeichen, und die außen hängenden Leute sprangen ab. Dadurch erleichterten sie das Fahrzeug um manchen Zentner und bremsten sein Niedergehen. Im nächsten Augenblick standen sie schon wieder bereit und packten die Handgriffe, um das Ausschlagen des Luftschiffes auf den Erdboden zu verhindern. Dieser Landungstrick, der uneingeweihten Zuschauern fast wie Desertion vorkommen musste, hat immer gut geklappt. Der Mann ging als Ballast über Bord. Mit Hilfe eines zuverlässigen Fallschirmes musste sich unsere Methode verbessern lassen: wir waren dadurch in Stand gesetzt, nötigenfalls aus jeder beliebigen Höhe abzuspringen.

Bis dahin — es war im Sommer 1914 — waren solche Notfälle noch nicht vorgekommen. Die Deutsche Luftschifffahrts-Aktiengesellschaft, eine Tochtergründung des Zeppelinschen Unternehmens und besser bekannt unter der Abkürzung Delag, bestand seit 1910 und veranstaltete Rundfahrten und Passagierreisen zwischen deutschen Städten. Außer den Werftanlagen in Friedrichshafen standen dafür Luftschiffhallen in Baden-Baden, Potsdam, Frankfurt a. M., Düsseldorf, Johannisthal, Gotha, Hamburg, Leipzig und Dresden zur Verfügung. Wohl jeder Deutsche in diesen Vorkriegsjahren hat damals einen Zeppelin fahren sehen, sei es die „Deutschland“, die „Schwaben“ oder später „Hansa“, „Viktoria Luise“ und „Sachsen“. Insgesamt waren auf 1600 Fahrten 37 250 Fahrgäste befördert worden, die Schiffe hatten dabei 3200 Stunden in der Luft zugebracht und 150 000 Kilometer zurückgelegt — alles ohne Unfall. Fahrkarten waren bei allen Zweigstellen der Hamburg-Amerika-Linie zu haben. Die Delag war gedacht als Grundlage zu einem Luftschiffverkehr, der einmal alle deutschen Städte und vielleicht auch die wichtigsten Orte des übrigen Europa miteinander verbinden sollte. Schon zogen wir sogar eine Nordpolfahrt in Erwägung — Graf Zeppelin und Prinz Heinrich von Preußen, der Bruder des Kaisers, hatten zu diesem Zweck auf dem Lloyddampfer „Mainz“ eine Expedition nach Spitzbergen unternommen, um einen geeigneten Stützpunkt für den geplanten Vorstoß zum Pol ausfindig zu machen. Da brach über die Welt das große Unglück herein.

Als ich am Abend des 31. Juli 1914 den Führerstand der „Sachsen“ verließ, wurde mir ein Telegramm des Kriegsministeriums ausgehändigt. Es enthielt den Befehl, mich mit der „Sachsen“ nicht weiter als 50 Kilometer vom Standort zu entfernen.

Krieg! Wir hatten nie ernstlich an Krieg gedacht. Wir waren viel zu sehr mit unseren Luftschiffen beschäftigt. Ich hatte als Marinebauingenieur auf der kaiserlichen Werft in Kiel Dienst getan, war aber als Reserveoffizier ausgeschieden und vor sechzehn Monaten bei der Delag eingetreten, weil mir die Marinelaufbahn gar zu wenig aufregend erschien. Seitdem hatte ich auf Hunderten von Fahrten Verkehrsluftschiffe geführt, und so ruhig und friedlich alle diese Fahrten auch für den Reisenden an Bord verliefen — für den verantwortlichen Führer des Luftschiffes waren sie ereignisreich genug.

