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ОглавлениеKapitel 13
Mittwoch, 20. September 2017, abends
Geduldig saß die Spinne an der Bar des Belvederes. Das Belvedere befand sich in einem alten Wasserturm auf dem als Ausflugziel beliebten Lousberg in Aachen. Der Lousberg im Norden der Stadt war neben dem Salvatorberg und dem Wingertsberg der höchste Berg Aachens und schon zur napoleonischen Zeit diente er als Ausgangspunkt der topografischen Aufnahme des Rheinlandes. Einer Sage nach verdankten die Aachener den Lousberg dem Teufel selbst. Weil den Stadtbewohnern beim Dombau das Geld ausgegangen war, schlossen sie einen Pakt mit dem Höllenfürsten. Sie erhielten Gold und versprachen im Gegenzug dem Teufel die Seele des ersten Lebewesens, das den Dom betrat. Von den Aachenern betrogen, weil sie einen Wolf in den Dom hinein jagten, wollte sich der Teufel rächen. Er sammelte an der Nordseeküste Sand, packte ihn in große Säcke und trug sie Richtung Aachen. Auf dem Weg ermüdet von der schweren Last, wurde er abermals von einer schlauen Aachenerin getäuscht, die ihm weismachte, dass er noch einen langen Weg vor sich hatte. Er ließ den Sand kurzerhand da, wo er gerade rastete, und so entstand der Legende nach der Lousberg. Doch all das interessierte die Spinne nicht im Geringsten. Sie war nicht wegen der tollen Aussicht hier. Oder wegen der Geschichtsträchtigkeit des Ortes. Sie war nur aus einem einzigen Grund im Belvedere. Um sich auf die Lauer zu legen. Zu diesem Zweck hatte sie ihr Netz schon längst gespannt. Es würde nicht mehr lange dauern, bis sich das ahnungslose Opfer näherte, sich in ihrem Netz verfing, um anschließend durch eine tödliche Giftinjektion zu sterben. Sie lächelte bei dem Gedanken daran. Und dann war der Moment gekommen. Doktor Michael Lessing hatte sein Abendessen in seinem Stammrestaurant beendet und wollte gerade gehen. Auch die Spinne erhob sich in diesem Moment von ihrem Barhocker und bewegte sich Richtung Ausgang. Sie inszenierte einen Zusammenprall, der Rest war ein Kinderspiel. Ein koketter Blick sowie ein paar schmeichelnde Worte reichten aus und er nahm ihre Einladung auf einen Entschuldigungsdrink dankend an. Eine Stunde später waren sie schon auf dem Weg zu seinem Haus in der Aachener Innenstadt. Im Belvedere würde man sich an eine hübsche Blondine mit langem Haar erinnern. Der letzte Akt begann.