Читать книгу Muster für morgen - Frank Westermann - Страница 18
9. DAS ANDERE LEBEN
ОглавлениеAls Lucky erwachte, konnte er erst mal gar nichts erkennen.
Um ihn herum war nur Dunkelheit und sein Rücken schmerzte mörderisch. Aber wer auch immer die unsichtbaren Angreifer gewesen waren, seine Bewegungsfreiheit hatten sie ihm gelassen.
Vorsichtig tastete er umher und stellte bald fest, dass er sich in einer Art Hütte befand. Langsam gewöhnten sich auch seine Augen an die Dunkelheit und er bemerkte feine Ritzen und Spalten in den Wänden der Hütte, durch die ein wenig Licht hereindrang. Das Baumaterial der Hütte bestand anscheinend aus dicken Pflanzenstengeln und Blättern. Er fand aber nicht heraus, wie diese Bestandteile miteinander zusammenpassten. Es sah eher so aus, als hätte sich diese Hütte auf natürliche Weise gebildet.
Irgendwann merkte er, dass nicht alle Wände gleich beschaffen waren. Ein Teil ähnelte mehr einem Vorhang, und als er sich dagegen drückte, schob er sich zur Seite.
Lucky stieß einen Entsetzensschrei aus: vor ihm öffnete sich ein steiler Abgrund und er stand lediglich auf einem dünnen Pflanzentrieb hoch in der Luft. Er sprang augenblicklich zurück und der Pflanzenvorhang bedeckte den Eingang wieder.
Nun konnte er sich seine relative Bewegungsfreiheit erklären: man brauchte ihn gar nicht zu fesseln. Von hier aus konnte niemand entkommen!
Vorsichtig, nachdem er sich von dem Schreck und seinen weichen Knien erholt hatte, schob er den Vorhang ein zweites Mal zur Seite und spähte hinaus. In dem umliegenden Pflanzen- und Baummeer versteckten sich mehrere solcher Hütten.
Und dann erkannte er gegenüber von ihm Sonnenfeuer, die ihre Beine sorglos über dem Abgrund baumeln ließ. Er winkte und rief hinüber und sie machte ihm beruhigende Zeichen.
Es schien ihr besser zu gehen, obwohl sie sich ohne Zweifel in Gefangenschaft befanden. Wäre sein Raumanzug nicht gewesen, hätte der Schlag, der ihn getroffen hatte, vielleicht tödliche Folgen haben können.
Kortanors Behausung lag direkt nebenan, aber sie konnten trotzdem nicht zueinander gelangen. Das Risiko abzustürzen war zu groß. Dafür konnten sie sich verständigen, ohne dauernd schreien zu müssen.
»Was sind das für Leute, die uns überfallen haben?« wollte Lucky wissen.
»Keine Ahnung«, erwiderte Kortanor. »Bisher habe ich noch keinen Menschen gesehen, nur Pflanzen, die aber über eine Art rudimentäre Intelligenz verfügen müssen. Ein paar Schlinggewächse haben uns eingerollt und kampfunfähig gemacht.«
Lucky glaubte seinen Ohren nicht trauen zu dürfen. War es überhaupt schon ein Wunder, dass diese Naturzone auf der Erde existierte, so war es ganz und gar unglaublich, dass es hier intelligente Pflanzen geben sollte.
»Wenn du das alles mitgekriegt hast, weißt du vielleicht ja auch, wer uns hierher gebracht hat,« bohrte Lucky weiter.
»Hm, auch wenn du mich jetzt für verrückt halten solltest, aber ich hatte den Eindruck, dass unsere Transporteure veraltete Robotermodelle waren.«
Lucky schwindelte der Kopf. Hatte Kortanor Halluzinationen gehabt? Pflanzen und Roboter, wie sollte das zusammenpassen? Weiter kam er mit seinen Grübeleien nicht, denn plötzlich schwebte vor ihm etwas in der Luft und stieß ihn in die Hütte zurück.
Als Lucky sich wieder aufgerappelt hatte, stand ein dunkelhäutiger Mensch im Eingang. Es handelte sich allerdings mehr um die Karikatur eines Menschen. Er war vollkommen nackt außer einem Gürtel aus Pflanzenfasern, in dem mehrere undefinierbare Werkzeuge oder Waffen steckten. Sein Schädel war fast quadratisch, er hatte weder Ohren noch Nase und nur ein einziges Auge. Seine Arme und Beine waren verkümmert, die ganze Gestalt unförmig und monströs. Trotzdem war Lucky irgendwie erleichtert, denn dies war immerhin ein Mensch.