Schon damals hatte Dr. Hugo Eckener Gelegenheit, jene intuitive Begabung für die Beurteilung von Wetterlagen, der er bei der Marine den Ehrenspitznamen des „Papstes“ verdanken sollte, bei der Führung noch sehr unvollkommener Zeppelin-Luftschiffe zu verwerten. Er war für die Aufgabe ausersehen, die jungen Marineoffiziere in der Behandlung und Führung des Starrluftschiffes auszubilden, wobei ich zeitweise mithelfen durfte. Auch der F. d. L. des Weltkrieges, der Führer der Luftschiffe Korvettenkapitän Peter Strasser, war auf der „Sachsen“ in der Luftschiffführung unterwiesen worden. König Friedrich August von Sachsen, der uns während unserer dienstlichen Verbindung mit der sächsischen Luftschifferkompanie inspizierte, wunderte sich dabei wohl über den Zivilisten Dr. Eckener und fragte ihn, was für einen Doktor er gemacht habe. Eckener bekannte sich als Doktor der Philosophie, worauf der König in seiner unverblümten Art und gleichsam auch sich selber mit zum Trost meinte: „Na, da verstehen Sie wohl auch nischt von der Luftschifffahrt.“

Aber nicht diese Prüfung des großen Meisterers der Luftschiffe meine ich, sondern die, als Eckener die „Sachsen“ bei Schneegestöber nach Hamburg überführte und den Landungsplatz Fuhlsbüttel im dicken Nebel nicht ausmachen konnte. Da setzte er das schwerfällige Schiff schließlich mit kühnem Entschluss über eine Starkstromleitung hinweg auf Wiesengrund. Dort orientierte er sich und brachte dann die „Sachsen“ am nächsten Tage mit Hilfe der herbeigeeilten Landemannschaft glatt in die Fuhlsbütteler Halle ein. Nichts war geschehen, nur in den umliegenden Ortschaften ging das elektrische Licht aus, weil die Besatzung nach der Landung sicherheitshalber die Starkstromleitung zerschnitt.

Nun also kramte ich meine Marineleutnantsuniform aus dem Koffer unterm Dachboden hervor und dachte darüber nach, was der Krieg uns Luftschiffern bringen werde. Keiner von uns hatte eine Ahnung, was mit uns werden sollte, denn Zeppeline waren im Generalstabsplan nicht vorgesehen. Obwohl Luftschiffe schon im Manöver verwendet worden waren, schätzte man ihre militärische Bedeutung doch gering ein.

Außer unseren drei Verkehrsluftschiffen „Viktoria Luise“, „Hansa“ und „Sachsen“ gab es damals in Deutschland noch neun weitere Luftschiffe des starren Systems. Davon waren sieben im Heeresbesitz, die vier neueren Zeppeline von 22 000 Kubikmetern Gasinhalt an der Westgrenze, die beiden älteren von 19 000 Kubikmetern und ein Fahrzeug des Systems Schütte-Lanz, der 25 000 Kubikmeter fassende SL 2, an der Ostgrenze. Von den beiden Marineluftschiffen war das eine in Hamburg stationiert, das andere noch im Bau. Für den Krieg war keines dieser Schiffe ausgerüstet. Im Juli, als die Lage kritisch wurde, ersuchte der Kommandant des Armeeluftschiffes Z VIII, das entleert in Metz, ein paar Meilen von der französischen Grenze, lag, um die Genehmigung, sein Schiff auszufüllen, um es gegebenenfalls gegen die französische Kavallerie einzusetzen, die jenseits der Grenze aufmarschierte. Denn wenn es zum Kriege kommen sollte, so bestand die Gefahr, dass der Feind auf Metz vorstoßen und das hilflose Schiff vernichten würde. Aber das Kriegsministerium beschied das Gesuch abschlägig.

