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FEBRUAR

5

ÖPNV

Ich habe früher gerne über Amerikaner gelästert, also die, die sogar zum Klo mit dem Auto fahren. Heute muss ich mich selbst dazu zwingen, den Öffentlichen Personennahverkehr – also: Straßenbahn, Bus oder U-Bahn – zu benutzen. Ich brauche in der Regel damit länger, finde es schweißfreundlich und ungemütlich, in den unterirdischen, vorhöllenartigen Gangsystemen ist mir nie so ganz geheuer, und wenn es dann auch noch regnet auf dem Weg zur Haltestelle … ähm.

Zum Glück für die Betreiber dieser Systeme sorgen die Parkplatznot, die verstopften Straßen und die Ampelschaltungen bei mir tatsächlich für ein ungewolltes Umdenken. Warum auch nicht? In anderen Ländern ist das selbstverständlich.

Neuerdings mache ich aus der Not eine Tugend und beobachte unauffällig die Menschen auf den Sitzbänken: den müden Arbeiter, das knutschende Pärchen, die lauten Punker, das klapprige Ömchen, die giggelnden Freundinnen und den tätowierten Typen mit dem Hund, neben den sich keiner setzen will, obwohl es so voll ist. Faszinierend.

Es ist wie eine Ausstellung von Lebensmodellen, -typen und -konzepten. Vor allem leben die alle völlig anders als ich. Und ich merke: Ich würde gern mehr über diese Menschen erfahren. Nur kommt man sich ja im Personennahverkehr leider nie besonders nah. Meine Frau ist da übrigens mutiger: Aus irgendeinem Grund führt sie selbst auf Kurzstrecken mit Leuten sofort intensive Gespräche.

Im Neuen Testament wird die Geschichte von einem Jünger Jesu erzählt, der auf einer kurzen Kutschfahrt mit dem Außenminister eines fernen Landes ins Gespräch kommt. Und plötzlich passiert Folgendes: Der einfache Arbeiter Philippus kann dem Politiker eine lebenswichtige Frage beantworten, woraufhin sich dieser bekehrt. Siehe da! Vielleicht brauchen wir beim Nahverkehren mehr Mut zum Reden. Gute Fahrt!

Moment mal!

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