»Ja, sieh mich nur genau an«, sagte die Gestalt in schauderhaftem Neu-Ing. Seine Stimme kam oben aus seinem Kopf, denn genau dort befand sich sein Mund!
»Ihr habt großes Glück gehabt«, fuhr das Wesen fort, »wir hätten euch beinahe für Soldaten gehalten. Warum tragt ihr auch diese scheußlichen Uniformen? Zum Glück für euch strahlt die Frau etwas aus, auf das unsere Pflanzenfreunde positiv reagieren. Ihr könnt euch bei ihr bedanken.«
Nein, nicht schon wieder, dachte Lucky. Es kratzte doch gehörig an seinem Selbstbewusstsein, wenn er dauernd merkte, dass er so abhängig von den Fähigkeiten Kortanors oder Sonnenfeuers war. Schließlich war das hier seine Heimatwelt und er sollte sich eigentlich besser auskennen. Die augenblickliche Situation erinnerte ihn allerdings mehr an einen fremden Planeten.
»Nein, mit Soldaten haben wir bestimmt nichts zu tun«, knüpfte er an das Gespräch von eben an. »Gibt es hier welche?«
Der Unförmige lachte kreischend. »Nicht gerade in der näheren Umgebung. Aber sie wollen schon gern ...«
Er kam noch einen Schritt vorwärts.
»Hm, ich weiß immer noch nicht, wie ich euch einschätzen soll. Die Pflanzen scheinen nichts gegen euch zu haben. Also gut«, rang er sich zu einem Entschluss durch, »ich bring euch jetzt runter, aber lasst euch nicht einfallen wegzulaufen. Ihr würdet nicht weit kommen, denn wir sind überall.«
Nach dieser mysteriösen Bemerkung lachte er erneut. Ein Mutant, dachte Lucky immer noch ängstlich. Dies musste eine durch Strahlung veränderte Mutation sein.
Und ehe er sich’s versah, hatte das Wesen ihn trotz seiner verkümmerten Gliedmaßen gepackt und hangelte sich geschickt an den Schlingpflanzen hinunter, dem Boden entgegen. Wieder sah es so aus, als würden die verschiedenen Gewächse ihm dabei zu Hilfe kommen, aber dann schloss Lucky mal wieder die Augen, als sein Magen zum wiederholten Mal zu rebellieren begann.
Der Stress wird mir noch ein Magengeschwür einbringen, dachte er, dann fand er sich zitternd auf einer Lichtung wieder. Das Bild, das sich ihm hier bot, war wahrhaft fantastisch.
Ich glaube, ich träume, dachte er und lehnte sich erschöpft an einen meterdicken Baumstamm. Auf der Lichtung liefen noch einige der monströsen Gestalten im hohen Gras herum. Alle unterschieden sich voneinander, aber sie waren alle mehr oder weniger verformt und ähnelten nur noch entfernt Menschen. Aber das war nicht das Erstaunliche: zwischen diesen Menschen stapften ein paar Metallkonstruktionen umher, meterhohe Blechkisten, ebenfalls in den verschiedensten Formen und Ausmaßen.
Das waren ja wirklich alte Roboter, schoss es Lucky durch den Kopf. Total veraltete Automaten. Kortanor hatte also richtig gesehen. Sie knirschten und knackten in den Gelenken, teilweise waren sie schon mit einer Schicht Rost überzogen – kein Wunder bei diesem Klima.
»Habe ich es nicht gesagt«, flüsterte Kortanor, der ebenfalls heruntergebracht worden war, neben ihm. »Mutanten und Roboter.«
Das Geschöpf hatte jetzt auch Sonnenfeuer lautlos aus dem Geäst geholt.
»Nein, da ist noch mehr dran«, korrigierte Lucky den Tromaden. »Siehst du nicht die Pflanzen und Blüten, die aus allen Öffnungen und Ritzen der Roboter herausschauen. Sie spielen bei dem ganzen bestimmt eine wesentliche Rolle.«
Von außerhalb wurde ihm nun auch die wahre Natur der Hütten offenbar, denn auch hier unten standen einige dieser Gebilde herum. Es handelte sich eindeutig nicht um von Menschen geschaffene Behausungen, sondern das waren ganz einfach bestimmte Gewächse, die – aus eigenem oder fremden Antrieb – diese Höhlen bildeten. Wahrscheinlich dienten sie hauptsächlich zum Schutz der Mutanten gegen die Unbilden der Natur.