Das war bezeichnend. Es verrät, wie wenig man bei uns auf Krieg eingestellt war, und es beweist weiter, dass man in Berlin keine Vorstellung davon hatte, was nun eigentlich im Kriegsfall mit einem solchen Militärluftschiff geschehen solle. Aber aufrichtig gesagt, mit uns selber stand es nicht viel anders. Wir hatten einige Übung und Erfahrung auf den Gebieten des Luftverkehrs und waren junge, begeisterte Offiziere in der neuen Handelsmarine der Luft. Auch Graf Zeppelin selbst, alt an Jahren, aber begeisterter als mancher Junge, beschäftigte sich zu jener Zeit nicht mit den militärischen Möglichkeiten seiner Erfindung, sondern mit ihrer friedlichen Entwicklung. Die Luftschiffe der Armee und der Marine waren lediglich zu Versuchszwecken gebaut, um erst einmal Erfahrungen zu sammeln. Das Reich wollte durch seine Aufträge die junge Technik unterstützen. Wenn mir damals jemand vorausgesagt hätte, dass wir während des Krieges 88 Zeppeline bauen würden, einen Typ immer leistungsfähiger und größer als den vorhergegangenen, so hätte ich ihn für einen Phantasten erklärt. Und dennoch: wichtiger noch als die militärischen Ergebnisse wurden die gewaltigen Fortschritte, die Technik und Praxis der Luftschifffahrt in dieser harten und verlustreichen Schule machten.

Noch ehe etwas über unsere Verwendung entschieden war, erhielt ich überraschend eine Art Feuertaufe. Während die Mobilmachung pünktlich und planmäßig wie ein Uhrwerk vor sich ging, wucherten im Lande die wildesten Gerüchte. Es hieß, dass Frankreich den verbündeten Russen Gold in Automobilen ausgerechnet quer durch Deutschland sende. Den Wachen an Brücken, Eisenbahnen und Landstraßen kam infolgedessen jedes Auto verdächtig vor, und wenn es auf Anruf nicht stoppte, so schossen sie.

Auf mein Ansuchen hatten wir einen neuen Kraftwagen erhalten. Als wir damit nachts nach der Leipziger Luftschiffstation hinausfahren, bemerkten wir in einiger Entfernung vor uns ein rotes Licht, das sich hin und her bewegte. Wir waren der Meinung, dass es sich um ein Signal der Eisenbahn handle, deren Schienenstrang neben der Straße herlief, und kümmerten uns nicht weiter darum. Im nächsten Augenblick waren wir förmlich im Kreuzfeuer der Infanterie. Die blauen Bohnen summten an unsern Ohren vorbei wie ein Bienenschwarm, sie durchlöcherten den Wagen und würden auch uns durchlöchert haben, wenn nicht der Fahrer geistesgegenwärtig die Scheinwerfer ausgeschaltet und mit Vollgas Fersengeld gegeben hätte. Wir erreichten den Luftschiffhafen auf Umwegen und in einem kriegsmäßig zusammengeschossenen Wrack. Nie im Leben war ich so wütend. Es war eine lächerliche Art, seine Feuertaufe zu erhalten! Als ich den Offizier fand, der die biederen Scharfschützen befehligte, bekam er allerhand Schmeicheleien zu hören. Fortan wurden wir nicht mehr behelligt und konnten kommen und gehen, wie wir wollten.

Eine Woche später erhielt ich Befehl, die „Sachsen“ nach Potsdam zu überführen, wo sie sozusagen ins Dock gebracht und in ein Militärfahrzeug verwandelt wurde.

Wie alles andere wurde jetzt auch die zivile Luftfahrt der Kriegsmacht unterstellt. Die „Sachsen“ war 1913 als 17. Luftschiff der Zeppelin-Gesellschaft gebaut und fasste bei 140 Metern Länge und 14,8 Metern größtem Durchmesser 19 550 Kubikmeter Wasserstoffgas, die ihr erlaubten, 8200 Kilogramm Nutzlast zu heben. In der Folge wurde sie ebenso wie ihre beiden Vorgänger auf 148 Meter verlängert und konnte nun bei 20870 Kubikmetern Gas außer ihrem Eigengewicht 9400 Kilogramm heben. Aber diese Vergrößerung des Volumens änderte nichts daran, dass das Zeppelin-Schiff damals noch nicht die Eigenschaften aufwies, die es unter dem Zwange seiner militärischen Verwendung in den Kriegsjahren entwickeln sollte. Seine äußere Form war noch nicht den Stromlinien der verdrängten Luft angepasst, sondern gleichmäßig langgestreckt und zylindrisch. Das Schiffsgerippe bestand noch nicht aus der widerstandsfähigen Legierung Duralumin, sondern aus Aluminium, die Gaszellen nicht aus der leichten und undurchlässigen Goldschlägerhaut, die aus feinsten Tierdärmen hergestellt wird, sondern aus gummierter Baumwolle. Meine „Sachsen“ hatte nur zwei Gondeln, von denen die vordere als Kommandostand und Maschinenraum zugleich diente. Der Laufgang, der die Führergondel mit der hinteren Maschinengondel verband, war noch nicht in den Schiffskörper verlegt, sondern zog sich kielartig unter ihm hin. Die Luftschrauben, bei den späteren Typen direkt mit dem Motor gekuppelt, waren mit Auslegern hoch am Schiffsrumpf befestigt.

