Читать книгу Bist du unterliebt? - Roland Düringer, Eugen Prehsler - Страница 12
UNTERLIEBT ♥ Der Superbowl
ОглавлениеDer Superbowl ist das wichtigste Einzelsportereignis der Welt mit knapp einer Milliarde Fernsehzuschauern weltweit. Ein 30-sekündiger Werbespot kostet 4 Millionen Dollar.
Er ist das Endspiel der nfl, der National Football League in den USA, wo die Sieger aus den beiden Vorrunden aufeinander treffen und den Champion ausspielen. In diesem Jahr fand das Endspiel im Levi's Stadion in Santa Clara in Kalifornien statt. Dort begeben wir uns jetzt hin und tun so, als ob wir live dabei wären. Ein wunderbares Stadion. 75.000 Zuschauer. Und wir mitten drinnen. Angenehm warm ist es da.
Die Spieler sind noch nicht eingelaufen, doch die Begeisterung ist schon zum Greifen, die Euphorie spürbar. Alle sind gut drauf. Die Stimmung ist toll. Die Leute machen schon die Welle. Ohoohooo! Da sollten wir jetzt mitmachen. Wir sitzen ja auch im Stadion. Live dabei. Patrizia, du willst nicht? Du bleibst lieber auf deinem Sofa sitzen. In deinem Schmuddelpyjama. Es ist gerade so gemütlich. Claudia, du liest das Buch gerade in der Straßenbahn. Da würde die Welle ein bisschen peinlich wirken. Inmitten all dieser ernsten Gesichter und dieser vielen Menschen, die ihre privatesten Geheimnisse in ihr Mobiltelefon schreien. Peter, du liest mich auf deinem stillen Örtchen. Du bleib bitte sitzen. Lassen wir das mit der Welle.
Die Kisscam fängt immer wieder Pärchen ein. Die werden dann auf den großen Videowalls gezeigt, von einem Herz gerahmt und sollen sich küssen. Alle jubeln dazu. Da ist auch der Popcorn und Hotdog-Verkäufer mit seinem Bauchladen. Der Duft ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Stimmung. Dort sitzt so ein typischer Ami mit seiner Cola-Dosen-Mütze. Sie wissen eh, je eine Dose rechts und links auf der Kappe mit einem Schlauch direkt zum Mund. Damit man die Hände fürs Popcorn und den Hotdog frei hat. Crazy. Mit unseren Wein, Prosecco und Kräutertee fallen wir schon ziemlich auf.
Am Spielfeldrand tanzen sich die Cheerleader schon warm. Die Cheerleader sind diese leicht bekleideten, gut aussehenden Mädchen. Kurze Röcke, enge Tops. Die sorgen mit ihren Choreografien für jede Menge Akrobatik und Erotik.
Und da kommen die beiden Mannschaften aufs Spielfeld, Gladia …
Rainer, Rudi und Peter, habe ich euch gerade verloren? Seid ihr gedanklich bei oder in den Cheerleadern hängengeblieben. Die Präposition macht einen Unterschied. Unsere Damen denken sich gerade, was schon wieder für eine hormongesteuerte Geschichte. Gut. Meine Herren, ihr könnt euch jetzt selbst in einen kurzen Werbeblock hängen oder weiter von den Cheerleadern träumen. Oder ihr lest auch, was ich über die Wichtigkeit der Cheerleader zu sagen habe.
Definition der Cheerleader, nach Wikipedia.
Die primäre Aufgabe des Cheerleading – von englisch cheer ›Beifall‹ und to lead ›führen‹, also sinngemäß »zum Beifall führen« – ist das Anfeuern der eigenen Sportmannschaft und die Animation des Publikums.
