Читать книгу Darwin schlägt Kant - Frank Urbaniok - Страница 49
5.2.3Funktionen der Subjektivierung
ОглавлениеDer Prozess der Subjektivierung hat wichtige Funktionen. Er reduziert die Komplexität einer unübersehbaren Vielzahl von Informationen und verdichtet sie in Geschichten, Erklärungen und überschaubaren Überzeugungen. Die Subjektivierung vermittelt vor allem aber das Gefühl, die Welt und sich selbst verstehen und dadurch kontrollieren zu können. Das heißt, der Gebrauch der Vernunft führt häufig zum Erleben von Kompetenz. Evolutionär wäre es ein Problem, wenn der Gebrauch der ausgeprägten menschlichen Vernunft zum Gegenteil führen würde. In der Tat gibt es ja die Meinung, dass der exzessive Gebrauch der Vernunft eher zum Unglücklichsein und zu Zweifeln disponiert, nicht zuletzt, weil viele Fragen unbeantwortet bleiben. Man kann viele der aufgezeigten Mechanismen so verstehen, dass sie das Individuum vor dieser Nebenwirkung der Vernunft schützen. Damit kommen wir wieder auf das schon zitierte evolutionäre Credo zurück:
Besser falsch, dafür aber schnell und/oder eindeutig. Es ist egal, wenn der Mensch einem Irrtum unterliegt, solange er nur selbst daran glaubt, Richtiges erkannt zu haben, und sich dadurch gut fühlt. Das stärkt das eigene Kompetenzerleben, den Selbstwert und ist ein Element der eigenen Identitätsbildung.
Es gibt Menschen, bei denen die Kompetenzüberzeugung in der Weise vorliegt, dass sie subjektiv davon überzeugt sind, in vielen Bereichen über mehr oder genaueres Wissen zu verfügen als andere Menschen. Nun ist diese Überzeugung offensichtlich einer subjektiven Verzerrung geschuldet. Denn es ist immer so, dass man nur in einigen wenigen Themen überdurchschnittliches Wissen haben kann, verglichen mit unendlich vielen Bereichen, in denen man nur grobe Kenntnisse hat oder überhaupt nichts weiß.