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VIERTE ABHANDLUNG: ÜBER DIE RACHE

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Die Rache ist eine Art ungezähmter Justiz, die umso gründlicher vom Gesetz ausgerottet werden sollte, je mehr die Natur des Menschen Zuflucht zu ihr nimmt. Was das vorangegangene Unrecht angeht, so verstößt es gegen das Gesetz, aber die Rache für dieses Unrecht setzt das Recht außer Kraft. Gewisslich steht derjenige, der Rache übt, auf einer Stufe mit seinem Feinde, aber wenn er verzeiht, ist er ihm überlegen, denn die Gnade ist das Vorrecht des Fürsten. Wenn ich mich recht erinnere, sagte Salomo: „Ruhm ist, über böses Tun hinwegzugehen.“ Das Vergangene ist unwiderruflich vorbei, und weise Menschen haben genug mit der Gegenwart und der Zukunft zu tun. Deshalb machen es sich diejenigen selbst schwer, die sich an den Geschehnissen der Vergangenheit abmühen. Niemand verübt ein Unrecht nur um des Unrechtes willen, sondern um sich dadurch Gewinn, Vergnügen, Ehre oder etwas Gleichartiges zu verschaffen. Warum also sollte ich auf einen Menschen wütend sein, weil er sich selbst mehr liebt als mich? Und wenn ein Mensch ein Unrecht tatsächlich nur aus bösem Willen verüben sollte, dann ist er so wie der Dorn oder der Stachel, der kratzt und sticht, weil er nicht anders kann. Die erträglichste Art der Rache ist die für ein erlittenes Unrecht, das kein Gesetz wiedergutmachen kann, doch dann soll derjenige, der Rache nimmt, darauf achten, dass sie von keinem Gesetz bestraft werden kann, denn sonst ist der Feind im Vorteil, und es steht zwei zu eins. Manche wünschen, wenn sie Rache nehmen, dass der andere weiß, aus welcher Richtung sie kommt: das sind die Wohlwollenderen. Ihr Genuss scheint nicht so sehr in der Zufügung von Schaden zu liegen, sondern darin, dass der andere seine Tat bereut. Doch gemeine und hinterlistige Feiglinge sind wie der Pfeil, der durch die Nacht fliegt. Cosimo, der Großherzog von Florenz, bediente sich eines verbitterten Sprichwortes gegen heimtückische und sorglose Freunde, deren Untaten unverzeihlich seien: „Ihr könnt lesen“, sagte er, „dass uns befohlen wird, unseren Feinden zu vergeben, aber nirgendwo könnt ihr lesen, dass uns befohlen wird, unseren Freunden zu vergeben.“ Der Geist des Hiob war hingegen milder gestimmt. „Sollen wir etwa“, sagte er, „das Gute aus den Händen Gottes entgegennehmen und nicht damit zufrieden sein, auch das Böse anzunehmen?“ Ebenso verhält es sich mit den Freunden. Es ist gewiss, dass ein Mensch, der auf Rache sinnt, seine eigenen Wunden frisch hält, die ansonsten verheilen würden, sodass es ihm wieder gut ginge. Öffentlich geübter Rache ist häufig Glück beschieden, wie zum Beispiel für den Tod Caesars, den des Pertinax, den Heinrichs des Dritten von Frankreich und anderer mehr. Doch bei persönlicher Rache verhält es sich nicht so. Vielmehr führen rachsüchtige Menschen das Leben von Hexen und Zauberern, die Schaden stiften und unselig enden.

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