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Auf dem Grün

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Streng wissenschaftlich betrachtet, handelt es sich beim Golf ja um eine Verbindung zweier grundverschiedener Sportarten, die miteinander nicht die Bohne zu tun haben. Die eine findet auf dem Golfplatz statt, die andere auf dem Green. Die eine wird mit Vorliebe von jenen ausgeübt, die gern draufhauen und die weiße Kugel über die Fairways fliegen sehen. Die zweite richtet sich an Frauen und Weicheier. An Ingenieure, Neurochirurgen oder andere Haarspalter, die im Tausendstel-Millimeter-Bereich herumzirkeln wie unsereiner in einem dieser affig engen Parkhäuser, die vermutlich von fahrradelnden Lehrlingen gezeichnet wurden, bestimmt aber nicht von SUV-Besitzerinnen.

Okay, jetzt sind wir ein bisschen abgeschweift. Der langen Rede kurzer Sinn: Es gibt Golfer – und es gibt Bastler. Pingelige Pingelsingles, die es kaum erwarten können, auf dem grünen Grün anzukommen und den Ball über den Teppich rollen zu lassen, zu hören, wie er ins Loch fällt. Aber Achtung: Golf findet draußen statt. Bei jeder Witterung. Und nicht in der Stube.

Dorthin gehören die Erbsenzähler, die jeden Krümel vom kurzgeschorenen Teppich pusten und jedes noch so kleine Einschlagloch akribisch reparieren wie ein Schönheitschirurg die Orangenhaut an Frau Direktors Allerwertestem. Das sind die Schlimmsten, diese Grünspechte mit einstelligem Handicap! Schleichen ums Loch herum wie der Nebelparder um den Nasenaffen im Mangrovenwald auf Borneo. Studieren stundenlang Graswuchs und Neigung – und das von allen Seiten. Kalkulieren jede Eventualität ein, jede noch so kleine Unebenheit, die einen Einfluss haben könnte. Und dann »werden« sie zuerst zum Ball – und dann zum Loch. Verschmelzen mit den Umständen. Und dann schieben sie, darauf können Sie wetten, den Putt grannenhaarscharf vorbei. Schade für den ganzen Aufwand.

Einer der größten Fehler beim Putten ist es, den Schlag nicht zu kurz zu lassen, ihn also so stark zu dosieren, dass der Ball – für den Fall, dass er nicht fallen sollte – zehn Zentimeter hinter dem Loch zu liegen kommt. Entgegen allen Unkenrufen kommt es im Leben nämlich doch auf die Länge an. Nur ein zu kurzer Putt gibt Ihnen die hundertprozentige Sicherheit, einen zweiten Versuch hinterherschieben zu können. Wenn Sie sich aber angewöhnen, Ihre Putts »zu lang zu lassen«, dann laufen Sie automatisch Gefahr, dass der Ball nicht vor dem Loch zum Stillstand kommt und eventuell per Zufall fällt. Wenn Sie den Zufall explizit aus Ihrem Spiel ausklammern wollen, dann denken Sie einfach an die Faustregel »In der Kürze liegt die Würze«. Und meiden Sie das Loch wie der Teufel das Weihwasser!

Wenn Sie, liebe Leserin, lieber Leser, einigermaßen vernünftig sind, dann machen Sie es anders. Dann putten Sie ganz einfach entspannt drauflos. Wenn der Ball fällt, Pech gehabt, denn Sie wollen ja möglichst oft putten und auf keinen Fall ein Single-Handicap. Also beim Putten immer die Nerven behalten und jetzt bloß keinen Fehler machen. Zielen Sie nicht, sondern schieben Sie seelenruhig ein-, zweimal am Loch vorbei. Da braucht es kein Training, keine Handbücher, keine Schulungsvideos und keine neunmalschlauen Pros. Das Einzige, was Sie haben müssen, ist ein wasserfestes Konzept. Und sooo ein Rückgrat!

Aber Achtung: Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei. Und so muss auch der Golfer nur zu oft feststellen, dass ihm die Löcher ausgehen. Wehmut stellt sich ein: Warum habe ich den Ball am neunten Loch schon mit dem vierten Schlag aus dem Sandbunker gebracht und nicht erst mit dem siebten oder achten? Warum habe ich den langen Putt auf der Zwölf eingelocht, wo ich doch spielend noch drei, vier weitere hätte anhängen können …

Womit wir bei einer der bedeutungsvolleren Grunderkenntnisse dieses faszinierenden Spiels wären: Ist der Ball erst einmal in Fahnennähe, gibts kein Zurück mehr. Das Loch hat geradezu magische Anziehungskräfte. Vor diesem philosophischen Hintergrund ist es denn auch nur zu verständlich, dass sich so mancher Golfer dem Drang zum Üben nicht entziehen kann. Viele von diesen Hyperaktiven haben einen Pettingteppich zu Hause, einige lassen sich sogar ein regelrechtes Putting-Grün im Garten einbauen.

Ein Ansatz, den man an dieser Stelle nur als lächerlich abtun kann. Denn wer jeden Tag ein paar hundert Putts übt, wird irgendwann automatisch ein Gefühl für Richtung, Länge und Tempo entwickeln und letztlich auf dem Golfplatz mit wesentlich weniger Schlägen vom Grün gehen, als dies der Fall wäre, wenn er einfach so draufloshaudern würde. Er wird im Nullkommanix um Welten besser scoren und schon bald unter neunzig oder gar achtzig spielen. Wollen Sie das? Eben. Beim Putten können Sie Ihr Ziel, Spaß am Spiel zu haben und beziehungstechnisch kein Risiko einzugehen, auf jeden Fall voll vergeigen!

Merke: Ist V ein Vektorraum über R oder C und L eine Teilmenge von V, so ist L eine Strecke genau dann, wenn L als L = {u + tv | t € [0,1]} parametrisiert werden kann, wobei u, v € V zwei Vektoren sind und v ≠ 0 gelten muss. Dabei sind die Vektoren u und u + v die Endpunkte der Strecke L.

* Ja, ich weiß, € ist falsch, es sollte eigentlich dieses ∈ sein, doch das haben wir nicht.

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