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6.4Irrtümer der Wissenschaft: Einige Beispiele

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Nicht wenige Wissenschaftler sind blind gegenüber den Verzerrungsmechanismen, von denen die Naturwissenschaft genauso betroffen ist wie das »freihändige« Denken.

Einige weitere Schlaglichter:

John Ioannidis ist Professor an der Stanford Universität und ein Experte für die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Wissenschaft. Er schätzt, dass achtzig Prozent aller wissenschaftlichen Ergebnisse methodisch falsch sind. Ein wahrlich ernüchternder Wert. [23]

Vieles, was man in früheren Zeiten als wissenschaftlich unumstößliches Wissen angesehen hat, stellte sich später als falsch, grotesk oder gar verstörend heraus:

Im 18. Jahrhundert wurden mit Siegellack oder einem heißen Eisen Körperteile verbrannt, Patienten über Feuersbrünsten oder dem tobenden Meer hochgezogen oder mit Flaschenzügen aufgezogen und dann stundenlang hängen gelassen. [24]

Man spritzte kaltes Wasser in die Scheide, setzte Patienten Lehmkappen oder Eismützen auf oder kettete sie, bis zum Kinn im Wasser stehend, in einem Brunnen an. [25]

In der Psychochirurgie griff man zum Skalpell. Burckhardt behandelte Ende des 19. Jahrhunderts Halluzinationen dadurch, dass er chirurgisch äußere Gehirnschichten entfernte. [26] Bis in die 1950er-Jahre hinein durchtrennte man bei Eingriffen die weiße Substanz des Stirnhirns, um Gefühlsprozesse zu dämpfen. [27]

Zur »Behandlung« der Masturbation wurden Klitorisentfernungen vorgeschlagen. Das dunkle Kapitel der Zwangssterilisation im Nationalsozialismus sei hier nur am Rande erwähnt. [28] [Beispiele aus: 19, S. 30]

Vieles, was man vor fünfzig oder hundert Jahren glaubte, wirkt heute merkwürdig oder sogar verstörend. Machen wir uns aber nichts vor. Mit einer Vielzahl unserer heutigen Erkenntnisse wird es in fünfzig oder gar hundert Jahren nicht anders aussehen. Das ist kein Vorwurf an die damaligen Autoren und auch keine Generalkritik an der Wissenschaft schlechthin. Denn hier gilt das Gleiche, was auch für den Gebrauch unserer Vernunft im Allgemeinen zutrifft. Das Potenzial, Wichtiges und Richtiges differenziert zu erkennen und dadurch Fortschritte zu erzielen, letztlich die Welt besser zu machen, ist allgemein durch den Gebrauch der Vernunft und im Speziellen durch Wissenschaft durchaus vorhanden. Es gibt fantastische wissenschaftliche Arbeiten mit faszinierenden Ergebnissen. Aber sie sind in der Minderheit. Denn auch in der Wissenschaft ist gleichermaßen das Potenzial für Verzerrungen, Falsches, Unnützes und Absurdes vorhanden. Das wird häufig nicht erkannt.

Darwin schlägt Kant

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