Читать книгу Bist du unterliebt? - Roland Düringer, Eugen Prehsler - Страница 13

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UNTERLIEBT ♥ Obama, Europa und wir selbst

Was würden Sie sagen? Spielt Europa momentan eher so wie beim Superbowl, strotzend vor Selbstvertrauen und erfolgshungrig oder doch eher eine ängstliche Zitterpartie wie in Sibirien. Hat Europa einen starken Selbstwert? Gut, wir in Österreich sind ja eine Mannschaft der Seeligen. Wir haben ja zwei echte Motivationsbolzen als Coaches. Faymann und Mitterlehner. Und die Mikl-Leitner ist ja auch eine bezaubernde Cheerleaderin. Mikl-Leitner im kurzen Rock und eng anliegendem Top. Man muss sich nicht alles vorstellen. Aber das übrige Europa?

2008 hat Obama bei seinem ersten Wahlkampf die Amis mit einem einzigen Satz aufgerichtet: »Yes, we can!« Die Amis hatten damals nach der Bush-Periode auch ein Selbstwert- und Identitätsproblem. Das passiert sogar denen manchmal. Aber Obama hat den kollektiven Selbstwert wieder gehoben. Von einer ganzen Nation. 320 Millionen Amis.

Yes, We Can!

ist eigentlich ein Zufall gewesen. Der ursprüngliche Wahlslogan hat gelautet Change we can believe in.

Das ist ja fast genauso mitreißend.

Obama hat Yes We Can! während seiner Präsidentschaftsrallye zum 1. Mal in einer Rede nach der Vorwahl in New Hampshire am 8.1.2008 eingesetzt.

Da hat er die Zuhörer gefragt, ob man die großen weltpolitischen Probleme lösen könne, Gerechtigkeit, Weltfrieden, Milchschnitte für alle und so weiter.

Und jedes Mal hat er sich selbst die Antwort gegeben: »Yes, We Can !« (ins Österreichische übersetzt:

»Ja, das müssen wir uns noch anschauen!«)

Und das ist eben voll aufgegangen. Ein Mythos war geboren.

Aber: Yes We Can kommt auch im Lied von Bob, dem Baumeister vor. Im Refrain wird immer wieder gesungen: »Can we fix it? Yes we can!«

Deutsche Übersetzung? »Können wir das schaffen? Yo wir schaffen das!« Die Angie Merkel hat das auch gesagt. Aber ursprünglich ist das von Bob, dem Baumeister.

Yes, We Can!

Was hören wir Europäer seit Jahren? Die Griechen können nicht, die Italiener können nicht – gut, die Mafia kann schon, aber sonst? –, die Spanier können nicht, die Franzosen können auch schon lange nicht mehr. Bleiben offensichtlich nur mehr die Deutschen und die haben auch schon mit VW, der Deutschen Bank und einigen anderen Flaggschiffen so ihre Troubles erlitten. Die Briten sehen sich sowieso als Nichteuropäer und wollen im Club der Verlierer nicht mehr Mitglied sein. Und ständig wird uns Angst gemacht. Angst, Angst, Angst, Angst!

Ist Angsthaben das neue Hobby von uns Europäern? Die neue Extremsportart? Das lähmt schon ein bisschen. Wer hat eigentlich etwas davon, dass wir uns so niedermachen oder so niedergemacht werden? Sind wir Masochisten, einfach nur dumm oder steckt da Absicht und Methodik dahinter? Klar. Die Amis lachen dazu. Ist ja auch lustig, wie wir uns zusätzlich von jeder daher gelaufenen amerikanischen Rating-Agentur auf den Kopf scheißen lassen. Wenn dann jemand wie die Frau Merkel mit einem Mutappell an die Öffentlichkeit tritt, bekommt ihr das nicht gut. Aber da ist sie in bester Gesellschaft. Über die Jahrhunderte hinweg.

Alfons X, el Sabio (der Weise)

Ich bin nur noch der Schatten eines Königs, den man einst Alfons X. den Weisen nannte, aber der Papst und meine eigenen Vasallen haben mich 1282 abgesetzt. Vielleicht waren meine Träume zu groß für dieses Jahrhundert. Dabei standen wir doch unmittelbar vor einem großen Erwachen. Ich hatte das Glück, in Toledo aufgewachsen zu sein, wo mich Bischof Raymond mit seinen christlichen und jüdischen Übersetzern in die Kultur des Islam eingeführt hatte. Ich habe dann den Koran und den Talmud ins Lateinische übersetzen lassen.