Lucky schüttelte voller Unglauben den Kopf. »Ich begreife das alles nicht. Moderne Technik und Natur vereint nebeneinander. Wie ist sowas möglich?«
Ein Arm legte sich von hinten auf seine Schulter, und als er zusammenzuckte, erscholl erneut das Lachen des Mutanten.
»Keine Angst, ich erkläre euch alles. Ich habe inzwischen mit den anderen gesprochen. Sie denken alle, dass ihr harmlos seid. Andernfalls hätte die Flora euch auch gar nicht so weit kommen lassen. Und die hat sich noch selten geirrt. Leider sprechen nicht mehr viele von uns eure Sprache, aber ein paar werden gleich eintreffen und dann können wir uns in Ruhe zusammensetzen.«
Er wandte sich an einen kastenförmigen Arbeitsroboter, der in der Nähe durch das Gras walzte.
»Hey, Robby, sei so gut und bring uns was zu trinken. Endlich sind mal vernünftige Leute hier. Wir haben was zu feiern!«
Der Roboter summte und entfernte sich.
»Ein paar der Maschinen funktionieren noch nach ihrer ursprünglichen Programmierung«, erläuterte ihr Gastgeber. »Aber ihre hauptsächliche Aufgabe besteht darin, ein Bindeglied zu den Pflanzen herzustellen.«
Lucky wunderte sich immer mehr. Wie sollten sich Roboter mit Pflanzen verständigen? In der Tat: eine erstaunliche Gesellschaft. Sie setzten sich auf einen Platz, der relativ frei von Pflanzenbewuchs war. Vier weitere Mutanten kamen hinzu. Robby rollte heran und brachte auf einem Tablett(!) mehrere Becher mit einem sonderbaren, aber zweifelsohne alkoholischen Getränk.
»Kipp dir auch einen hinter die Binde«, zog einer der Mutanten ihn auf. Als der Roboter empört anfing, hektisch zu summen, lachten alle aus voller Kehle.
Sonnenfeuer fiel in das Lachen ein, während Lucky und Kortanor immer noch etwas mulmig zumute war. Sonnenfeuer schien sich schneller an diese exotische Gesellschaft zu gewöhnen. Plötzlich hob sie beide Hände, konzentrierte sich einen Moment und dann lag eine Anzahl Brotscheiben und etwas, das wie Gebäck aussah, in ihrer Mitte.
»Es hat geklappt!« rief sie freudestrahlend aus. »Jetzt ist mir wohler. Diese Umgebung ist viel besser. Es steht alles mehr miteinander in Einklang.«
Die Mutanten klatschten begeistert in die Hände. Sonnenfeuers Zauberei schien sie zwar zu überraschen, aber nicht zu erschrecken. Lucky sah der Zauberin direkt die Erleichterung an. Vielleicht fand sie hier ihr Gleichgewicht wieder.
»Ich will euch nicht länger hinhalten«, begann ihr Gastgeber seine Erzählung. »Soweit es überliefert ist, begann unsere Symbiose-Gesellschaft nach dem Großen Krieg. Dieses war lange Zeit ein Gebiet schwacher, aber trotzdem gefährlicher radioaktiver Strahlung. Es befindet sich ungefähr auf Höhe des ehemaligen Staates Indien – falls ihr mit diesem Begriff überhaupt etwas anfangen könnt. Wie überall haben auch hier nicht viele die Wasserstoff- und Neutronenbombenabwürfe überlebt. Die meisten Bewohner des Landes starben, einige schnell, andere siechten noch Jahre dahin. Diejenigen, die übrig blieben, begannen sich zu verändern. Aber auch von den Veränderten starben die meisten früher oder später. Ein paar überlebten. Sie sahen aus wie wir. Mutationen, verformt und nahezu lebensuntüchtig. Die wenigen, deren Verstand noch einigermaßen in Ordnung war, lebten lange Zeit dumpf vor sich hin, ohne Hoffnung zum Besseren. Sie waren vollauf damit beschäftigt, sich die täglichen Lebensmittel zu beschaffen und sich gegen die ebenfalls mutierte Natur zu behaupten, die unaufhaltsam vordrang. Die Städte waren ohnehin zerstört oder zu Grabstätten geworden und die Natur wucherte über die Ruinen hinweg. Kein Stein blieb dabei auf dem anderen. Es war, als wollte sich die Umwelt für alles rächen, was die Menschen ihr jemals angetan hatten. Unsere Vorfahren hätten keine Chance gegen diese Gewalten gehabt und wären sicher endgültig ausgerottet worden, wenn nicht eine weitere Kraft eingegriffen hätte. Irgendwann tauchte wie aus heiterem Himmel eine große Zahl Roboter aller Arten und Größen in diesem Gebiet auf. Woher sie kamen und wie sie sich selbstständig gemacht hatten, fanden wir niemals heraus. Sie sprechen einfach nicht darüber, wie eine intime Erinnerung, die sie nicht preisgeben wollen. Sie kamen auch nicht allein, sondern führten eine Reihe Maschinen und Geräte mit sich, als sie sich hier niederließen. Warum