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e) Reise-, Wege- und Umkleidezeiten
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Bei Reisezeiten, die zur Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers gehören, konkretisiert der Arbeitgeber die Arbeitsleistung, indem er den Arbeitnehmer anweist, eine Dienstreise durchzuführen.130 Es liegt Vollarbeit vor, die mit dem Mindestlohnstundensatz zu vergüten ist, § 1 Abs. 2 MiLoG. Dies gilt regelmäßig auch für Mitarbeiter im Außendienst, die ihre vertraglich geschuldete Arbeitsleistung nicht ohne Reisetätigkeit erfüllen können, sodass diese als Bestandteil der vergütungspflichtigen Haupttätigkeit anzusehen ist.131
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Bei außerhalb der normalen Arbeitszeit liegenden Reisezeiten besteht ein Mindestlohnanspruch des Arbeitnehmers dagegen nur, soweit Arbeitsleistungen während der Reise erbracht werden.132 Beantwortet der Arbeitnehmer beispielsweise während einer angeordneten Zugfahrt dienstliche E-Mails, bearbeitet er Akten oder führt er zur Arbeit gehörende Telefonate, liegt mindestlohnrelevante Arbeitszeit vor. Verbringt er die Reise dagegen rein mit Tätigkeiten, die lediglich seiner privaten Lebensführung zuzuordnen sind, besteht hierfür kein Anspruch auf Zahlung des Mindestlohns.133 Ein Rechtssatz, dass Reisezeiten stets zu vergüten sind, existiert nicht.134 Zeiten der Übernachtung sind ebenfalls nicht mindestlohnpflichtig, da sie nicht ausschließlich fremdnützig sind.135 Wird der Arbeitnehmer angewiesen, selbst einen Pkw zu steuern, besteht Mindestlohnpflicht, da ihm eine vergütungspflichtige Tätigkeit abverlangt wird.136
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Reisezeiten wurden bisher oft geringer als die normale Arbeitszeit vergütet.137 In Tarifverträgen konnte sogar Nichtzahlung angeordnet werden, vgl. § 44 Abs. 2 Satz 1 TVöD.138 Derartige Vereinbarungen sind nunmehr unwirksam, soweit für vergütungspflichtige Wegezeiten nicht zumindest der Mindestlohn je Zeitstunde entrichtet wird, § 3 Satz 1 MiLoG.139 Damit sind Regelungen über pauschale Abgeltungen oder die Nichtzahlung für Reisezeiten jedoch nicht per se ausgeschlossen. Erhält der Arbeitnehmer ein verstetigtes Monatseinkommen, muss dieses lediglich, auf den Kalendermonat bezogen, den vollen Mindestlohnstundensatz für jede geleistete Arbeitsstunde gewähren. Liegt der Gesamtlohn hinreichend über der nach dem MiLoG zu entrichtenden Vergütung, können Reisezeiten weiterhin, soweit die Differenz zwischen gewährtem und mindestlohnpflichtigem Lohn nicht überschritten wird, geringer oder sogar überhaupt nicht entlohnt werden.
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Die Zeitspanne, die der Arbeitnehmer benötigt, um zum Arbeitsplatz zu gelangen und von diesem zurückzukehren (sog. Wegezeit), ist grundsätzlich der privaten Lebensführung zuzuordnen,140 sodass mindestlohnpflichtige Arbeitszeit nicht vorliegt. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn der Arbeitnehmer angewiesen wird, sich direkt von der Wohnung oder aus dem Betrieb zu einer auswärtigen Arbeitsstelle zu begeben (z.B. Anreise eines Bauarbeiters zu wechselnden Baustellen).141 In derartigen Fällen besteht ein Anspruch auf Mindestlohnzahlung für die Anreise. Umkleidezeiten gehören dann zur mindestlohnpflichtigen Arbeitszeit, wenn das Ankleiden einer vorgeschriebenen Arbeitskleidung nur im Betrieb erfolgen kann oder diese derartig auffällig ist, dass ein Tragen im öffentlichen Raum unzumutbar ist.142