JAA – Die Cheerleader sind ganz wichtig. Gäbe es die nicht, würden die beiden Mannschaften aufs Spielfeld kommen und sich mit hoher Wahrscheinlichkeit darauf einigen, dass sie ins nächste Pub auf ein Bier gehen. Wenn jedoch erotische Frauen auf dem Spielfeld sind, schießt bei uns Männern das Testosteron ein und wir beginnen, um die Frauen zu buhlen. Wir fangen dann zu raufen an, zu streiten und zu kämpfen. Wir Männer machen ziemlich viele Unsinnigkeiten, nur um den Frauen zu gefallen. Meine Damen, ihr denkt euch jetzt, typisch für uns Männer. Aber ähnliche Effekte gibt es auch in der Damenwelt. Stellt euch vor, ihr sitzt mit zwei, drei Freundinnen in eurem Lieblingskaffeehaus. Ihr trinkt einen Cafe Latte. Nicht zu kalt, nicht zu warm. Mit einem Hauch von Kakaopulver. Wegen der schlanken Linie. Auf einmal geht die Türe auf und es erscheint – George Clooney. Da werdet wohl auch ihr in ein anderes Verhaltensmuster wechseln.
Zurück nach Santa Clara. Wo war ich stehen geblieben? Aja! Die Mannschaften laufen gerade ein. Gladiatoren der Neuzeit. Die haben superbreite Schultern. Betont noch durch die Schulterpolster. Kriegsbemalung in den Gesichtern. Und total knackige Hintern. Die Mannschaften stellen sich wie Silberrücken, wie Gorillas in einem Kreis auf und machen eigenartige Brunftgeräusche. Sie schwören sich auf den gemeinsamen Erfolg ein. Klopfen sich gegenseitig anspornend auf die Helme. Der Coach pumpt seine Männer bis über die Haarwurzeln voll mit Selbstvertrauen und Siegeswillen. Yeah. Go for it! You can!
Bevor das Spiel beginnt, singen die Amis sogar noch die Nationalhymne. Die Zuschauer stehen auf und halten ihre Hand aufs Herz. The land of the free and the home of the brave. Das Land der Freien und die Heimat der Braven. Oder so ähnlich. Gut, das war ein Schenkelklopfer. Entschuldigung.
Jetzt beginnt das Spiel. Mit einem Freekick. Die Menge tobt. Es wird um jeden Yard gekämpft. Da bekommt der Quarterback den Ball. Der wirft einen Superpass über sechzig Yards nach vorne. Dort fängt ihn ein Angriffsspieler und rennt damit wie von der Tarantel gestochen los. Über die weiße Linie. Und drischt mit aller Kraft den Ball auf die Erde. Touch Down. Das höchste, was man in diesem Spiel erreichen kann. Sechs Punkte. Der Spieler macht einen Salto und wird von seinen Mitspielern unter einem Knäuel der Begeisterung begraben. Das Stadion explodiert. Applaus brandet auf. Yeah!
Und jetzt nehmen wir die beiden Teams, saugen sie aus dem Stadion in den blauen Himmel Kaliforniens und fliegen sie über den Pazifik. Nach Sibirien. Der Himmel wird grau. Es ist fürchterlich kalt. Minus 24 Grad. Wir stellen die beiden Mannschaften auf eine Wiese, wo niemand ist. Keine Menschenseele weit und breit. Kein Publikum, kein Coach, kein Platzsprecher, kein Hotdog-Verkäufer, keine Cheerleader. Nicht einmal ein Kamtschatka Bär. Wir verbieten den beiden Mannschaften, während des Spiels miteinander zu reden. Jedes Erfolgsritual wird untersagt. Da gibt es kein anerkennendes auf den Helm Klopfen, kein high five, keinen Salto. Leise und brav sollen die spielen. Und außer dem eisigen sibirischen Wind hört man vom Platzsprecherband die ganze Zeit nur monoton Angst, Angst, Angst, Angst, Angst.
Das Spiel im warmen Kalifornien wird wohl ein anderes sein als jenes im frostigen Sibirien. Obwohl es genau dieselbe Sportart ist. Und dieselben Mannschaften.
Hier ein Klima des Erfolges, der Anerkennung, des Selbstvertrauens und der Freude.
Dort keine Aufmunterung, kein Anfeuern, dafür frostige Angst und Unlust.