ausgerechnet hier und was sie dabei beabsichtigten, erfuhren wir ebenfalls nicht. Sie zogen durch den inzwischen entstandenen allgegenwärtigen Dschungel, bis sie auf unsere Vorfahren stießen. Und obwohl die Natur Grund genug gehabt hätte, diese Maschinen ebenfalls anzugreifen, tat sie es nicht, genauso wenig wie die Roboter sich von den Mutanten fernhielten, obwohl sie gerade vor den Menschen geflüchtet waren. Vielleicht ahnte die Natur, dass die Roboter und Maschinen immer nur Werkzeuge der Menschen gewesen waren und dass diese eigenständigen Roboter ihr nicht zuleibe rücken würden. Und die Roboter erkannten, dass die Mutanten anders waren als ihre früheren Gebieter, dass sie ebenfalls Opfer waren, und so übernahmen sie die Vermittlerrolle zwischen Pflanzen/Tieren und Mutanten. Wie es beiden Seiten gelang eine Kommunikation herzustellen, ist immer noch ihr Geheimnis. Ich bezweifle auch, dass wir Erklärungen verstehen würden, falls dieser Vorgang überhaupt erklärbar ist. Das Unglaubliche geschah: Natur und Technik vertrugen, ja sie verbündeten sich und sorgten von da an für das Wohlergehen unserer Vorfahren und das unsrige. Wir versuchten mühsam, beiden Teilen zu erklären, wie es zu dieser Schreckensherrschaft des Menschen gekommen war, die letztlich in einem Vernichtungskrieg geendet hatte. Ob sie davon etwas verstanden haben und ob sie die Hintergründe ähnlich sehen wie wir, wissen wir nicht. Auf jeden Fall leben wir seit dieser Zeit hier friedlich zusammen und verstehen uns als eine Art Symbiose-Gemeinschaft. Vor kurzem nun ...«
»Moment!« unterbrach Lucky ihn. »Das ist etwas viel auf einmal. Ich für meinen Teil brauche eine kleine Atempause, um das Gehörte zu verdauen. Da kann man doch nicht einfach in fünf Minuten drüber weggehen. Niemand auf der Erde hat so etwas geahnt. Und ich glaube, auch niemand kann sich so eine Gemeinschaft vorstellen – wir eingeschlossen. Habt ihr denn die ganze Zeit hier gelebt, ohne zu wissen, was sonst auf der Erde vor sich geht?«
»Es hat uns auch nicht weiter interessiert«, antwortete ein anderer Mutant – oder war es eine Frau? »Wir waren froh, dass uns keiner störte und hofften, dass sich die überlebenden Menschen vielleicht gewandelt hätten. Dass diese Hoffnung mehr ein Wunschdenken war, hätten wir eigentlich schon an der Existenz der Roboter erkennen müssen.«
»Es wurde uns dann deutlich, als wir vor kurzem wieder mit ihnen zu tun kriegten«, übernahm unser Gastgeber erneut das Wort. »Vor einiger Zeit ebbte die Radioaktivität in diesem Gebiet ab, die bisher verhindert hatte, dass die Menschen sich überhaupt näher mit der Gegend befassten, geschweige denn hierher vordrangen. Wir vermuteten schon lange, dass uns die Pflanzen vor einem Teil der Strahlung abgeschirmt haben. Wären wir ihr auf Dauer ausgesetzt gewesen, wären wir bestimmt irgendwann ebenfalls gestorben. Wir waren ja sowieso immer weniger geworden, obwohl wir eine gewisse Immunität erreicht hatten. Als die Roboter uns mitteilten, dass die Strahlung aufgehört hatte, machten wir auch dafür die Pflanzen verantwortlich. Irgendwie haben sie es geschafft, sie ohne Schaden für sich aufzunehmen und zu verarbeiten. Und prompt landete vor ein paar Monaten – wenn ich mich nicht in eurer Zeiteinteilung irre – an der Küste eine Abteilung dunkelhäutiger Soldaten und begann, einen Stützpunkt zu errichten. Wir zögerten zunächst einzugreifen, da wir keine Konfrontation wollten. Als sie aber versuchten, weiter vorzudringen und ihre Absichten deutlicher wurden, nämlich dass es ihnen darum ging, dieses Land für sich zurückzuerobern – aus welchen Gründen auch immer -, mussten wir handeln. Wir haben sie zurückgedrängt und ihre Antwort war: Flammenwerfer und Napalm. Das Ganze eskalierte schnell und bisher konnten wir die Oberhand behalten, schafften es jedoch nicht, sie ganz zu vertreiben. Sie wissen bestimmt überhaupt nicht, womit sie es zu tun haben, aber wir sind sicher, dass sie bald schwerere Geschütze auffahren, denn dieser Landstrich scheint sehr wichtig für sie zu sein. Anders lässt sich ihre Hartnäckigkeit nicht erklären.«
Es herrschte für eine Weile Ruhe in der Runde. Alle waren von der Erzählung tief beeindruckt, selbst die Mutanten, die ja vieles davon am eigenen Leib miterlebt hatten.
