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5.2Subjektivieren

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Subjektivieren bezeichnet den Vorgang, der nach der Registrierung einsetzen kann, um die registrierten Informationen zu verarbeiten. Die Grenze zwischen Registrieren und Subjektivieren ist in der Praxis selbstverständlich nicht so starr, wie sie im theoretischen RSG-Modell erscheint. Denn einerseits können während des Verarbeitungsprozesses permanent weiter Informationen aufgenommen oder verworfen werden. Wir haben auch gesehen, dass dies zum Teil unbewusst erfolgt und dann trotzdem einen maßgeblichen Einfluss auf das Ergebnis des Verarbeitungsprozesses hat. Andererseits ist auch der Prozess der Registrierung, der einer sinnlichen (Außen-) Wahrnehmung oder einer innerlichen Wahrnehmung entspricht, aufs Engste durch Vorstrukturierungen geprägt. Diese Vorstrukturierungen reichen von kausalen Ordnungen über die sprachliche Grammatik oder erkenntnisleitende Interessen (vgl. Kap. 6.5) bis hin zu emotionalen Gestimmtheiten und selektiven Informationsfiltern, die zum Beispiel den Basalen Wahrnehmungsmustern (vgl. Kap. 3.3) entsprechen. Es gibt zudem Rückkopplungseffekte. Sie werden zum Beispiel durch das assoziative Gedächtnis vermittelt und prägen die Wahrnehmung schon im Moment des Registrierens sehr stark.

Gleichwohl ist es so, dass die Verarbeitungsmechanismen, die in der Phase der Subjektivierung ablaufen, viel ausgeprägter und vor allem in wesentlichen Teilen bewusstseinsnäher sind als in der Phase des Registrierens. Auch wenn es sich nur um eine Modellvorstellung handelt, macht es daher Sinn, das initiale Registrieren einer Information von der sich möglicherweise daran anschließenden Phase der Verarbeitung zu unterscheiden.

Der Begriff der Subjektivierung wurde deswegen gewählt, weil es sich immer um einen Prozess handelt, in dem Informationen geformt werden, um sie sich schließlich als kurzzeitigen oder nachhaltigen Bewusstseinsinhalt anzueignen. Die Aneignung geschieht durch einen Gedanken, ein Gefühl oder eine Erkenntnis im engeren Sinne. Dieser Bewusstseinsinhalt ist nicht selten eine Grundlage für eine darauf aufbauende und sie begründende Entscheidung – für oder gegen eine Handlung. Der Prozess der Formung und Aneignung kann auf all die einem Individuum zur Verfügung stehenden kognitiv-emotionalen und erkenntnisbildenden Mechanismen zurückgreifen. Sie sind zwangsläufig von den generellen und zusätzlich den individuell spezifischen Dispositionen durchsetzt. Daher wird der gesamte Formungs- und Aneignungsprozess stark an subjektiven Maßstäben und Gewohnheiten ausgerichtet. Wir sahen, dass es viele dieser subjektiv prägenden Mechanismen gibt, die zu verzerrten Bewertungen und in der Folge zu problematischen Handlungen führen können.

Es greift aber zu kurz, die Phase der Subjektivierung nur als etwas Problematisches zu verstehen. Es handelt sich ja um den individuellen Gebrauch der Vernunft mit all ihren Schwachstellen, aber auch all ihren großen Potenzialen. In der gesamten Menschheitsgeschichte und auch in der Gegenwart gab und gibt es viele Menschen, die durch das damit verbundene Potenzial bahnbrechende Erkenntnisse und großartige Leistungen hervorgebracht haben. Man kann hier an Persönlichkeiten aus Kunst, Wissenschaft und Politik denken, die geniale Kunstwerke geschaffen, große Erkenntnisse gewonnen oder den Lauf der Geschichte positiv geprägt haben. Großartige Dinge müssen aber nicht immer Dinge sein, von denen die Welt Kenntnis erhält. Großartige Dinge ereignen sich auch im Kleinen, in der Familie, der Kindererziehung, dem ehrenamtlichen Engagement, oder in alltäglichen Verhaltensweisen, die auf vernünftigen Erkenntnissen basieren und die Welt ein wenig besser machen. Dass es sich dabei stets auch um einen Vorgang der Subjektivierung von Informationen handelt, muss dem Ergebnis nicht von vornherein abträglich sein.

Darwin schlägt Kant

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