Die drei Maybach-Motoren von zusammen 540 Pferdekräften gaben dem braven Kahn eine Höchstgeschwindigkeit von 75 Kilometern in der Stunde. Mit ihrer in den Laufgang eingebauten Fahrgastkabine war die „Sachsen“ ein ausgesprochenes Passagierschiff für Post- und Vergnügungsfahrten bescheidenen Maßes und wurde auch dadurch noch nicht besonders kriegstüchtig, dass man eine kleine Funker-bude und eine Vorrichtung zum Abwerfen von Bomben einrichtete und die Führergondel sowie die Plattform auf dem Schiffsrücken mit Maschinengewehren bestückte.


Passagierluftschiff der Delag über der Kieler Regatta 1912


Krieg! Das italienische Marineluftschiff „Città di Jesi“ wird vor Pola abgeschossen

In Potsdam erfuhren wir, dass die Luftschiffe nicht einer bestimmten Truppe zugeteilt werden, sondern selbständig handeln sollten. Ich hatte mit meinen drei Offizieren und fünfzehn Mann der Obersten Heeresleitung für besondere Aufgaben zur Verfügung zu stehen und war im Übrigen mein eigener Herr.

Der erste Auftrag von oben lautete dahin, dass wir nachts aufsteigen, während des folgenden Tages weit hinter den feindlichen Linien kreuzen und in der nächsten Nacht zurückkehren sollten. Jedes der beteiligten Luftschiffe sollte unterwegs die Eisenbahnbrücken und andere militärische Ziele mit Bomben belegen. Ein Generalstabsoffizier, der dem Kommandanten des Luftschiffes beigegeben wurde, sollte den Fahrweg und die Angriffsziele bestimmen.

Das wäre alles ganz schön und gut gewesen, wenn wir damals schon die Luftschiffe gehabt hätten, die wir zwei Jahre später haben sollten.

Die Zeppeline, die uns bei Kriegsbeginn zur Verfügung standen, konnten weder hoch, noch schnell, noch weit genug fahren, noch auch genügend Bomben tragen, um die Aufgaben zu erfüllen, die ihnen der Generalstab stellte. Sie versuchten es — mit dem Ergebnis, dass drei von ihnen verlorengingen.

Gleich zu Anfang August stieg in Köln der Z VI auf, um den Angriff auf Lüttich zu unterstützen. Das Schiff warf über den Forts befehlsgemäß seine Bomben ab, aber die dichte Wolkendecke und sein Übergewicht zwangen es, sich dabei niedrig zu halten. So wurde es wiederholt von Schrapnellen getroffen und gab sogar für die feindliche Infanterie hinter den Forts eine bequeme Zielscheibe ab. Auf dem Rückweg musste die Besatzung das Schiff bei Bonn in einen Wald niedersetzen, und dort blieb es als vollständiges Wrack.

Dem Z VII wurde befohlen, die französische Armee ausfindig zu machen, die sich so rasch aus dem Elsass zurückzog, dass die Deutschen keine Fühlung mehr mit ihr hatten.