Die rühmlichste Tat meiner Regierungszeit war, dass ich in Murcia mit dem moslemischen Philosophen Mohammed Al-Rikuti eine Schule gegründet habe, wo zum ersten Mal in der Welt Christen, Juden und Moslems zugleich lehrten. In Sevilla habe ich dafür gesorgt, dass in den beiden Kultursprachen meiner Zeit, Arabisch und Latein, unterrichtet wurde.

Hören Sie nur, einer meiner Pagen lässt einen meiner Lobgesänge erklingen:

»Oh mein Christus,

der du sie alle annimmst,

Christen, Juden, Mauren,

wenn nur ihr Glaube

auf Gott gerichtet ist.«

Wie in meinen Gebeten, habe ich auch in meinen Gesetzen niemals vergessen, dass die Ungläubigen mit uns gleichen Blutes und Wesen sind, und das steht so in meinen Gesetzbüchern: »Da die Synagoge das Haus ist, wo der Name des Herrn gepriesen wird, verbieten wir allen Christen, es zu zerstören, oder mit Gewalt etwas daraus zu entfernen, oder an sich zu nehmen.«

Und hinsichtlich der Mohammedaner:

»Es sollen die Mauren unter den Christen ihren Glauben leben dürfen, den unsern aber nicht beleidigen.«

Ja, dank der Bemühung der Gelehrten unserer drei Religionen konnte das Spanien des 13. Jahrhunderts unter meiner Herrschaft für ganz Europa eine echte Wiedergeburt bewirken, nicht gegen Gott, sondern mit Gott.

Die Männer des Gesetzes sagen uns: »Dies ist verboten! Dies ist erlaubt!« Niemals jedoch sagen sie uns: »Du bist selbst für dich verantwortlich. Denke selbst nach!« Dabei fordert uns der Koran auf jeder Seite dazu auf. Wenn man auf sie hören wollte, gäbe es zwischen Gott und dem Menschen nur Beziehungen zwischen Herr und Knecht. Meine Brüder, Gesetz und Philosophie fangen an, wo diese dürre Juristerei aufhört.

Alfonx X. war kein Niemand. Der war ein VVIP, eine very very important person. Alfons X. war nicht nur König von Kastilien und Leon, sondern auch König des Heiligen Römischen Reiches. So etwas wie der amerikanische Präsident heute. Aber Sie sehen, es hat sich seit damals irgendwie nicht viel geändert.

Es geht um die Frage, wie wir Europäer mit unserem Selbstwert und unserer Liebe zu unserem wunderbaren Kontinent umgehen. Lieben wir Europa zu wenig? Ist Europa unterliebt? Haben Sie schon einmal erlebt, dass Europäer aufstehen und mit der Hand auf ihrem Herzen die Europäische Hymne singen? Das wird ihnen nicht gelingen, denn die Europäische Hymne hat keinen Text. Ohne Worte, nur in der universellen Sprache der Musik, soll sie die europäischen Werte Freiheit, Solidarität und Frieden zum Ausdruck bringen. Das hat sich offensichtlich schon zu uns allen durchgesprochen. Wie kann sich etwas durchsprechen, wenn es keine Worte, keinen Text hat?

Sie können dieses Superbowl-Beispiel aber auch auf Ihre Firma beziehen. Welche Kultur wird dort gelebt? Eher eine Erfolgskultur oder doch eine Angstkultur? Werden bei Ihnen auch die Mitarbeiter freigesetzt? Das ist ein spannendes Wort, dieses freisetzen. Ich frag mich immer, was waren die Mitarbeiter vorher. Eingesperrt? Rainer, wie ist das bei euch im Unternehmen? Müssen da viele Menschen Zwangsarbeit verrichten? Arbeit, die sie gar nicht wollen? Freisetzen.

Die Thematik betrifft uns auch persönlich. Wie spielen wir in unserem eigenen Leben? Haben wir genug Selbstwert und Selbstvertrauen, fangen wir mutig den Ball oder spielen wir das Lied von der Angst?

Das hat eben viel damit zu tun, ob wir genug Liebe haben. Oder unterliebt sind.

Bekommen wir genug Liebe? Lieben wir uns selbst genug?

Jetzt mal ehrlich, so unter uns, nur Sie und ich: Mögen Sie sich? Keine blöde Frage, sondern eine entscheidende. Schon vor 2.000 Jahren hat der langhaarige Langzeitarbeitslose in den Herrgottsschlapfen gesagt: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Genau das tun wir. Unangenehm für den Nächsten nur, wenn wir uns selbst nicht lieben.

Bevor wir jetzt die Duftkerzerln und die Räucherstäbchen anzünden und Briefe an das Universum schreiben, möchte ich Ihnen eine Formel vorstellen. Die Formel. Ist zwar auch eine Liebesformel, doch sehr rational. Mathematik eben.

Bist du unterliebt?

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