War es schon kaum zu glauben, dass in einem radioaktiv verseuchten Gebiet überhaupt »Menschen« überlebten, so war es noch viel phantastischer, was sich aus ihnen entwickelt hatte. Selbst jetzt fiel es Lucky schwer, an diese bizarre Symbiose von Mensch, Natur und Maschine zu glauben, obwohl er mitten drin war. Es tat sich die Frage auf, ob es an anderen Stellen der Erde, die bisher als unbewohnbar galten, vielleicht ähnlich aussah. Oder ob es vielleicht sogar noch ganz andere »Überlebensformen« gab.
»Wir können doch auf keinen Fall untätig herumsitzen, bis euch die Soldaten direkt angreifen«, knüpfte er schließlich an den Bericht des Mutanten an. »Wahrscheinlich handelt es sich um eine Kommandoeinheit von den Südlichen Inseln, wenn du von dunkelhäutigen Menschen sprichst. Aber das ist ja auch nebensächlich.«
»Welche Chancen rechnet ihr euch denn gegen sie aus, wenn ihr versucht, sie zu verjagen?« mischte sich Kortanor ein.
Auch er schien also zu überlegen, wie der Symbiose-Gemeinschaft geholfen werden konnte.
»Wir sind dabei, so ein Vorgehen zu beraten«, erwiderte eine Mutantin. »Wie gesagt, bisher hatten wir damit keinen Erfolg. Aber wahrscheinlich werden wir um einen erneuten Versuch nicht herumkommen. Wenn ihr uns helfen wollt ... Lucky, Sonnenfeuer und Kortanor sahen sich an. Sollten sie wieder in Kämpfe verwickelt werden? Seit sie ins Sonnensystem eingeflogen waren, hatten sie keine ruhige Minute gehabt. Dieser Planet schien von gewalttätigen Auseinandersetzungen zu leben. Und schließlich standen sie nicht neutral davor. Es ging genauso um ihr Leben, um ihre Zukunft.
»Wir werden sehen, was wir tun können«, fasste Sonnenfeuer die unausgesprochenen Gedanken der drei zusammen. »Aber dazu ist es nötig, dass wir genauer Bescheid wissen über euch und das, was ihr vorhabt.«
»Wir wollen uns morgen zusammensetzen und die verschiedenen Vorschläge diskutieren«, informierte sie die Mutantin. »Aber vorher solltet ihr uns vielleicht erzählen, wie ihr hierhergekommen seid.«
Die drei berichteten abwechselnd in Kurzform über ihre Erlebnisse der letzten Zeit und lösten nun ihrerseits Erstaunen und Verwunderung aus.
Nachdem nun beide Seiten genug Stoff zum Nachdenken hatten, löste sich die Runde schnell auf und alle gingen wieder ihren Beschäftigungen nach.
Sonnenfeuer, Kortanor und Lucky erhielten eine geräumige Pflanzenbehausung zugewiesen, in der sie die Nacht bequem verbringen konnten. Eine Frage von Lucky, ob die Mutanten etwas über den Verbleib Speedys, Sucherins und der Helfer wussten, erbrachte kein Resultat. Alle drei waren nach den Erlebnissen todmüde und fielen sofort in einen langen Schlaf, obwohl die Sonne noch ihre letzten Strahlen durch die Baumwipfel schickte.