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Geschichten
Manchmal versuche ich, mir das vorzustellen. Wie das damals war, vor 2 000 Jahren. Eine Menschenmenge. An einem Seeufer. Unruhe. Drängeln. Und dann steht da dieser Mann, Jesus, und erzählt eine Geschichte. Und noch eine. Die Leute hören zu. Gebannt.
Merkwürdig. In diesen Geschichten geht es um lauter Dinge, die in Israel zum Alltag der Menschen gehörten: um Weinberge, Schafe, Senfkörner, Sämänner, Ackerbauern, Hochzeiten oder Geldstücke. Völlig unspektakulär. Und trotzdem begriffen die meisten Zuhörer: Moment mal! Der redet ja gar nicht nur von Hirten und Schafen, der meint eigentlich Gott und die Menschen. Da geht es um uns. Hey, dieser Hirte, der sich liebevoll um die Schafe kümmert, ist das nicht Gott? Und dieses Schaf, das sich verirrt hat, das … das könntest doch du sein. Oder vielleicht sogar ich selbst?
Warum hat Jesus so gerne Geschichten erzählt? Könnte das daran liegen, dass man Gott mit menschlicher Logik gar nicht begreifen kann? Dass jeder Versuch, ihn abschließend zu beschreiben, scheitern muss?
Verrückt, oder? Denn wir möchten Gott doch so gerne verstehen. Aber immer wenn eine christliche Gruppierung ernsthaft dachte, sie wüsste, wie Gott ist, ging das schief. Da kam es zu Engstirnigkeit, Traditionalismus, Gewalt, Ausgrenzung, Aggression und Streit.
Jesus macht das ganz anders: Er definiert nicht, er erklärt nicht, er erzählt Geschichten. Er sagt fast nie: »Gott ist soundso«, sondern: »Gott ist wie …« Er vergleicht. Er vergleicht den Schöpfer des Himmels und der Erde mit ganz irdischen Dingen, die wir kennen und verstehen. Und die Bilder, die er benutzt, öffnen uns die Augen.