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Kapitel B Gründe für die Geltendmachung kartellrechtlicher Schadensersatzansprüche

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Literatur: Altmeppen, Organhaftung wegen Verjährenlassens von Ansprüchen der Kapitalgesellschaft, ZIP 2019, 1253; Bayer/Scholz, Organhaftung wegen Nichtdurchsetzung von Ansprüchen der Gesellschaft, NZG 2019, 201; Beth/Pinter, Preisschirmeffekte: Wettbewerbsökonomische Implikationen für kartellrechtliche Bußgeld- und Schadensersatzverfahren, WuW 2013, 228; Coppik/Haucap, Die Behandlung von Preisschirmeffekten bei der Bestimmung von Kartellschäden und Mehrerlösen, WuW 2016, 50; Fritzsche, Die Schadensvermutung – Auslegungsfragen zum Kartellzivilrecht nach der 9. GWB-Novelle, NZKart 2017, 581; Hartmann-Rüppel/Schrader, Es regnet Preiserhöhungen – Wie Preisschirme auch Unbeteiligte schädigen können, ZWeR 2014, 300; Klumpe/Thiede, Ergänzende Überlegungen zur Lukas Rengier, Kartellschadensersatz in Deutschland, NZKart 2019, 136; Makatsch, Kartellschadensersatz – Vergleichen oder Prozessieren?, CCZ 2015, 127; Meeßen, Der Anspruch auf Schadensersatz bei Verstößen gegen das EU-Kartellrecht – Konturen eines Europäischen Kartelldeliktsrechts, 2011; Morell, Kartellschadensersatz nach „ORWI“, WuW 2013, 959; Murphy, Stahlkonzern entschädigt Bahn, in: Handelsblatt (Nr. 224) vom 20.12.2013, S. 15; Rengier, Kartellschadensersatz in Deutschland – die ersten 15 Jahre in Zahlen und Lehren für die Zukunft, WuW 2018, 613; Stancke, Zu den Pflichten und Abwägungskriterien hinsichtlich der Durchsetzung kartellrechtlicher Schadensersatzansprüche, WuW 2015, 822; Stein/Friton/Huttenlauch, Kartellrechtsverstöße als Ausschlussgründe im Vergabeverfahren, WuW 2012, 38; Thomas, Der zivilprozessuale Nachweis eines Kartellverstoßes nach vorausgegangener Verpflichtungszusagenentscheidung, ZWeR 2018, 141; Weber/Kiefner/Jobst, Künstliche Intelligenz und Unternehmensführung, NZG 2018, 1131.

Übersicht

I. Potenziell erhebliche Schädigung durch Kartelle

1. Direkte Betroffenheit

2. Indirekte Betroffenheit

3. Preisschirmeffekte

4. Zwischenergebnis

II. Rechtliche Pflichten der Geschäftsleitung geschädigter Unternehmen

1. Sorgfaltspflichten der Unternehmensleitung

2. Business Judgment Rule

3. Strengerer Maßstab bei staatsnahen Unternehmen

4. Informierte Abwägungsentscheidung maßgeblich

a) Angemessene Informationsbasis

b) Abwägung im Einzelfall

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Angesichts der Vielzahl von Kartellen, die weltweit von Kartellbehörden aufgedeckt werden, und vor dem Hintergrund der zunehmenden kartellrechtlichen Schadensersatzklagen, stellt sich für Unternehmen immer häufiger die Frage, ob sie selbst geschädigt wurden und ob gegebenenfalls zivilrechtlich gegen Kartellanten vorgegangen werden soll. Oft handelt es sich bei der Klärung dieser Frage um ein komplexes Unterfangen. Zunächst einmal ist es häufig schwierig, das „Ob“ und die etwaige Höhe einer Schädigung zu ermitteln. Außerdem mag die Gefahr bestehen, dass durch eine Schadensersatzklage eine wichtige Lieferantenbeziehung belastet oder das Unternehmenswohl sonst wie beeinträchtigt wird.1

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Schadensersatzbezogene Erwägungen müssen auch die Kartellanten als mögliche Anspruchsgegner vornehmen. Diese müssen insbesondere das potenzielle Schadensersatzrisiko einschätzen, um zu entscheiden, ob z.B. gegenüber betroffenen Geschäftspartnern ein konfrontatives oder kooperatives Vorgehen angezeigt ist.2

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Klassischerweise kommen vor allem bei kollusivem Zusammenwirken mehrerer Unternehmen, z.B. im Rahmen von Preiskartellen, Schadensersatzansprüche infolge eines kartellbedingt zu viel gezahlten Kaufpreises („Overcharge“) in Betracht.3 Hierbei profitieren geschädigte Unternehmen nicht zuletzt von einer widerleglichen Vermutung, dass ein Kartell einen Schaden verursacht hat,4 von der gesamtschuldnerischen Haftung der Kartellanten für den entstandenen Schaden5 sowie von einer eher klägerfreundlichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes.6 Verschiedene einseitige Verhaltensweisen marktbeherrschender oder – im deutschen Recht bereits ausreichend – marktmächtiger Unternehmen können ebenfalls zu Schäden bei betroffenen Marktteilnehmern führen. So kann ein Ausbeutungsmissbrauch (z.B. überhöhte Lizenzgebühren für die Nutzung eines sog. „standardessenziellen Patents“7) Ansprüche der Marktgegenseite nach sich ziehen, während beim Behinderungsmissbrauch (z.B. Kopplungsstrategien beim Vertrieb oder Verweigerung des Zugangs zu erforderlichen Netzinfrastrukturen8) Schadensersatzansprüche der Mitbewerber in Betracht kommen.9