Das Luftschiff stieß von Baden-Oos aus gegen die Vogesen vor, beständig in Gefahr, in den Wolken gegen eine Bergspitze anzurennen, weil es nicht höher als eineinhalbtausend Meter steigen konnte. In der Morgenfrühe entdeckte Z VII französische Lager, die er bombardierte, und nach einer neuerlichen Wolkenfahrt keine 800 Meter unter sich das Gros der feindlichen Armee.

Im Nu war die Luft erfüllt von berstenden Schrapnellen, und viele tausend Soldaten wetteiferten, einen Treffer in der 156 Meter langen, 15 Meter breiten Luftschiffhülle anzubringen. Das Schiff hinkte mit seinen durchsiebten Gaszellen davon und strandete bei St. Quirin in Lothringen.

Am gleichen Tag war auch der Z VIII von Trier aus draußen gewesen. Als er unsere Truppen überflog, wurde er von unseren übereifrigen Landsleuten unter heftiges Gewehrfeuer genommen. Die Besatzung erhielt dadurch einen Vorgeschmack der Dinge, die ihrer ein paar Stunden später bei den Franzosen harrten.

Das Schiff hatte nur einige hundert Fuß Höhe, als es überraschend unter sich den Feind sah. Zwar führte man Gewehre und Bomben an Bord und machte auch Gebrauch davon, aber der Feind war besser dran. Dem Fahrzeug wurden die Steuerorgane weggeschossen, und Tausende von Kugeln und Granatsplittern zerfetzten die Gaszellen. Wehrlos trieb Z VIII nun über dem Niemandsland, das damals ein unbestimmter Streifen von vielen Meilen Breite war, und blieb in den Waldbergen von Badonvillers hängen.

Die Mannschaft schwang sich über Bord, der Kommandant vernichtete alle Schiffspapiere und befahl, das Wrack zu verbrennen, aber es war nur noch so wenig Wasserstoffgas in den Zellen, dass es kein Feuer fangen wollte. Zu diesem Zeitpunkt kam eine Schwadron französischer Kavallerie in den Wald geprescht und ging mit gezogenem Säbel gegen das Luftschiff vor.

Die Luftschiffer setzten sich mit Flinten und Pistolen zur Wehr, fest entschlossen, sich auf keinen Fall zu ergeben. Die feindliche Übermacht war zu groß, um ihr auf die Dauer standzuhalten — deshalb brach die Handvoll Deutscher das Gefecht plötzlich ab und floh in den Wald, in dessen Dickicht die verfolgende Reiterei bald ihre Spur verlor.

Elf Stunden lang marschierten die Luftschiffer ostwärts, bis sie bei einem einsamen Gehöft auf die deutsche Vorhut stießen. Als sie den Bauernhof betraten, war ein Hauptmann gerade damit beschäftigt, seine Stiefel zu reinigen.

„Wo kommt ihr denn her“? fragte er überrascht.

„Von den Franzosen“, antworteten sie, „zwölf Stunden von hier.“

Das war die erste Nachricht, aus der hervorging, mit welcher Schnelligkeit sich die Franzosen zurückgezogen hatten.

Die Deutschen hatten gezögert, sich an ihre Fersen zu heften, weil sie eine Falle fürchteten, und dadurch hatte die französische Armee Zeit gewonnen, unangefochten in vorbereitete Stellungen zurückzugehen.

Der Hauptmann telefonierte die Neuigkeit ins Hauptquartier, und bald war die ganze deutsche Armee in einem Gewaltmarsch nach Westen begriffen. Binnen 24 Stunden war die Lücke geschlossen und das Niemandsland in deutscher Hand.

So unglücklich diese Erkundungsfahrt für den Z VIII auch ausging, so rechtfertigte sie doch nachträglich das abschlägig beschiedene Gesuch seines Kommandanten, auf die Kriegserklärung hin sofort loszufahren.

Vielleicht hätten wir Deutschen dann nicht die Fühlung mit dem Feind verloren und ihn gezwungen, sich in offener Feldschlacht zu stellen, ehe er in den rückwärtigen Festungslinien Fuß fassen konnte.

Auf Luftpatrouille und Weltfahrt

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