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Insgesamt sind verschiedene Varianten möglich, in denen ein kartellrechtswidriges Verhalten zu erheblichen Schädigungen führen kann und daher eine Geltendmachung von Ersatzansprüchen – gerichtlich oder außergerichtlich – für betroffene Unternehmen erfolgversprechend erscheint (hierzu unter Rn. 5ff.). Aber nicht nur monetäre Aspekte stellen einen Grund für eine mögliche Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen dar. Sowohl die Geschäftsleitungen von Kartellanten als auch die Geschäftsleitungen von potenziell geschädigten Unternehmen müssen in ihrem Abwägungsprozess ihre eigenen (gesellschafts-)rechtlichen Pflichten berücksichtigen. Hierbei können geschädigte Unternehmen aufgrund verschiedener Faktoren sogar verpflichtet sein, Kartellschadensersatzansprüche geltend zu machen (hierzu unter Rn. 16ff.). Potenzielle Kartellanten müssen dies im Rahmen ihres Abwägungsprozesses, ob ein konfrontatives oder kooperatives Vorgehen erfolgversprechender erscheint, berücksichtigen, um die aus einem Kartellverstoß resultierenden Auswirkungen (neben den potenziellen Bußgeldern der Wettbewerbsbehörden) möglichst gering zu halten.10

1 Stancke, WuW 2015, 822. 2 Die Kartellanten müssen das potenzielle Schadensersatzrisiko zudem im Hinblick auf ein behördliches Kartellverfahren abschätzen, ggf. bereits vor Ermittlungshandlungen der Wettbewerbsbehörden. Denn hiervon ist u.a. die mögliche Zusammenarbeit mit den Wettbewerbsbehörden als sog. Kronzeuge abhängig sowie mögliche weitere Vorteile im Hinblick auf das zu erwartende Bußgeld (vgl. Art. 18 Abs. 3 der Kartellschadensersatzrichtlinie) und die Stellung in möglichen Schadensersatzprozessen (vgl. §§ 33e und 33f GWB). Bisweilen ist es auch erforderlich, frühzeitig ausreichende Rückstellungen zu bilden, vgl. hierzu auch Makatsch, CCZ 2015, 127, 129; Polley, in: Fuchs/Weitbrecht, KartellR-HdB, § 3 Rn. 85ff. 3 Vgl. auch Stancke, WuW 2015, 822f. 4 Vgl. gem. § 186 Abs. 3 S. 1 GWB für nach dem 26.12.2016 entstandene Ansprüche: § 33a Abs. 2 GWB; vgl. auch Art. 17 Abs. 2 der Kartellschadensersatzrichtlinie. Zu davor entstandenen Ansprüchen auch: BGH, 11.12.2018, KZR 26/17, ECLI: DE:BGH:2018:111218UKZR26.17.0, Rn. 55f. – Schienenkartell. 5 § 33d GWB i.V.m. §§ 830, 840 Abs. 1 sowie §§ 421 bis 425 BGB; vgl. auch Art. 11 der Kartellschadensersatzrichtlinie; BGH, 19.5.2020, KZR 70/17, ECLI:DE:BGH:2020: 190520UKZR70.17.0 – Schienenkartell III. 6 In jüngerer Zeit: EuGH, 12.12.2019, Rs. C-435/18, ECLI:EU:C:2019:1069 – Otis; EuGH, 14.3.2019, Rs. C-724/17, ECLI:EU:C:2019:204 – Skanska. 7 EuGH, 16.7.2015, Rs. C-170/13, ECLI:EU:C:2015:477 – Huawei/ZTE; vgl. auch BGH, 4.1.2017, KZR 47/14, ECLI:DE:BGH:2017:240117UKZR47.14.0. 8 OLG Düsseldorf, 29.1.2014, VI-U (Kart) 7/13, ECLI:DE:OLGD:2014:0129.VI.U. KART7.13.00; OLG Düsseldorf, 30.9.2009, VI-U (Kart) 17/08, ECLI:DE:OLGD: 2009:0930.VI.U.KART17.08.00. 9 Hierzu auch Meeßen, Der Anspruch auf Schadensersatz bei Verstößen gegen das EU-Kartellrecht – Konturen eines Europäischen Kartelldeliktsrechts, S. 323ff. m.w.N. 10 Vgl. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rn. 91a m.w.N.; Fleischer, in: MüKo-GmbHG, § 43 Rn. 102a m.w.N.

Kartellrechtliche Schadensersatzklagen

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